Kostenvergleich

Kupfer vs. FTTO

8. August 2012, 6:00 Uhr | Dr. Thomas Plückebaum/jos und Stephan Jay, Senior Consultant in der Abteilung Kostenmodelle und Internet-Ökonomie bei WIK-Consult. Dr. Thomas Plückebaum ist Leiter der Abteilung Kostenmodelle und Internet-Ökonomie bei WIK-Consult.

In generischen Büroumgebungen wägen Planer typischerweise zwischen strukturierter Verkabelung mit Etagenverteilen und Glasfaserarchitekturen wie Fiber-to-the-Office ab. Dabei sind nicht nur die Anfangsinstallation, sondern auch die Betriebskosten zu berücksichtigen. Aufschluss gibt ein detaillierter Kostenvergleich der beiden Architekturen für einen Betrieb über zehn Jahre.

Das Medium Glasfaser gilt bei vielen Experten als die zukunftssicherste Verkabelung, weil sie allen anderen Medien hinsichtlich der maximal erreichbaren Bandbreite überlegen ist. Außerdem gibt es eine Reihe von Anwendungsfällen, in denen eine strukturierte Kupferverkabelung nicht eingesetzt werden kann, etwa wegen physikalischer Restriktionen (beispielsweise in Flughäfen mit sehr langen Verkabelungswegen) oder Anforderungen an elektromagnetische Umweltbedingungen (etwa in Industrie oder im Krankenhaus). In generischen Büroumgebungen stellen potenzielle Betreiber die wirtschaftliche Vorteilhaftigkeit von reinen Glasfaserarchitekturen dagegen oftmals infrage.

Für die Inhouse-Verkabelung von gewerblich genutzten Immobilien existiert mit dem von Mircrosens entwickelten Fiber-to-the-Office-Konzept (FTTO-Konzept) ein alternatives Verkabelungskonzept zur klassischen strukturierten Verkabelung auf Kupferbasis mit Etagenverteilern und dezentral angesiedelter aktiver Verteilertechnik (Ethernet Switches). Beiden Architekturen ist gemeinsam, dass sie Glasfaserkabel in der vertikalen Stockwerkverkabelung innerhalb des Gebäudes (auch als Sekundärverkabelung bezeichnet) einsetzen. Die horizontale Verkabelung auf der Etage (so genannte Tertiärverkabelung) besteht im Fall der klassischen strukturierten Verkabelung aus Kupferkabeln, die die Datenanschlussdosen in den Büros an dezentrale Ethernet Switches auf der Etage anschließen.

Beim FTTO-Konzept kommt auf der Etagenebene hingegen ebenfalls Glasfaser zum Einsatz, die dem Endanwender an seinem Arbeitsplatz über Vier-Port-Fiber-Switches im Brüstungskanal Kupfer-Ethernet-Ports für den direkten Anschluss seiner Endgeräte zur Verfügung stellt.

Vor diesem Hintergrund besteht das Ziel der im Auftrag der Firma Microsens angefertigten Studie darin, die wirtschaftliche Vorteilhaftigkeit beider Konzepte gegenüberzustellen, alle relevanten Kostentreiber zu erfassen und insbesondere Anfangsinvestitionen sowie Betriebskosten in einem realitätsnahen Kostenmodell nachzubilden, um letztendlich eine fundierte Entscheidungsgrundlage für den Einsatz der alternativen Verkabelungskonzepte in der Praxis zu bieten.

Die Annahmen und verwendeten Parameter basieren auf Gesprächen mit Spezialisten von Microsens, externen Fachplanern sowie IT-Verantwortlichen aus der Industrie für Bürogebäude vergleichbarer Anwendungsfälle, abgeglichen mit eigenem Expertenwissen.

Annahmen und Untersuchungsdesign

Neben der Art der auszustattenden Immobilie (Altbau vs. Neubau) stellen insbesondere die räumlichen Ausdehnung von LAN-Strukturen beziehungsweise die Nutzeranzahl wesentliche Einflussparameter auf die Anfangsinvestitionen sowie die Betriebskosten dar - und damit auf die Gesamtkosten einer Investition in Gebäudeverkabelung.

Aus diesem Grund lautete die Ausgangshypothese von Microsens, dass bei LAN-Strukturen mit großer räumlicher Ausdehnung oder größerer Anzahl an Nutzern das FTTO-Konzept der strukturierten Verkabelung bereits bei der Anschaffung (Hardware und Verkabelung) überlegen ist. Bei LAN-Netzen mit geringerer räumlichen Ausdehnung oder geringerer Anzahl an Arbeitsplätzen vermuteten die Firmenvertreter eher, dass die Anschaffungskosten der strukturierten Verkabelung günstiger oder zumindest vergleichbar sind, das FTTO-Konzept diesen Unterschied jedoch durch seine geringeren Betriebskosten ausgleicht.

Um eine differenzierte Untersuchung der getroffenen Annahmen herbeizuführen, galt es, die eingangs genannten Einflussparameter im Rahmen verschiedene Anwendungsfälle zu berücksichtigen. Die Modellierung umfasste daher die räumliche Ausdehnung und die Nutzeranzahl beispielhaft anhand eines Projektumfangs von rund 200 Arbeitsplätzen (AP) für eine geringere sowie rund 1.000 Arbeitsplätzen für eine höhere Anzahl an Nutzern. Zudem unterscheidet sie bei der Abgrenzung der Anwendungsfälle, ob es sich bei dem zu planenden Objekt um einen Neubau oder um die Renovierung eines Altbaus handelt. Damit ergeben sich vier Anwendungs- oder Untersuchungsfälle:

1. Neubauplanung mit rund 200 AP,

2. Neubauplanung mit rund 1000 AP,

3. Altbaurenovierung mit rund 200 AP und

4. Altbaurenovierung mit rund 1000 AP.

In den Neubauten ist für den Fall der Kupferverkabelung ein dezentraler Technikraum für jede Etage vorgesehen, um ein Maximum an Flexibilität für die zukünftige Verwendung des Gebäudes zu erreichen. Im Altbau ist aus Platzgründen nur auf jeder zweiten Etage ein dezentraler Technikraum untergebracht - jedenfalls im Anschluss an die Renovierung. Von einem dezentralen Technikraum ist in diesem Fall daher auch die darunter oder darüber liegende Etage mitzuversorgen. Für FTTO ist in jedem Fall kein dedizierter Technikraum auf der Etage erforderlich - ihn ersetzt eine kleine Spleißbox.

Die für Technikräume nicht benötigten Flächen können einem anderen Verwendungszweck dienen, etwa als Kopierraum, Lager, Besprechungszimmer oder gar als vollwertiges Büro, wenn es Tageslicht gibt. Aus diesem Grund gehen dafür bei den Betriebskosten der Kupferlösung Opportunitätskosten für die Raumfläche ein, die bei FTTO vollständig entfallen.

Für die Modellrechnung ist zunächst eine generische Gebäudestruktur definiert, die sich durch folgende Eigenschaften auszeichnet:

Keller/Untergeschoss mit zentralem Technikraum (für beide Architekturen mit identischen Kosten),

Repräsentationsetage im Erdgeschoss mit 20 AP (Empfang, Besprechungsräume, Showroom, Sozialraum),

darüber Obergeschosse mit je 50 AP,

bei der Kupferverkabelung dezentrale Technikräume zu je zehn Quadratmeter auf jeder Etage (Neubau) und auf jeder zweiten Etage (Altbau),

Steigeschächte für die vertikale Verkabelung zwischen Etagen in der Mitte des Gebäudes,

zehn Prozent der AP sind in Einzelbüros, 90 Prozent in Zweierbüros,

50 m durchschnittliche Kabellänge pro AP auf einer Etage (vom AP zum Etagenverteiler bei der strukturierten Verkabelung oder vom Mini-Switch zur Steigleitung bei FTTO),

sechs Meter Kabellänge für die vertikale Überwindung einer Etage und

acht Meter Distanz vom Steigeschacht im Keller bis zum zentralen Technikraum.

Unter Berücksichtigung dieser generischen Gebäudestruktur besteht das "kleine" Gebäude mit 220 AP folglich aus Keller, Erdgeschoss und erstem bis viertem Obergeschoss. Das "große" Gebäude mit 1.040 AP besteht aus zwei Gebäudeblöcken mit je 520 AP und zehn Obergeschossen. In diesem Fall hat jeder Gebäudeblock einen eigenen zentralen Steigeschacht und Technikraum. Das große Gebäude ist gewissermaßen modular aus dem kleinen entwickelt und besteht aus einer Dopplung des kleinen Gebäudes in der Fläche und einer entsprechenden Aufstockung um entsprechend viele Etagen.

Zu Beginn der Betrachtungsperiode in t0 erfolgt die Initialinstallation (im Altbaufall die Renovierung einer existierenden Verkabelung einschließlich der etagenweisen Umzüge der betroffenen Mitarbeiter). Danach arbeitet die Technik zehn Jahre (t1 bis t10). Die Kosten des Betriebs sind in erster Linie auf die aktiven Komponenten bezogen. Energie- und Wartungskosten sind die wichtigsten Elemente. Die Energiekosten ermittelt die Rechnung über den Verbrauch der Geräte bei einem Betrieb rund um die Uhr (24h/365 Tage) bei Stromkosten von 0,14 Euro pro kWh. Die Energieleistung für die Klimatechnik ist mit dem 1.1-fachen der Wirkleistung (kW-Wert) der aktiven Technik abgeschätzt.

Für die aktive Technik in den Technikräumen unterstellt die Berechnung, dass die Anschaffungspreise Gewährleistung und damit Geräteersatz bei Defekt umfassen. Um die Reaktionszeit bei Fehlern zu verkürzen, gilt ferner die Annahme, dass zusätzlich ein Wartungsvertrag mit einem lokalen Dienstleister abgeschlossen ist. Die jährlichen Kosten dieses Wartungsvertrages sind mit sechs Prozent des Investitionswertes abgeschätzt.

Bei den Mini-Switches im Brüstungskanal hat die Untersuchung ausgehend von der MTBF (Mean Time Between Failure) von 500.000h eine Quote für durchschnittliche Gerätedefekte pro Jahr in Höhe von 1,75 Prozent angesetzt. Diese Geräte sind dann neu zu beschaffen.

Alle aktiven Geräte werden nach Ablauf der definierten ökonomischen Lebensdauer planmäßig ersetzt. Dazu gilt als Annahme wieder der Investitionswert aus t0. Dies implziert, dass entweder keine Preisveränderung stattgefunden hat, oder eher, dass die Geräte für den gleichen Investitionswert mehr Leistung bereitstellen. Die Lebensdauer ist für alle aktiven Geräte (Mini-Switches im Brüstungskanal, Kupfer-Switches im dezentralen Technikraum, Glas-Switches im zentralen Technikraum) mit einheitlich sieben Jahren angesetzt. Bei passiven Netzkomponenten ist davon auszugehen, dass die Lebensdauer länger als zehn Jahre beträgt. Diese sind in der Modellrechnung während der Betrachtungsperiode daher nicht ersetzt.

Die Kalkulation der diskontierten Projektkosten erfolgt über einen Zeitraum von zehn Jahren. Damit handelt es sich um einen für die Anmietung von Bürogebäuden typischen Zeitraum. Kupferverkabelungen werden nach einem Mieterwechsel in der Regel getauscht. Die Kosten der beiden Verkabelungskonzepte stehen einander in Form von Barwerten oder annualisierten Kosten pro Arbeitsplatz gegenüber. Für die Abzinsung gilt im Modell ein Zinssatz von sechs Porzent.

Ergebnisse der Untersuchung

Die Untersuchung der Anfangsinvestitionen zeigt, dass die Kupferverkabelung in allen Anwendungsfällen höhere Initialinvestitionen erfordert (Tabelle 1). Die passive Verkabelung ist bei Kupfer fast drei Mal so teuer wie bei FTTO. Ursächlich dafür ist vor allem, dass je Nutzer-Port ein Kabel zu verlegen ist, während bei FTTO in den meisten Fällen nur je vier Nutzer-Ports ein Kabel (zum Mini-Switch) verlegt ist. Die Initialinvestition in dezentrale Technikräume (Unterbrechungsfreie Stromversorgung, Klimatechnik und Zutrittskontrolle) stellt mit rund 15 Prozent eine relevante Position dar, für die es bei FTTO keine Entsprechung gibt. Im Gegensatz dazu ist die aktive Technik der Kupferarchitektur deutlich günstiger als bei FTTO. Insgesamt kann dies aber die höheren Investitionen in passive Verkabelung und dezentrale Technikräume nicht ausgleichen.

Auch die Untersuchung der Betriebskosten belegt, dass die Kupferarchitektur in allen Szenarien deutlich teurer als FTTO ist. Durch den Wegfall von aktiven Etagenverteilern und klimatisierten Technikräumen auf der Sekundärebene arbeitet die dezentralisierte FTTO-Architektur deutlich energieeffizienter - und damit kostengünstiger. Selbst wenn die Berechnung keine Opportunitätskosten für dezentrale Technikraumflächen enthält, bleibt ein Betriebskostenvorteil für FTTO bestehen.

Damit liegen auch die Gesamtkosten (Anfangsinstallation, Betrieb, planmäßiger Geräteersatz) der Kupferarchitektur in allen Anwendungsfällen über denen der FTTO-Verkabelung (Tabelle 3).

Zur Absicherung dieser Ergebnisse gab es eine Reihe von Sensitivitätsanalysen (Erhöhung der Zahl der Arbeitsplätze je Etage, Variation der Zahl dezentraler Technikräume der strukturierten Verkabelung, Anzahl der Büros mit nur einem Arbeitsplatz, Preis der FTTO-Mini-Switches). Jede einzelne Analyse führte im Rahmen von realistischen Veränderungen nicht dazu, dass sich die (monetäre) Vorteilhaftigkeit umkehrt.

Fazit

Die Glasfaser ist mit dem hohen Bandbreitenpotenzial und der hohen Unempfindlichkeit für elektromagnetische Störungen zweifelsohne die zukunftssicherste Verkabelung. Für die Untersuchungen galt die Voraussetzung, dass sich auch ein etwaiger nächster Bandbreitenevolutionssprung auf 10 GBit/s je AP über eine bestehende (hochwertige, also mindestens Kategorie 7) Kupferverkabelung auf kurzen Distanzen umsetzen lässt, also in der Betrachtungsperiode von zehn Jahren keine Glasfaserverkabelung zwingend erforderlich macht. Dennoch zeigt sich bereits heute auch die ökonomische Vorteilhaftigkeit der Glasfaser. Dies spricht grundsätzlich für den Aufbau von Glasfaser- statt Kupfernetzen und schafft zudem eine größere Investitionssicherheit.

Schematische Darstellung des kleinen Bürogebäudes mit rund 200 Arbeitsplätzen.
LANline.

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