Sicherheit, Höchstverfügbarkeit und Wirtschaftlichkeit in Server-Parks, RZs und IT-Räumen sind heute ein Muss und erfordern eine störungsfreie Stromversorgung. Jeder Ausfall kann zu erheblichen Kosten führen. Mit einer kontinuierlichen Überwachung der Qualität der elektrischen Energieversorgung lassen sich Störungen oder Fehler rechtzeitig erkennen und abwenden.
Rechenzentren müssen hohe Leistung, Verfügbarkeit und optimalen Einsatz der Ressourcen wirtschaftlich sinnvoll bewältigen. Um diese Hochverfügbarkeit bei gleichzeitiger elektrischer Sicherheit zu gewährleisten, setzen Betreiber komplexe Stromversorgungssysteme und Komponenten ein. Betriebsausfälle, -störungen oder -unterbrechungen eines RZs zählen zu den Horrorszenarien für die Verantwortlichen. Treten diese aufgrund von vermeidbaren Fehlern auf, sind die Auswirkungen umso größer. Die Überwachung kritischer Parameter wie Temperatur, Luftfeuchte, Taupunkt, Brand, Bewegung etc. gehören daher zur Grundausstattung eines jeden modernen Rechenzentrums.
Um den hohen Anforderungen an Verfügbarkeit und Sicherheit gerecht zu werden, reicht es mittlerweile nicht mehr aus, sich bei den Themen Infrastruktur und Strom lediglich mit Lastverteilung, Kapazitätsplanung und schaltbaren Stromkreisen zu befassen. Es gilt - insbesondere beim Thema Strom - immer weiter ins Detail zu gehen und auch die Fehlerströme, Ausgleichsströme und Isolationsfehler fein granuliert zu erfassen und auszuwerten. Für eine permanente Überwachung der elektrischen Anlage sorgen moderne Strom- und Energie-Messsysteme, die einen sicheren und normgerechten Betrieb der elektrischen Versorgung ermöglichen.
Permanente Überwachung
Eine wirklich belastbare Aussage über das Geschehen in der Stromversorgung ist nur durch eine permanente Netzüberwachung und -analyse möglich. Dabei sind folgende Werte an wichtigen Knoten der Stromversorgung in Echtzeit zu messen und für eine spätere Auswertung aufzuzeichnen:
? Ströme, Spannungen und Frequenzen auf allen fünf Leitern,
? Wirk-, Blind- und Scheinleistung sowie
? Frequenzpegel bis in den Bereich von 2 kHz.
Aus diesen Messwerten können Fachleute weitere wichtige Erkenntnisse über den Betriebszustand des TN-S-Systems gewinnen. Zu diesen Erkenntnissen zählen:
? Strom über den ZEP,
? Strom jedes einzelnen Leiters (L1, L2, L3, N, PE),
? Strom aller drei Phasen gemeinsam (L1, L2, L3) und
? Strom über die drei Phasen und den N-Leiter (L1, L2, L3, N).
Nur mit derartigen Echtzeitaufnahmen lassen sich Zeitverläufe erkennen und damit Aussagen darüber treffen, welche Ursachen einzelnen Störungen zugrunde liegen. Es reicht keinesfalls aus, lediglich die Pegel der "Harmonischen bis 2 kHz" als Summengraph über ein bestimmtes Zeitfenster zu ermitteln.
Verfügbarkeit ohne zusätzlichen Schutz
Seit dem Jahr 2007 fordert die DIN VDE 0100-410 einen zusätzlichen Schutz für Wechselstromkreise im Außenbereich sowie für solche, die Steckdosen mit einem Bemessungsstrom nicht größer als 20 A enthalten und die für die Benutzung durch Laien und zur allgemeinen Verwendung bestimmt sind. Dieser zusätzliche Schutz besteht immer aus einer Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCD) mit einem Bemessungsdifferenzstrom von höchstens 30 mA.
Es gibt jedoch Ausnahmen für Anlagen im industriellen und gewerblichen Bereich, die Elektrofachkräfte überwachen, und wenn durch messtechnische Maßnahmen sichergestellt ist, dass sich Schäden rechtzeitig entdecken und beheben lassen. Diese Überwachung kann durch ein Differenzstrom-Überwachungssystem erfolgen. Ein solches System besteht aus mehrkanaligen Erfassungsgeräten (RCMS), an die Anlage angepasste Sensoren (zum Beispiel allstromsensitive Differenzstromsensoren) und einem geeigneten Auswertegerät, das Veränderungen registriert und im Fehlerfall eigenständig Alarme ausgeben kann, zum Beispiel über eine E-Mail-Benachrichtigung.
Welcher Schutz aber ist notwendig, um die technischen und normativen Anforderungen zu erfüllen? Die Normen geben dazu mehrere Punkte vor.
DIN VDE 0100-530:2011-06 531.3.2: Eine allstromsensitive Messung von Fehlerströmen ist erforderlich bei glatten Fehlerströmen (kein Nulldurchgang), und/oder bei einem Gleichstromanteil von mehr als 6 mA. Wenn auf der Lastseite einer Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCD) elektrische Betriebsmittel fest errichtet sind, die reine Gleichfehlerströme erzeugen können, muss die Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCD) vom Typ B oder Typ B+ sein.
Ist bekannt, dass ein anzuschließendes Betriebsmittel/Verbrauchsmittel einen für Typ A unverträglichen Gleichstromanteil im Fehlerstrom verursacht, und ist für diesen Stromkreis der Fehlerschutz nach DIN VDE 0100-410 (VDE 0100-410):2007-06, 411 mit einer Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCD) ausgeführt, muss diese vom Typ B oder vom Typ B+ sein.
Unternehmer sind verantwortlich für die Sicherheit ihrer Mitarbeiter. Unter anderem müssen sie die Gefahr von elektrischen Anlagen und Betriebsmitteln bewerten und die Anforderungen der "Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung" (DGUV-Vorschrift 3, ehemals BGVA3 oder DGUV-Vorschrift 4 für öffentliche Unfallversicherungsträger, ehemals GUV-V A3) umsetzen.
Für elektrische Anlagen und ortsfeste elektrische Betriebsmittel ist für den Erhalt des ordnungsgemäßen Zustands eine wiederkehrende Prüfung nötig. In Paragraf 5 Abs. 1 Nr. 2 der DGUV-Vorschrift 3 heißt es, dass diese Forderung auch erfüllt ist, wenn die Anlage ständig von Elektrofachkräften überwacht ist. Anlagen gelten als ständig überwacht im Sinne dieser Vorschrift, wenn sie kontinuierlich von Elektrofachkräften instand gehalten und durch messtechnische Maßnahmen im Rahmen des Betreibens (etwa durch Überwachen des Isolationswiderstandes) geprüft werden. Eine permanente Überwachung mit einem normkonformen Differenzstrom-Überwachungssystem und einer an die Anlage angepassten Auswertung ermöglichen der verantwortlichen Elektrofachkraft, die Fristen für die Isolationsprüfung im Rahmen der wiederkehrenden Prüfung einzuhalten und bei Bedarf anzupassen.
Brandschutz durch permanente Überwachung der Differenzströme
Unvollkommene (widerstandsbehaftete) Kurzschlüsse oder Erdschlüsse sind vor allem dann brandgefährlich, wenn an der Lichtbogenstelle relativ niedrige Widerstände im Fehlerstromkreis auftreten. Ein Abschalten des Fehlers durch vorgeschaltete Überstrom-Schutzeinrichtungen wie Sicherung oder Leitungsschutzschalter ist nicht möglich. Bereits bei einer Wärmeleistung von mehr als 60 W kann es bei Vorhandensein von Sauerstoff dazu führen, dass das System den Zündpunkt erreicht. In diesem Fall bietet die Fehlerstrom-Schutzeinrichtung (RCD) mit einem Bemessungsdifferenzstrom von 300 mA einen umfassenden Schutz. Wenn bei bestimmten Anwendungsfällen eine Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen aus technischen Gründen nicht zum Einsatz kommen kann, wird in den Richtlinien zur Schadensverhütung der Sachversicherer (VdS) die Verwendung von Differenzstrom-Überwachungsgeräten (RCMs) nach DIN EN 62020 (VDE 0663) mit Schaltgeräten - etwa Leistungsschaltern - empfohlen, wenn deren Versorgungsspannung vom speisenden Netz unabhängig ist (siehe VdS 2033).
Durch den Einsatz vieler einphasiger Verbraucher mit elektronischen Netzteilen entstehen hohe harmonische Anteile im Strom. Die sogenannten 3-n-Harmonischen (alle Vielfachen von drei) bilden ein Nullsystem und addieren sich im Neutralleiter. Die Folge sind stark belastete und überlastete Neutralleiter. Durch eine Überlastung des Neutralleiters kann es direkt zum Brand kommen. Häufig stellt jedoch schon die hohe Belastung des Neutralleiters ein Problem dar: Als zusätzlicher stromführender Leiter erhöht der Neutralleiter die Wärmeentwicklung von Kabeln und Leitungen.
Der Betriebszustand weicht häufig von der angenommen Strombelastbarkeit zum Zeitpunkt der Planung (Verlegeart, thermische Betrachtung, Absicherung) ab. Eine Überwachung der Neutralleiterströme mit einem geeigneten Power-Meter kann kritische Anlagenzustände aufdecken und so das Brandrisiko reduzieren und Ausfälle verhindern.
Anlagenausfälle und frühzeitige Materialermüdung sind kostspielig. Häufig sind Power-Quality-Probleme als Verursacher zu identifizieren. Zur Durchsetzung von Regressansprüchen ist gegebenenfalls ein Nachweis über die Einhaltung der erlaubten Grenzwerte zu führen. Dies liefert ein zertifiziertes Netzanalysegerät der Klasse A (DIN EN 61000-4-30). Ein Spannungsqualitätsreport beschreibt das Mindestmaß der Strom- und Spannungsqualität, das für den fehlerfreien Betrieb des Rechenzentrums notwendig ist. Die Spannungsqualität nach gesicherten Stromversorgungssystemen muss der EN61000-2-4 Klasse 1 entsprechen.
Überwachen des zentralen Erdungspunkts
Für einen EMV-gerechten Betrieb von elektrischen Anlagen ist ein Aufbau im TN-S-System mit einem einzigen zentralen Erdungspunkt (ZEP) erforderlich. Für den Erhalt dieses Zustands über die gesamte Lebensdauer der Anlage ist der ZEP möglichst permanent zu überwachen. An dieser Messstelle fließt der gesamte Ableitstrom der Anlage. Sprunghafte Veränderungen im gemessenen Ableitstrom weisen auf eine neue PE-N-Brücke, eine PE-N-Vertauschung oder einen niederohmigen Erdschluss hin. Durch die Historienspeicher der Überwachungsgeräte lässt sich nachvollziehen, wann signifikante Veränderungen aufgetreten sind. Daran lässt sich meist die Verursachung etwa bei Wartungsarbeiten in Anlagenteilen ableiten und so der Fehlerort bestimmen.
Die Überwachung der Spannungsqualität mit einem Power-Quality-Messsystem erfolgt in der Nähe des Verknüpfungspunktes, also an der Einspeisung. Die reine Bewertung der Spannungsqualität an dieser zentralen Messstelle ermöglicht noch nicht das Erkennen und Lokalisieren der Verursacher. Zu empfehlen ist dabei der zusätzliche Einsatz mehrerer fest installierter Power-Meter mit unterschiedlich ausgeprägten Messfunktionen. Der Umfang der Messfunktionen nimmt von der Verteilung in Richtung Endstromkreis ab. So sind in der Hauptverteilung einzelne Abgänge überwachbar (hochauflösende Kurvenformen, Harmonische bis zur 63. etc.). In der Unterverteilung erfasst ein Power-Quality-Meter die Gesamtoberschwingungsverzerrung (THD) von Endstromkreisen. Im Fehlerfall ist der Verursacher anhand der Messwerte von der Einspeisung bis hin zum Endstromkreis zu ermitteln.
Aufgrund steigender Energiekosten gewinnt das Thema Energieeffizienz zunehmend an Bedeutung. Betreiber können sinnvolle Maßnahmen zur Energieeinsparung jedoch erst ermitteln, wenn die Energieflüsse in der Anlage bekannt sind. Dazu eignen sich Energiezähler oder auch Power-Meter für den Fronteinbau. Zusätzlich zum Energiezähler bietet ein Power-Meter noch Informationen über den Oberschwingungsgehalt und ist im Fehlerfall in die Fehlersuche einbezogen. Die Systemzentrale sammelt die Messwerte von Erfassungsgeräten ein und stellt die Informationen über sowohl Energieverbrauch als auch Leistungsflüsse zentral zur Verfügung.
Ein normgerechtes Rechenzentrum muss in Zukunft klare Anforderungen an die Verfügbarkeits- und Schutzklassen sowie an die Energieeffizienz erfüllen, die bereits in der Planung und Ausführung zu beachten sind. Diese Anforderungen sind in den sieben Teilen der EN 50600 definiert.
Bisher gab es unterschiedliche Normen für die einzelnen technischen Komponenten eines Rechenzentrums. Die neue europäische Norm EN 50600 regelt nun erstmals ganzheitlich alle Aspekte der Einrichtungen und der Infrastruktur.