GfK-Kaufkraftstudie für deutsche Stadt- und Landkreise

Nur leichter Kaufkraftrückgang für das Jahr 2010 erwartet

14. Dezember 2009, 12:35 Uhr |

Nach den Ergebnissen der neuen GfK-Kaufkraftstudie für Deutschland sinkt das verfügbare Einkommen im Jahr 2010 um 42 Euro pro Einwohner. Der Konjunktureinbruch schlägt sich damit nun auch bei den privaten Konsumenten nieder. Diesem nominalen Kaufkraftabfall steht aber eine voraussichtliche niedrige Inflation entgegen. Die Studie von GfK GeoMarketing zeigt zugleich, dass zwischen den Regionen Deutschlands große Unterschiede im Kaufkraftniveau existieren.

Den Bewohnern Deutschlands wird im Jahr 2010 eine Kaufkraft von rund 1.550,2 Milliarden Euro zur
Verfügung stehen. Diese Kaufkraft misst das verfügbare Nettoeinkommen der Bevölkerung inklusive
staatlicher Leistungen wie Arbeitslosengeld, Kindergeld oder Renten. Damit haben die Deutschen 7,5
Milliarden Euro oder 0,5 Prozent weniger Kaufkraft zur Verfügung als im Jahr 2009. Umgerechnet auf
alle rund 82 Millionen Einwohner entspricht das einem Rückgang von 42 Euro pro Person auf
durchschnittlich 18.904 Euro pro Kopf und Jahr, die die Deutschen für Lebensunterhalt und Konsum
ausgeben können.

Angesichts einer vermutlich stagnierenden Lohnentwicklung und wachsenden Arbeitslosigkeit werden
die Deutschen wohl knapper wirtschaften müssen. Ein weiterer Kaufkraftabfall wird durch die
voraussichtlich niedrige Inflation abgebremst. Die Kaufkraft der einzelnen Menschen hängt
insbesondere davon ab, ob sie einen sicheren Arbeitsplatz haben oder beispielsweise durch
Stellenverlust starke Einbußen hinnehmen müssen. Die weitere Entwicklung des Arbeitsmarktes wird
den stärksten Einfluss auf die Konsumfreudigkeit der Haushalte und die Erholung von der
Wirtschaftskrise haben.

Die ewigen Top 3: Hochtaunuskreis, Starnberg, München

Die drei Kreise mit der höchsten Kaufkraft in Deutschland sind wie im Jahr 2009 der
Hochtaunuskreis mit 27.426 Euro, der Landkreis Starnberg mit 27.095 Euro und der Landkreis München
mit 26.057 Euro pro Person.

Unter den 25 Kreisen mit der höchsten Kaufkraft konnte der Landkreis Freising (Bayern) von Platz
17 um drei Positionen nach oben klettern und belegt nun mit 22.581 Euro den 14. Platz. Ebenfalls um
drei Plätze hat sich der Landkreis Erlangen-Höchstadt verbessert und befindet sich nun auf dem 22.
Rang. Die meisten Plätze hat der Landkreis Harburg (Niedersachsen) verloren, der vom 13. auf den
18. Platz abgerutscht ist. Neu unter den Top 25 ist der Landkreis Erding (Bayern), der im
vergangenen Jahr noch auf Platz 28 und nun auf 23 anzutreffen ist. Nicht mehr vertreten ist der
Landkreis Mettmann (Nordrhein-Westfalen), der um 4 Plätze und damit aus den Top 25 fällt. Ansonsten
haben sich maximal Änderungen um zwei Plätze unter den Top 25 ergeben.

Ost-West-Gefälle noch immer deutlich

Der wohlhabendste ostdeutsche Kreis liegt in Brandenburg und heißt Potsdam-Mittelmark. Er
befindet sich auf Rang 190 mit einem verfügbaren Nettoeinkommen von 18.594 Euro je Einwohner. Erst
45 Ränge später trifft man auf den nächsten – ebenfalls an Berlin angrenzenden – ostdeutschen
Kreis: den Stadtkreis Potsdam (Brandenburg) auf Rang 235, gefolgt vom Landkreis Oberhavel
(Brandenburg) auf Rang 247. Unter den 25 Kreisen mit der geringsten Kaufkraft sind nach wie vor nur
ostdeutsche Kreise vertreten. Einzige westdeutsche Ausnahme bildet der Stadtkreis Bremerhaven auf
Rang 401, dessen Einwohner 15.053 Euro zur Verfügung haben. Wie im letzten Jahr belegt den letzten
Platz aller 413 Stadt- und Landkreise der Landkreis Uecker-Randow, trotz einer positiven
Entwicklung des Indexes (+1,0 auf 73,5). Die Einwohner haben hier zwar im Schnitt 163 Euro mehr
Kaufkraft als im Jahr 2009, dennoch aber insgesamt nur 13.893 Euro, was in etwa der Hälfte des
reichsten Landkreises entspricht.

Wachstum gegen den Krisentrend: Osten holt auf

Ein anderes Bild ergibt sich, wenn man das Kaufkraftwachstum der Bundesländer vergleicht: Hier
schlägt der Osten Deutschlands den Westen klar. Unter den 25 Kreisen mit den höchsten positiven
Veränderungen im Vergleich zum Vorjahr befinden sich 23 ostdeutsche und lediglich zwei westdeutsche
Kreise. Diese beiden sind der Landkreis Neustadt an der Waldnaab (Bayern) und der Landkreis St.
Wendel (Saarland), der um 23 Plätze und damit am stärksten in der Rangfolge nach oben klettern
konnte.

Unter den 25 Kreisen mit der höchsten negativen absoluten Veränderung zum Bundesdurchschnitt
befinden sich kein einziger ostdeutscher Kreis, sondern 14 bayerische Kreise, fünf aus
Nordrhein-Westfalen, drei aus Hessen und jeweils einer aus Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und
Niedersachsen. Die Bundesländer mit starker Wirtschaftsleistung wie Bayern, Baden-Württemberg,
Hessen und Rheinland-Pfalz sind nicht zuletzt durch ihre hohe Exportabhängigkeit stärker von der
Krise getroffen worden und somit auch durch gestiegene Arbeitslosenzahlen. Dadurch sank die
Kaufkraft hier im Vergleich zum Bundesdurchschnitt, wovon zugleich die ostdeutschen Bundesländer
profitierten.

Die ostdeutschen Bundesländer: Kaufkraftschwach, aber auf Wachstumskurs

Unter den Bundesländern tauschen die im letzten Jahr am schlechtesten platzierten ihre Position.
Das ehemalige Schlusslicht Sachsen-Anhalt wird von Mecklenburg-Vorpommern abgelöst. Mit einer
Kaufkraft von 15.672 Euro pro Kopf nimmt nun Mecklenburg-Vorpommern den letzten Platz ein und hat
etwa 17 Prozent weniger Kaufkraft als der bundesweite Durchschnitt zur Verfügung. Ansonsten haben
sich keine weiteren Änderungen in der Reihenfolge der Bundesländer ergeben. Bayern (20.505 Euro
Kaufkraft pro Einwohner) führt noch immer vor Hessen (20.343 Euro) und Baden-Württemberg (20.227
Euro). Trotz der Tatsache, dass Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern im Vergleich der
Bundesländer am wenigsten Kaufkraft haben, zählen sie dennoch – neben Brandenburg und Thüringen –
zu den Bundesländern mit den höchsten Kaufkraftgewinnen. In Sachsen-Anhalt werden die Einwohner
durchschnittlich 146 Euro mehr im Geldbeutel haben, gefolgt von Brandenburg mit 126 Euro und
Mecklenburg-Vorpommern mit 120 Euro pro Person. Im Gegensatz dazu nimmt der Index des Bundeslands
Berlin um 0,3 Prozent ab, sodass der durchschnittliche Berliner 96 Euro weniger Kaufkraft als noch
im Jahr 2009 zur Verfügung haben wird. Ähnlich verhält es sich für die Bewohner in den
Bundesländern Bremen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Hessen, die ebenfalls alle gut 80 Euro
weniger haben werden.

Zur Studie

Die Kaufkraft wird seit 1937 jährlich von der GfK berechnet. Die Studie bezeichnet das
verfügbare regionale Einkommen nach Steuern und Sozialabgaben inklusive staatlicher Leistungen. Sie
wird pro Kopf und Jahr in Euro und in Form eines Index (deutscher Durchschnitt = 100) ausgewiesen.
Basis der Berechnung sind, neben der Lohn- und Einkommenssteuerstatistik, einschlägige Statistiken
zur Berechnung der staatlichen Leistungen sowie Prognosewerte der Wirtschaftsinstitute. Die GfK
Kaufkraft wird für alle deutschen Stadt- und Landkreise, für alle Gemeinden und Postleitzahlgebiete
sowie für 2,5 Millionen Straßenabschnitte berechnet.

Die GfK Kaufkraft ist definiert als die Summe aller Nettoeinkünfte der Bevölkerung, bezogen auf
den Wohnort. Neben dem Nettoeinkommen aus selbstständiger und nicht selbstständiger Arbeit werden
ebenso Kapitaleinkünfte und staatliche Transferzahlungen wie Arbeitslosengeld, Kindergeld und
Renten zur Kaufkraft hinzugerechnet. Von diesem verfügbaren Einkommen sind allerdings noch nicht
die Ausgaben für Lebenshaltungskosten, Versicherungen, Miete und Nebenkosten wie Gas- oder Strom,
Bekleidung oder das Sparen abgezogen. Folglich bedeutet ein nominaler Anstieg der Kaufkraft nicht
zwangsläufig, dass jedem Einzelnen real mehr Geld zur Verfügung steht, wenn die aufgeführten
Ausgaben deutlicher ansteigen. Zudem können regional verschiedene Miet- und Lebenshaltungskosten
bedeuten, dass eine überdurchschnittliche Kaufkraft in einer Region nicht vollständig in den Konsum
fließt, sondern in Form von höheren Mieten und ähnlichen Fixkosten gebunden ist. Die Deutschen
geben im Bundesschnitt etwa ein Drittel ihrer Kaufkraft im Einzelhandel aus. Die übrigen zwei
Drittel der Kaufkraftsumme fließen in monatliche Fixkosten wie Mieten, Energiekosten, private
Altersvorsorge und Versicherungen, Sparen sowie andere Ausgaben, beispielsweise Urlaub oder
Verkehr.

Darüber hinaus ist auch zu berücksichtigen, dass die Kaufkraft einer Region ein
Durchschnittswert der dort lebenden Bevölkerung ist und nichts über die Kaufkraft einzelner
Individuen, die Kaufkraft je Haushalt oder über die dahinter liegende Einkommensverteilung und
damit die Schere zwischen Arm und Reich aussagt.

LANline/jos


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