Schlacht der Smartphone-Betriebssysteme

Mobile World Congress 2010, Barcelona

19. Februar 2010, 13:24 Uhr |

In Barcelona zeigten Hersteller und Industrievereinigungen, wie sie auf die Erfolge von Apple
und Google antworten wollen. Microsoft hatte schon letztes Jahr eingeräumt, sich mit Windows Mobile
(WM) „verrannt“ zu haben – die neue Mobilversion von Windows 7 kommt daher nicht als
Weiterentwicklung des aktuellen WM 6.5, sondern sei von Grund auf neu konzipiert. Vielen
Smartphone-Herstellern war es in letzter Zeit offenbar geradezu peinlich, Windows auf ihren Geräten
einzusetzen – darauf völlig verzichten konnten sie aber mangels durchschlagend besserer
Alternativen und wegen der starken Marktmacht von Microsoft auch nicht.

Wer sich eine ausreichend große Entwicklermannschaft leisten konnte, strickte daher in
Eigenregie eine Benutzeroberfläche, um sie dem ungeliebten Microsoft-Betriebssystem überzustülpen
(etwa Samsung „Touchwiz“, HTC „Sense“ etc.). Steve Ballmer versprach in Barcelona, dass solche
Auswüchse mit Windows 7 der Vergangenheit angehören sollen – nicht zuletzt im Sinne der Anwender,
die dann wieder mehr Übersicht und Konsistenz auf den Geräten unterschiedlicher Hersteller finden
würden. So gelang es dem Microsoft-Chef, zumindest einige der großen Smartphone-Player für Teile
ihres Produktspektrums noch einmal auf Windows zu hieven, darunter Sony-Ericsson, Samsung, LG, HTC
und Toshiba. Zum Weihnachtsgeschäft dieses Jahres sollen entsprechende Windows-7-Geräte auf den
Markt kommen – in einigen Ländern (nicht Deutschland) will Microsoft ganz Apple-like eine Anbindung
an den hauseigenen Musik- und Spieleladen „Zune“ mit integrieren. Nokia hat mit seiner
„Symbian“-Plattform ebenfalls seit längerem Probleme, im Smartphone-Geschäft mitzuhalten.

Auch die Linux-basierende Alternative „Maemo“, die gerade erstmals mit dem „N9000“
High-end-Volltastatur-Slider ausgeliefert wird, scheint dem Handy-Platzhirschen offenbar nicht
stark genug, um der Konkurrenz etwas Ebenbürtiges entgegenzusetzen. In Barcelona verkündeten Nokia
und Intel, ihre Linux-Plattformen künftig in einer gemeinsamen Linie zu verschmelzen. In „Meego“
fließt also neben Nokia Maemo auch das Intel „Moblin“ mit ein. Größter Trumpf des neuen Systems
soll die „Qt“-Entwicklerplattform sein. Dafür geschriebene Applikationen sollen ohne Änderungen auf
einer breiten Meego-Gerätepalette (PDAs, Netbooks, Notebooks, Tablets, Mediaphones und
Infotainment-Systemen fürs Auto) unterschiedlicher Hersteller laufen. Die Vermarktung soll sowohl
über Nokias „OVI-Store“, als auch Intels „AppUpSM-Center“ laufen. Schirmherr der
Intel-Nokia-Gemeinschaftsentwicklung ist die Linux Foundation. Die erste Meego-Version soll im
zweiten Quartal dieses Jahres verfügbar sein, erste Meego-Geräte werden im Laufe der zweiten
Jahreshälfte erwartet.

Einer Reihe von (primär asiatischen) Herstellern und Entwicklern geht die Offenheit solcher
Linux-Initiativen wie Meego oder auch „Android“ nicht weit genug. Letztlich würden auch hier immer
die Interessen eines oder weniger Marktplayer im Mittelpunkt stehen. Wahre Offenheit und
Unabhängigkeit von Einzelinteressen reklamiert die Linux-Mobile-Foundation (LiMo) für sich. Im
Vergleich zum Vorjahr ist die Unterstützung seitens der Industrie deutlich angewachsen und mit
Vodafone England hat Limo nun erstmals auch im europäischen Markt Fuß gefasst. Der Provider bietet
seit kurzem etwa das Samsung „H1“ Touchscreen-Smartphone mit Opera Mini für Limo an. Zu den
wichtigsten Protagonisten der Limo-Initiative gehören auf Herstellerseite neben Samsung vor allem
NEC, Panasonic und LG, Auf Provider-Seite sind es neben NTT Docomo und eben Vodafone unter anderem
Orange, Verizon, Telefonica und SK Telekom. Zu den Neuankündigungen in Barcelona gehörten die neue
„R3“ Limo-Plattform, neue Handsets (von ELSE, NEC und Panasonic) und die Gründung einer neuen
Wholesale Applications Community.

Stefan Mutschler/LANline


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