Blade-Server mit USVs korrekt absichern

Leistung mit Reserven

28. Mai 2010, 5:00 Uhr |

Mehr Rechenleistung bei weniger Platzbedarf - Blade-Server sind die perfekte Lösung, um die Leistungsdichte in Rechenzentren zu erhöhen. Allerdings hat die Konzentration von CPU-Power auf kleinstem Raum auch Auswirkungen auf Strom­versorgung und ­Kühlung.

Blade-Server sind nicht für jeden Einsatzzweck die richtige Lösung, spielen ihre Stärken aber in
immer mehr Fällen aus. Sobald reine Rechenleistung bei möglichst geringem Platzbedarf gefragt ist,
greifen Unternehmen zu den kompakten Chassissystemen mit Einschüben für die CPU-Module. Gerade wenn
es um Virtualisierung in größeren Umgebungen geht, sind Blade-Server die richtige Wahl.
Mittlerweile arbeiten bereits 50 Prozent der größeren Unternehmen mit Virtualisierungslösungen, wie
IDC herausfand. So verwundert es nicht, dass Blade-Systeme im vergangenen Jahr zu den einzigen
Gewinnern im Server-Markt gehörten. Auch wenn der Gesamtanteil am Markt mit zehn Prozent vom Umsatz
noch gering ist, verbuchten Blades in einem stagnierenden und insgesamt rückläufigen Marktsegment
als einzige Zuwächse.

Die platzsparenden Einschubsysteme helfen Unternehmen, wertvollen Platz im Rechenzentrum optimal
auszunutzen. Grund dafür sind Synergieeffekte: Ein Chassis mit gemeinsam genutzter Infrastruktur
wie Stromversorgung sowie Netzwerk- und Speicherschnittstellen nimmt Einschubmodule, die
eigentlichen Blades, mit Prozessoren und Arbeitsspeicher auf. Moderne CPUs sind ideal für dieses
Konzept geeignet: AMDs Magny-Cours-Prozessor bietet zwölf Kerne, Intels Nehalem EX vereint deren
acht in einem Gehäuse. So kommen enorme Leistungsdichten zustande, die neue
Primergy-CX1000-Server-Plattform kann 456 Kerne in einem Rack bereitstellen, der Thinkmate
Superblade kommt auf 1.440 Kerne pro Rack.

Mehr Schein als Sein

Blade-Server haben aufgrund der hohen Stromlasten äußerst leistungsfähige Netzteile.
Gesamtleistungen von 4.000 bis 6.000 Watt sind eher die Regel als die Ausnahme. An dieser Stelle
fangen die Probleme für viele Rechenzentrumsbetreiber und Administratoren an: Dass Server hoch
verfügbar abgesichert werden müssen, ist klar, also sind für die Stromversorgung der Server auch
USV-Systeme vorgesehen. Doch für moderne Netzteile gilt, dass sie mittlerweile einen
Leistungsfaktor von nahezu 1 aufweisen müssen. Der Leistungsfaktor gibt das Verhältnis von
Wirkleistung P zur Scheinleistung S an. Ganz exakt müsste man bei sinusförmigen Strömen und
Spannungen vom Wirkfaktor sprechen. Er ist gleich dem Cosinus des Phasenverschiebungswinkels Phi.
Einen möglichst hohen Wirkfaktor erreichen die Netzteile aber nur, wenn verschiedene
Schaltungskomponenten und deren Wirkung auf die Eingangsspannung kompensiert werden.

Ein älteres Netzteil wirkt von außen betrachtet eher induktiv. Dies führte jedoch dazu, dass
solche Netzteile zusätzlich Energie "bewegen", die zwischen Erzeuger, etwa einem Kraftwerk, und
elektrischen Verbrauchern pendelt. Dieser zusätzliche Energiefluss trägt nichts zur tatsächlichen
Leistung, der Wirkleistung, bei und ist daher unerwünscht. Die pendelnde Energie pro Zeit wird als
Blindleistung bezeichnet, Blindleistung und Wirkleistung ergeben, vektoriell addiert, die
Scheinleistung.

Blindströme sind unerwünscht, da alle Anlagen für die Bereitstellung des Blindstroms größer
ausgelegt werden müssten. Daher gibt es seit 2001 eine Richtlinie (EN61000-3-2), die Netzteilen
einen hohen Leistungsfaktor oder Wirkfaktor (idealerweise von 1) vorschreibt. Durch die dafür
notwendige Kompensationsschaltung erhalten moderne Netzteile jedoch eine leicht kapazitive
Lastkennlinie. Der Wirkfaktor liegt üblicherweise bei –?0,9 bis –?0,95. Die kapazitive
Charakteristik mindert die verfügbare Wirkleistung von USV-Systemen – vor allem bei USVs, die nicht
mit einem transformatorlosen Doppelwandlersystem ausgerüstet sind. Solche herkömmlichen USVs
stellen ihre maximale Leistung nur für induktive Lasten zur Verfügung, und zwar bei einem
Wirkfaktor 0,80 bis 0,90.

Leistungsarten berücksichtigen

Als Folge nähert sich die die USV-Anlage ihrer Leistungsgrenze weit schneller, als die Planer
dies bei der ursprünglichen Installation berücksichtigt hatten. Ein Beispiel macht die Situation
deutlicher: Wird eine herkömmliche USV-Anlage mit einer Scheinleistung von maximal 300kVA mit einer
kapazitiven Last konfrontiert, stellt sie bei einem cos Phi von –?0.95 nur noch eine Wirkleistung
von 214 kW zur Verfügung. Damit stehen elf Prozent weniger Leistung bereit, als die Planer
vorgesehen hatten. Niedrigere Wirkfaktoren wirken sich noch negativer aus. Ein cos Phi von -0.90
führt zu nur noch 182 kW Wirkleistung. Beide Werte gelten im Vergleich zur nominalen Belastung,
wenn der cos Phi ?0.80 induktiv ist. Transformatorlose USV-Systeme wie beispielsweise das Modell
PMC40 von Rittal haben hier einen Vorteil, denn sie erfahren bis zu einem cos Phi von –?0,95 gar
keine und bei –?0,90 nur eine geringe Leistungsverminderung von rund drei Prozent. Die USV kann
also trotz Blade-Servern im RZ kleiner dimensioniert sein.

Die Frage, mit welcher Grundleistung man eine USV dimensioniert, hat nicht nur Auswirkungen auf
die Investitionskosten. Leistungsneutrale USV-Systeme gibt es nicht. Doch USV-Systeme ohne
ausgangsseitigen Transformator erzielen deutlich höhere Wirkungsgrade als Geräte mit
ausgangsseitigem Transformator. 95 Prozent Wirkungsgrad und mehr sind machbar. Dabei kommt es
wirklich auf jeden Prozentpunkt an. Denn aufgrund der enormen Leistungen, die durch eine USV
geschleust werden, wirken sich schon geringe Änderungen enorm auf die Betriebskosten aus.
Schließlich kennen die Strompreise seit einigen Jahren nur eine Richtung – nach oben. Im Schnitt
stiegen die Energiepreise für Gewerbekunden zwischen 2007 und 2010 pro Jahr um knapp fünf Prozent.
So gibt es seit geraumer Zeit verschiedene Initiativen wie "80 ", um die Wirkungsgrade von
Netzteilen aus Gründen des Umweltschutzes so hoch wie möglich zu bekommen.

Auslastung ist entscheidend

Nach einer Studie des Borderstep Instituts wurden im Jahr 2008 10,11 Terawattstunden Energie von
Servern und Rechenzentren in Deutschland verbraucht. Ganz Europa kam 2007 auf geschätzte 56
Terawattstunden. Ohne Verbesserungen bei der Energieeffizienz würde allein Deutschland bis 2013
knapp 15 TWh verbrauchen. Potenzielle Neukäufer von USVs und Anwender mit bestehenden Systemen
sollten sich genau mit den Spezifikationen beschäftigen oder Messungen vornehmen, um die
tatsächlichen Ein- und Ausgangswerte und damit den Wirkungsgrad zu ermitteln. Besonders wichtig ist
in diesem Zusammenhang die Auslastung. Der optimale Wirkungsgrad ist bei USVs in der Regel nur bei
oder nahe an Volllast erreichbar.

Bei einer redundanten Anlage, was zumindest bei Rechenzentren und Server-Räumen dem Standard
entspricht, nutzt der Betreiber normalerweise zwei identische Anlagen. Wenn beide im
Load-Sharing-Modus laufen, teilen sie sich die Last und arbeiten bei einem Wert knapp unter 50
Prozent. Dies führt zu einem niedrigen Wirkungsgrad, da maximal 50 Prozent Auslastung erreicht
werden. Dennoch schlägt die Stromaufnahme der zweiten USV voll auf die Energiebilanz durch. Sie
produziert zudem Abwärme, die durch die Kühlanlagen abzuführen ist. Dies wiederum verringert das
verfügbare Kühlvolumen für die Blade-­Server und die Anzahl der möglichen Blade-­Chassis im
Rechenzentrum.

Mit einer modular aufgebauten USV-Anlage lässt sich die Stromversorgung trotz Redundanz mit
einem hohen Wirkungsgrad absichern. Die USV-Module teilen die Gesamtlast unter sich auf. Im
Fehlerfall eines Moduls können die verbleibenden Einheiten nach wie vor die Gesamtlast tragen. Weil
die Module untereinander Load-Sharing betreiben, ist jedes Modul zu jeder Zeit abgesichert. Die USV
läuft bei optimaler Auslastung mit einem sehr hohen Wirkungsgrad. Dies erleichtert auch die
Skalierung. Im Gegensatz zu herkömmlichen Anlagen kann der Anwender mit wenigen Modulen starten und
aufstocken, wenn der Bedarf im Rechenzentrum wächst. Der Betrieb einer vom Start weg für den
Vollausbau des Rechenzentrums ausgelegten USV gehört damit der Vergangenheit an.

Planungskriterien für Blade-Server

Wer über den massiven Einsatz von Blade-Systemen nachdenkt, muss nicht nur die USV und das
Kühlsystem im Auge behalten. Auch die Luftwege im Rechenzentrum sollten in der Lage sein, die hoch
komprimierten Server ausreichend zu umfluten. Bisweilen kann eine Wärmebildkamera dabei helfen,
Temperaturstaus zu entlarven. Nicht umsonst entfallen bis zu 60 Prozent des Strombedarfs von
Rechenzentren auf die Kühlung der Server.

Bei den Blade-Servern selbst gibt es ebenfalls Unterschiede in der Effizienz. Prozessoren sind
heutzutage im Schnitt nur noch zu einem Viertel am Stromhunger eines Servers beteiligt. Festplatten
und Speicher schlagen zum Teil mit bis zu 50 Prozent zu Buche. Auch hier lässt sich deutlich
sparen. So verbrauchen SAS-Festplatten im 2,5-Zoll-Formfaktor deutlich weniger Strom als bisher
übliche SCSI-Festplatten im Formfaktor 3,5 Zoll. Noch günstiger wird es, wenn man komplett auf
Festplatten im Blade verzichtet und die Massenspeicher per iSCSI oder SAN anbindet.

Auch bei den Netzteilen hat sich in den letzten Jahren viel getan, mittlerweile erzielen moderne
Ausführungen Wirkungsgrade von 80 bis 90 Prozent. Optimal ist es, wenn sie dynamisch Leistung pro
Blade zuteilen können. Einige Hersteller rüsten ihre Blade-Chassis mit Temperaturfühlern aus, die
automatisch heiße Stellen mit mehr Luft versorgen. So wird ein hoch belasteter Prozessor stärker
gekühlt, während ein nicht bestückter Slot gar keine Kühlluft erhält. Und die Lüfter – in einem
Blade-Chassis sind bis zu 20 Stück verbaut – müssen temperaturabhängig regelbar und deren Flügel
strömungsgünstig optimiert sein. Einige Server-Hersteller wie HP oder Dell nutzen speziell designte
Flügel in ihren Blade-Servern, die Anleihen beim Turbinenbau nehmen.

Sowohl Intel als auch Sun und AMD legen beim Prozessordesign immer mehr Wert auf
Energieeffizienz und bieten zahlreiche Low-Power-CPUs an. Mehrere Kerne pro Prozessor verbessern
zwar die Parallelverarbeitung, das ist wichtig, wenn Virtualisierung eingesetzt wird; sie ziehen
aber auch mehr Strom. Darum ist es entscheidend, dass sich die Kerne einzeln in ihrer Taktfrequenz
und ihrem Stromverbrauch regeln lassen. Das ist für die aktuellste Prozessorgeneration kein Problem
mehr, unter Umständen lohnt sich allein deswegen der Upgrade auf ein neues Modell.

Fazit

Blade-Server benötigen einiges an Planung im Vorfeld, man sollte dabei nicht nur auf den Server
selbst schauen, sondern auch die Stromversorgung – insbesondere die USV – mit einbeziehen. Im
Moment haben modulare, transformatorlose USVs klar die Nase vorn, wenn es um Energieeffizienz und
Verfügbarkeit geht.


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