Eines der präsentesten Themen auf dem jährlichen Mobilfunk-Event in Barcelona war die
Langzeit-Entwicklung der mobilen Welt, technologisch organisiert in der Long-Term-Evolution- (LTE)
Abteilung des 3rd Generation Partnership Project (3GPP). Für den superschnellen Mobilfunk gibt es
inzwischen eine erkleckliche Auswahl an Laptop-Einsteckkarten, USB-Adaptern und Femtozellen
(Kleinstbasisstationen für Anwender), ebenso wie Basisstationen und Zusatzkomponenten, Antennen,
Messgeräte und vieles mehr für Provider. Das auf dem MWC gezeigte Angebot in Sachen LTE war
geradezu gigantisch.
LTE war bislang als reiner Datendienst konzipiert – derzeit liegen die in der Praxis erzielbaren
Datenraten bei etwa 100 MBit/s. In künftigen Ausbaustufen soll sich LTE über die nächsten drei bis
fünf Jahre bis an die Gigabit-Marke heran schrauben. Doch das war in Barcelona nicht die
Schlagzeile. Die lieferte eine Arbeitsgruppe, die sich in den letzten beiden Jahren mit der
Abbildung des Sprach- und SMS-Verkehrs auf LTE-Netzwerken beschäftigt hat. Die Arbeit dieser „One
Voice“-Initiative wurde in Barcelona von der GSM-Alliance (GSMA) mit der vollständigen Adaption in
einen künftigen „Voice-over-LTE“-Standard (VoLTE), wie die neue Terminologie lautet, gewürdigt. Bis
zum ersten Quartal 2011 soll die vollständig IMS-basierte (IP Multimedia Subsystem) Spezifikation
eines entsprechenden 3GPP-Standards abgeschlossen sein. Die eigentliche Sensation liegt aber auch
nicht hierin, sondern in der umfassenden globalen Unterstützung seitens Hersteller, Provider und
relevanten Organisationen. „Nach über 20 Jahren GSM bekommen wir wohl nun tatsächlich erstmals ein
global einheitliches Mobilkommunikationssystem“, so der Chef-Technologe der GSMA Alex Sinclair
euphorisch auf der GSMA-Pressekonferenz in Barcelona. Immerhin steht bekanntlich das „G“ in GSM
bereits für „Global“ (System for Mobile Communications) – die tatsächliche Situation im Mobilfunk
ist jedoch bis heute alles andere als einheitlich.
Weltweit mehr als 70 Provider zählt die GSMA heute zu ihren Mitgliedern, darunter auch die
Deutsche Telekom – drei neue konnten zum diesjährigen MWC verkündet werden: China Telecom,
KDDI und Verizon Wireless. Zu den großen Namen auf Herstellerseite zählen Alcatel-Lucent, Cisco,
Ericsson, Huawei, LG, Motorola, Nokia, Nokia Siemens Networks, Qualcomm, Samsung und Sony Ericsson.
Nicht alle Mitglieder favorisieren den IMS-basierten Ansatz für die Sprach- und SMS-Vermittlung in
LTE– die Deutsche Telekom beispielsweise hatte den Gegenvorschlag VoLGA (Voice over LTE via Generic
Access) auf der Rechnung. Ihm wird von den meisten Playern aber höchstens eine kurzfristige
Interimsrolle eingeräumt.
Eine weitere Ankündigung der GSMA auf dem MWC war die Bildung einer Großhandelsallianz, um den
stark fragmentierten Applikationsmarkt für Smartphones zu harmonisieren. So haben sich bislang 24
Provider (inklusive Deutsche Telekom) in der „Wholesale Applications Community“
zusammengeschlossen, mit dem Ziel, eine für alle Marktteilnehmer vorteilhafte, offene
Industrieplattform für Applikationen zu schaffen.
Stefan Mutschler/LANline