Die kommenden hohen Ethernet-Geschwindigkeiten erfordern eine neue Messtechnik - meist noch recht teuer und damit für Testprojekte mit schwierig zu rechtfertigenden Investitionskosten verbunden. Das Mieten des Equipments soll dieses Problem lösen, wie es der Hersteller JDSU und der Beschaffungsspezialist Livingston propagieren.
Mit dem Einzug von 40/100GbE in das Kernnetz können Netzwerkbetreiber nun die Forderungen der Kunden hinsichtlich größerer Bandbreite erfüllen und gleich-zeitig auf eine All-IP-Netzwerkarchitektur umstellen, die zusätzliche Flexibilität bietet. 40/100-GBit-Ethernet fordert allerdings auch einen deutlichen Wandel beim Test von Telekommunikationsnetzwerken, da die Client-Schnittstellen auf einer parallelen optischen Datenübertragung mit verschiedenen Wellenlängen basieren, anstatt auf der bisherigen seriellen Übertragung, wie sie in heutigen optischen Netzwerken zu finden ist.
Die Gründe für den Übergang auf eine schnellere optische Netzwerkinfrastruktur liegen auf der Hand. So muss vor allem die Anbindung an den zentralen Mobilfunknetzknoten (Backhaul) sichergestellt sein, damit sich die neuen Bandbreitenanforderungen seitens 3G und LTE erfüllen lassen. Auch die Zunahme der generellen Bandbreite über die vergangenen Jahre - verursacht durch die steigende Zahl an Internet-Nutzern, Geräten mit Internet-Anbindung und dazugehöriger Applikationen - spielt dabei eine Rolle. Es ist unwahrscheinlich, dass dieser Boom in absehbarer Zeit nachlässt.
Zusätzlich sorgt das Aufkommen von Cloud Computing dafür, dass die Prozesse zunehmend im Netzwerk ablaufen anstatt lokal vor Ort. Damit steigt die Nachfrage nach schnelleren Uplink-/Download-Geschwindigkeiten nochmals an. Aufgrund dieser Faktoren sehen die Marktanalysten von IDC die Gesamtzahl von Internet-Nutzern bei 2,7 Milliarden im Jahr 2015, was über 40 Prozent der Weltbevölkerung entspricht. ABI Research geht davon aus, dass der weltweite Internet-Datenverkehr im Jahr 2016 die 1.000.000-GByte-Marke überspringen wird.
Aufbruch in das parallele Zeitalter
Obwohl es auf den ersten Blick nicht den Anschein hat, ist 100GbE eine äußerst revolutionäre Technik, vor allem auf der physischen Ebene, wo Daten über 4 × 25 GBit/s (oder 10 × 10 GBit/s) optisch parallel übertragen werden. Damit lässt sich die Kapazität der Bandbreite um Größenordnungen erhöhen, Hunderte von Millionen Datenpakete sind pro Sekunde zu verarbeiten. Die vier oder zehn Wellenlängen werden in zehn elektrischen Leitungen umgewandelt, wobei jede aus 2 × 5 GBit virtuellen Leitungen bestehen. Jede Implementierung ist damit komplexer, bringt neue Fehlerquellen und Alarmmeldungen auf physischer Ebene mit sich und erfordert einen gänzlich neuen, wesentlich ausgereifteren Testansatz.
Netzwerkausrüster verwenden derzeit zwei verschiedene CFP-Transpondermodule (C-Formfaktor Pluggable). Der physische Formfaktor ist durch die CFP MSA Group vorgegeben. Die 4 × 25-GBit/s-LR4-Schnittstelle (100GBase-LR4), standardisiert durch die IEEE 802.3ba, wird dabei zum vorherrschenden Standard.
Zu den wesentliche Testerwägungen im Labor gehören die folgenden Punkte: Selbst einfache Tests wie die Überprüfung der optischen Leistung einer 100-GBit/s-Schnittstelle sind mit herkömmlichen Leistungsmessgeräten nicht möglich, da diese Geräte die Leistung aller Wellenlängen zusammenfassen. Daher sind Optikkanal-Checker oder Optikspektrum-Analyzer erforderlich, um die optische Leistung pro Wellenlänge zu messen. Um die Interoperabilität zwischen verschiedenen CFP-Modulen zu gewährleisten, ist es ratsam, die Standardkonformität und operative Margen zu überprüfen, bevor auf höherer Ebene getestet wird. Bei parallelen Leitungen sind Skew-Tests (Layer 1) von größter Bedeutung. Die Einhaltung der Skew-Spezifikationen kann ein Problem sein, das 40/100-GBit-Ethernet-Implementierungen beeinträchtigt, wenn die Signale zu leicht unterschiedlichen Zeiten ankommen. Einige Skew-Bestandteile sind von Natur aus statisch, was auf dem Datentransport auf mehreren Leitungen beruht, die jeweils leicht unterschiedliche Parameter und Übertragungszeiten aufweisen. Diese bleiben über der Zeit unverändert. Der wesentliche, zusätzliche Skew-Anteil ist der dynamische Skew, der durch unterschiedliche Parameter der optischen Komponenten im Netzwerk hervorgerufen wird, etwa durch Temperatureinflüsse. Die Toleranzparameter für den statischen und dynamischen Skew sind durch die IEEE festgelegt und sollten vor der Installation getestet werden. Nur so ist ein fehlerfreier Betrieb sichergestellt, wenn der Datenverkehr die Verbindung durchläuft.
BER-Tests (Bit Error Rate) müssen pro Leitung durchgeführt werden, um die Ursache von Bitfehlern, die mit physischen Fehlern zusammenhängen, einfacher finden zu können (zum Beispiel, wenn sie nur auf bestimmten Leitungen auftreten oder sich über alle Leitungen erstrecken). Nach dem erfolgreichen Test dieser neuen parallelen Implementierungen ist zu empfehlen, herkömmliche Layer 2/3-Ethernet-IP-Tests durchzuführen, die RFC-2544- oder QoS-Tests (Quality of Service) auf verschiedenen Datenströmen umfassen. Dies gewährleistet eine einwandfreie Datenverkehrspriorisierung innerhalb des Netzwerks.
Die erforderliche Ausrüstung für die beschriebenen Tests stellt eine bedeutende Investition dar. Angesichts der aktuellen Wirtschaftslage müssen Netzbetreiber ihre Einnahmen aus den neuen Highspeed-Netzwerkinfrastrukturen maximieren und gleichzeitig die Ausgaben für teure Testhardware so niedrig wie möglich halten. Das Mieten von Testgeräten bietet hier eine interessante Möglichkeit. Netzwerkbetreiber und ihre Vertragspartner vermeiden damit hohe Investitionen und entgehen den damit einhergehenden Kosten beim Kauf: Wartung, Instandhaltung, Ausfallzeiten abdecken, Rekalibrierung, Versicherung. Durch das Mieten lassen sich Testgeräte als Betriebsaufwand verbuchen und tragen bei regelmäßigem Einsatz wesentlich mehr zum Umsatz bei, was deren Anschaffung auf Mietbasis rechtfertigt.
Testlösungen für die 40/100-GBit-Ethernet-Übertragung ermöglichen es den Betreibern, alle erforderlichen Tests vom Physical- bis hin zum IP-Layer durchzuführen. Der Einsatz von Testgeräten mit strengeren Vorgaben und eine größere Anzahl an Testmetriken ermöglichen den effizienteren Einsatz von Highspeed-Netzwerkinfrastrukturen, was den kommerziellen Nutzen weiter erhöht.
Die Installation von 40/100-GBit-Ethernet-Netzwerken verändert nicht nur die Testabläufe, sondern fordert auch eine Neubewertung der Art, wie Netzwerkbetreiber Zugriff auf Testgeräte erhalten. Aufgrund der damit verbundenen Kosten beginnen zukunftsorientierte Betreiber und Vertragspartner, ihre Beschaffungsstrategien zu ändern. Dies führte beispielsweise zu einer Zusammenarbeit zwischen dem Testgerätehersteller JDSU und dem Beschaffungsspezialisten Livingston.