Cloud-Backup sinnvoll in die IT-Strategie einbinden

Liebäugeln mit der Cloud

14. April 2010, 3:00 Uhr | Martin Kuppinger/pf

Die Cloud ist allgegenwärtig, nicht nur im Marketing der Hersteller, sondern auch in Form realer Angebote. Online-Dienste - von reinen Ausführungsumgebungen bis hin zu Software as a Service - prägen längst die IT. Auch im Bereich Backup finden sich immer mehr Angebote "in der Wolke". Anlass genug für viele Unternehmen, die Möglichkeiten von Cloud-basierenden Storage-, Backup- und Archivierungslösungen auszuloten. Doch welche Lösung ist die richtige? Und vor allem: Wie lassen sich Cloud-Konzepte sinnvoll und langfristig erfolgreich in die IT-Strategie des Unternehmens einbinden?

Das Thema "Backup in der Cloud" ist durchaus vielschichtiger, als es auf den ersten Blick
erscheinen mag. Zum einen existiert eine Vielzahl nicht nur reiner Backup-, sondern auch von
Storage- und Archivierungsdiensten in der Cloud. Denn nicht immer ist ein expliziter Backup-Ansatz
erforderlich. Auch das Auslagern vorhandener Backup-Datensätze auf einen externen Speicher kann ein
Lösungsmodell darstellen, bei dem das eigentliche Backup zunächst intern erfolgt. Zudem geht es
immer auch um die Frage, wo die Systeme und Informationen, die zu sichern sind, liegen – extern
oder intern. Eine Einordnung solcher Ansätze in Gesamtkonzepte für die Archivierung ist ebenfalls
naheliegend, lassen sich Backup, Storage und Archivierung doch kaum voneinander trennen.

Die Chancen

Die (externe) Cloud – also die Nutzung externer Service-Provider mit ihren Diensten und den
dahinter stehenden Rechenzentren, die räumlich verteilt und (hoffentlich) hochverfügbar sind –
bietet für die Gestaltung von Sicherungskonzepten eine Reihe neuer zusätzlicher Lösungsvarianten.
Für die hausinterne IT existieren dabei inzwischen vergleichsweise günstige Möglichkeiten,
Redundanz zu schaffen. Was vor wenigen Jahren für mittelständische Unternehmen noch unbezahlbar
war, ist heute praktisch realisierbar: die redundante Aufbewahrung von Informationen in einem oder
sogar mehreren externen, sehr sicheren Rechenzentren.

Aber auch günstiger Speicherplatz und Redundanz für hierarchische Backup- und
Archivierungskonzepte sind in diesem Zusammenhang zu nennen. Die Cloud bietet alternative
Sicherungsmöglichkeiten sowohl für besonders kritische als auch beispielsweise für wenig kritische
und selten benötigte Informationen. Kurz: Der Anwender verfügt heute über wesentlich mehr
Gestaltungsmöglichkeiten für seine Backup-, Storage- und Archivierungskonzepte, als es noch vor
zwei oder drei Jahren der Fall war – und dies auch noch zu deutlich geringeren Kosten und mit
erheblich größerer Anbieterauswahl.

Auswahlaspekte für Cloud-Backup

Ein Segment, das IT-Verantwortliche näher analysieren sollten, sind die eigentlichen
Backup-Anwendungen. Das Spektrum reicht hier von einfachen, teilweise in andere Tools und
Plattformen integrierten Lösungen für Privatanwender bis hin zu spezialisierten Angeboten für
Unternehmen mit einer engen Integration in Applikationen, wie sie bei lokal installierter
Backup-Software üblich ist.

Dabei zählen vor allem drei Aspekte, die bei der Auswahl zu beachten sind. Der erste sind die
Service-Qualität und die Service-Bereitstellung. Bei vielen heute angebotenen Services fehlen
beispielsweise vorgegebene SLAs (Service Level Agreements). Die Details verstecken sich oft im
Kleingedruckten, was für die Nutzung auf Unternehmensebene schlicht nicht ausreichend ist. Auch die
Zuverlässigkeit der Leistungsbereitstellung ist zu hinterfragen. Dies reicht bis hin zur Frage, ob
der Provider die Dienste auch auf Dauer wird liefern können. Es geht zwar "nur" um das Backup und
nicht um die Originaldaten, aber der Anwender praktiziert es ja, um auf Nummer sicher zu gehen, und
erwartet daher hohe Zuverlässigkeit. Ein Vergleich mit den frühen Tagen des Web-Hostings lässt
allerdings auch beim Online-Backup erahnen, dass nicht jeder Anbieter aus der Anfangsphase, in der
wir heute noch stehen, überleben wird.

Den zweiten wichtigen Aspekt stellen die Kosten dar. Dabei geht es nicht nur um den auf den
ersten Blick sichtbaren Preis, der in den meisten Fällen am Datenvolumen der Backups orientiert
ist, sondern auch um versteckte Größen wie Startkosten für die Einrichtung des Dienstes oder
Zusatzkosten für weitere oder spezielle Systemplatt­formen, für die eine Sicherung erfolgen soll.
Ein genauer Blick auf die Preismodelle ist für die zuverlässige Planung und das Vermeiden
unerfreulicher Überraschungen empfehlenswert.

Schließlich ist insbesondere bezüglich außerhalb der EU respektive des europäischen Rechtsraums
erbrachten Services auch stets zu hinterfragen, ob kritische rechtliche Aspekte zu beachten sind.
Dies gilt besonders für die Speicherung personenbezogener Daten. Zwar existiert hier teilweise eine
rechtliche Grauzone, lokale Provider mit Rechenzentren vor Ort stellen unter diesem Aspekt aber
sicher eine Variante dar, die weniger juristische Risiken mit sich bringt.

Managed Services als Alternative

Bevor sich der Planer Gedanken über die genannten Punkte macht, kann er auch die Alternative
eines Managed Service Providers (MSP) in Erwägung ziehen. Inzwischen existiert eine Reihe von MSPs,
die Backup-Dienste anbieten und dabei entweder mit einem oder mehreren Technik- und
Service-Lieferanten zusammenarbeiten. Das Spektrum reicht von großen, international agierenden
MSPs, die fast alle mittlerweile in diesem Feld aktiv sind, bis hin zu kleineren, lokalen
Spezialisten wie beispielsweise dem Münchener Unternehmen Matrix Technology (www.matrix.ag), das
solche Online-Lösungen jetzt als Erweiterung der bisherigen (lokal beim Kunden betriebenen) Managed
Services anbietet.

Damit reduziert sich der Aufwand für die Umsetzung solcher Konzepte, da der Anwender die
Services – häufig sogar als Teil von umfassenderen Dienstleistungskonzepten – bei einem einzigen
Vertragspartner einkauft. In diesem Fall existieren nur ein Dienstleister sowie ein einheitlicher
SLA, und typischerweise erhält der Anwender auch erfahrene, professionelle Unterstützung bei der
Konzeption und Umsetzung der Lösung.

Backup, Storage oder Archivierung?

Zu überlegen ist auch, um welche Aufgabenstellung es wirklich geht. Hinter unterschiedlichen
Lösungsansätzen wie reinem Online-Backup, Online-Storage für die Auslagerung von Produktivdaten
oder Online-Storage für die Ablage von Backup-Datensätzen und Archivierung können durchaus
verschiedenartige Anwendungsszenarien stehen, in denen sich diese Dienste sinnvoll einsetzen
lassen. Auch innerhalb dieser Ansätze existieren oft viele Varianten, beispielsweise bei der Frage,
ob der Anwender eine Online-Archivierung generell oder nur für einen Tier innerhalb eines
hierarchischen Speicherkonzepts oder lediglich für bestimmte Daten nutzt.

Dies verdeutlicht, dass es nicht um eine Ausschließlichkeit geht. Cloud-Dienste können
beispielsweise als Fallback – sozusagen als externes Ausfallrechenzentrum für eine Teilfunktion –
sinnvoll sein. Wer dabei Plattformen wie etwa Amazon EC2 (www.amazon.com/ec2) nutzt, wird sich
zudem überlegen müssen, wie er die Daten dorthin sichert. Daher spielen allgemein nicht nur
Überlegungen zur Verfügbarkeit und Sicherheit der Daten beim Provider eine wichtige Rolle, sondern
auch die Bandbreite auf dem Weg dorthin. Selbst wenn inzwischen relativ hohe Bandbreiten für
überschaubare Kosten erhältlich sind, so existieren doch noch erhebliche Preisunterschiede etwa
zwischen synchronen und asynchronen Leitungen – und beim Backup geht es hauptsächlich darum, die
Daten über den typischerweise schmalbandigeren Upstream zu versenden. Daher wird der Anwender
grundsätzlich prüfen müssen, für welche Daten die Auslagerung an einen externen Service sinnvoll
und notwendig ist und für welche nicht.

Backup-Konzept als Basis

Vor allem muss ein Unternehmen jedoch festlegen, welche Dienste es in welcher Verbindung nutzen
will. Cloud-Backup ist heute – ebenso wie Cloud-Storage und Cloud-Archivierung – zwar eine
interessante Alternative zu lokalen Lösungen. Der Anwender muss sich aber zunächst im Klaren
darüber sein, wie er mit seinen Daten zukünftig umgehen will. Dies hängt von unterschiedlichsten
Faktoren wie der bestehenden Infrastruktur, vorhandenen und neuen Anwendungen, Datenvolumen,
Sicherheits- und Verfügbarkeitsanforderungen, typischen Zugriffswegen der Benutzer und nicht
zuletzt auch Kosten ab. Bevor der Anwender sich also auf das Cloud-Backup stützt, ist
konzeptionelle Arbeit angesagt, um Klarheit darüber zu erlangen, welche Informationen in Zukunft wo
liegen sollen.

Fazit

Cloud-Backup stellt zweifelsohne eine sinnvolle Option in IT-Konzepten dar. Es ist aber kein
Allheilmittel, sondern eher eine sinnvolle Ergänzung. Cloud-Backup kann beispielsweise effizienter
sein als die – durchaus mühselige – Verlagerung von Backup-Datensätzen vom Festplattenspeicher auf
Bänder. Es kann aber auch als Redundanzlösung sinnvoll eingesetzt sein. Allerdings geht es hier
immer nur um Optionen, die abzuwägen sind, einen allgemein gültigen Lösungsweg stellt Cloud-Backup
nicht dar. Gerade für den Mittelstand und auch für kleinere Unternehmen, die sich bisher
ausgefeilte Konzepte zur Sicherung ihrer Informationen nicht leisten konnten, bietet es jedoch
viele neue Chancen, da der Anwender Enterprise-IT-Funktionen zu einem erschwinglichen Preis
erhalten kann – zumindest, wenn er sich bei Cloud-Backup auf die wichtigsten Daten
konzentriert.

EMC Atmos – Cloud Optimized Storage

Bei Trendthemen wie "Backup-Lösungen für die Cloud" lohnt sich immer auch ein Blick auf die
führenden Anbieter. Im Storage-Bereich zählt zu dieser Gruppe EMC. Das Unternehmen positioniert
sich mit seinen Atmos-Speichersystemen unter den Schlagworten "Cloud Infrastructure" und "Cloud
Optimized Storage". Dabei zielt EMC im ersten Schritt darauf ab, leistungsfähige Systeme einerseits
für größere Unternehmen und andererseits für Service-Provider bereitzustellen, die entweder ihre IT
intern "Cloud-ready" machen, in hybriden Cloud-Modellen arbeiten, oder die Dienste für andere
Unternehmen anbieten wollen. Ein besonderer Schwerpunkt dabei sind Richtlinien, die steuern, wo
welche Informationen abzulegen sind, um sie in komplexen verteilten Umgebungen optimal verwalten
und verfügbar machen zu können. Ein wesentlicher Aspekt im Backend ist in diesem Zusammenhang die "
automatische Datenplatzierung" – wie EMC diesen Vorgang bezeichnet. Dies zeigt deutlich, dass es
bei solchen Cloud-Lösungen nicht mehr um eine Ad-hoc-Nutzung einzelner Backup-Dienste geht,
son-dern um ein durchgängiges Konzept für die Speicherung und Archivierung von Infor­mationen.

EMC selbst bietet im Rahmen von Atmos derzeit kein eigenes Cloud-Backup an. Es existieren aber
MSPs wie AT&T, die auf diese Plattform aufsetzen, um entsprechende Services zu liefern. Nach
Kenntnis von EMC spielen dabei Vorgehensweisen wie das Speichern von Backup-Datensätzen lokal
installierter Sicherungslösungen eine wichtige Rolle.

Andererseits tummelt sich EMC über das Unternehmen Mozy (www.mozy.com) indirekt durchaus im
Cloud-Backup-Markt. Während die Atmos-Plattformen auf das Highend-Segment mit Datenmengen auch im
Petabyte-Bereich abzielen, stellt Mozy eine Cloud-Lösung für Privatanwender und kleine Unternehmen
dar – mit der Maßgabe "einfach zu nutzen".

Klar ist, dass dies alles erst den Beginn einer Entwicklung darstellt. Sowohl die
Techniklieferanten als auch die MSPs werden in den kommenden Jahren mit Vehemenz in diesen Markt
einsteigen – und hybride Modelle für Backup, Archivierung und Storage dürften schnell in den
meisten Unternehmen Realität werden.


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