Bei den Redundanzkonzepten der höheren Qualitätsstufen Tier II bis Tier IV wird grundsätzlich zwischen N+1-, 2N- und 2(N+1)-Redundanzen unterschieden. Die Abkürzung „N“ (für engl. Need) bezeichnet dabei die Kapazität, die zur hinreichenden Versorgung der angeschlossenen Verbraucherlast erforderlich ist.
Bei N+1-Redundanzen (Tier II) wird gewöhnlich parallel zur benötigten USV-Lösung ein zweites identisches USV-System betrieben; die anfallende Verbraucherlast wird zu gleichen Teilen zwischen den Geräten aufgeteilt. Fällt eine USV aus, stellt das zweite System die Versorgung der Verbraucher sicher. Dieses Konzept hat indessen eine Schwachstelle: Beide USV-Anlagen werden über ein und dieselbe Netzzuleitung gespeist: Fällt diese aus, ist die Stützfunktion trotz Mehrfachauslegung gefährdet.
Einen möglichen Ausweg bieten 2N-Redundanzen (Tier III): Sie ähneln zwar im Aufbau dem N+1-Konzept; die USV-Systeme werden bei dieser Lösung aber von zwei verschiedenen Netzzuleitungen gespeist. Diese so genannte Mehrfach- beziehungsweise A/B-Einspeisung sorgt dafür, dass die Stromversorgung der Verbraucher selbst noch bei einem Ausfall der Niederspannungshauptversorgung sichergestellt ist. Der Unterschied zu Lösungen ohne redundanten Strompfad ist beträchtlich: Während N+1-Redundanzen mit einer jährlichen USV-Ausfallzeit von 22 Stunden kalkuliert werden, beträgt die zur erwartende Ausfallzeit bei 2N-Redundanzen lediglich 1,6 Stunden.
Noch einmal halbieren lässt sich diese Ausfallzeit durch die Realisierung von 2(N+1)-Redundanzen (Tier IV). Sie kombinieren gewissermaßen das N+1- und 2N-Konzept: An zwei verschiedenen Netzzuleitungen werden je zwei USV-Systeme parallel betrieben. Fällt eine Zuleitung aus, steht über die zweite Zuleitung noch immer eine redundante USV-Lösung zur Verfügung, die selbst noch den Ausfall eines der beiden USV-Geräte kompensieren könnte. Aus diesem Grund weisen 2(N+1)-Redundanzen die geringsten Ausfallzeiten auf: Aufs Jahr gesehen, muss mit einer kumulierten USV-Downtime von nur 0,8 Stunden gerechnet werden. Bei dieser Ausfallzeit spricht man von einer Verfügbarkeit von 99,99 Prozent. Maßgeblich ist hier die Definition von Verfügbarkeit als Prozentsatz der Zeit, in der die Versorgung vorhanden ist.
Zur Berechnung dieses Prozentsatzes wird die Formel A= MTBF/(MTBF+MTTR) verwendet. Der MTBF-Wert bezeichnet die „Mean Time Between Failures“, also die Zeit, die durchschnittlich zwischen zwei auftretenden Fehler liegt; der MTTR-Wert die „Mean Time To Repair“, also die Zeit, die in aller Regel für die Reparatur des defekten Gerätes benötigt wird.
Diese Werte werden nun allerdings nicht immer einheitlich kalkuliert: Beim MTTR-Wert beispielsweise wird zum Teil vorausgesetzt, dass bei Ausfall der USV sowohl Fachpersonal als auch alle Ersatzteile vor Ort sind und der Defekt entsprechend schnell behoben werden kann. Ohne diese Voraussetzung ergibt sich logischerweise ein höherer Wert, was die Gesamtrechnung verändert. Verfügbarkeitsangaben sind deshalb nicht immer ganz eindeutig.
Auf diese Weise erklärt sich auch, dass mit den beschriebenen Redundanzkonzepten gelegentlich andere Verfügbarkeitswerte verbunden werden als in der Aufstellung des Uptime Institute. So kommen manche Berechnungen schon bei 2N-Redundanzen auf eine Verfügbarkeit von 99,99 Prozent; der 2(N+1)-Redundanz wird dann sogar eine Verfügbarkeit von bis zu 99,9999 Prozent zugeschrieben. Träfe diese Einschätzung zu, käme man hier auf eine zu erwartende jährliche USV-Downtime von nur noch 32 Sekunden.
Zuverlässigkeit |
Nichtverfügbarkeit pro Jahr |
99 Prozent |
88 Stunden |
99,9 Prozent |
8,8 Stunden |
99,99 Prozent |
53 Minuten |
99,999 Prozent |
5,3 Minuten |
99,9999 Prozent |
32 Sekunden |
99,99999 Prozent |
3,2 Sekunden |
Ausfallzeiten in Abhängigkeit der Verfügbarkeit
Für RZ-Betreiber, die mit der Konzeption einer bedarfsgerechten USV-Lösung befasst sind, sind solche Abweichungen verständlicherweise verwirrend. Das gilt vor allem mit Blick auf die Bereiche, in denen Hochverfügbarkeit nach Tier IV realisiert werden soll. Lassen sich 99,99 Prozent Verfügbarkeit, welche das Uptime Institute als Schwelle für Hochverfügbarkeit angibt, womöglich doch schon mit einer 2N-Redundanz erreichen? Diese Frage ist auch deshalb bedeutsam, weil die höherstufige 2(N+1)-Redundanz mit einer geringeren Auslastung der USV-Systeme und damit höheren Betriebskosten einhergeht. Ist es also aus Kostengründen vernünftiger, sich mit einer 2N-Redundanz zu begnügen oder geht man damit ein unkalkulierbares Risiko ein?