Super-Caps für Rechenzentrums-USVs

Plädoyer für Kondensatortechnik

30. August 2010, 6:00 Uhr | Horst Münnich, Channel Manager AEG Power Solutions

So genannte Doppelschicht-Kondensatoren können eine leistungsfähige Alternative für die Batterietechnik in der USV-Anlage bieten. Neben ihrer Unempfindlichkeit gegenüber mechanischen und elektrischen Einflüssen punkten sie auch beim Umweltverhalten, da sie meist keine Schwermetalle enthalten.

Rechenzentren mit höchstmöglicher Effizienz zu betreiben, ist Ziel jedes Planers und Betreibers.
Da gleichzeitig die Sicherheit im Vordergrund steht, wird das RZ nach Tier 3 oder 4 aufgebaut
(siehe dazu auch den Artikel auf Seite 22). In diesem Konzept sind Batterien heute Standard, bieten
durch den chemischen Prozess aber häufig nicht kalkulierbare Ausfallrisiken. Da bei jedem RZ eine
oder auch mehrere Netzersatzanlagen (NEAs) in die Architektur eingebunden sind und diese innerhalb
von 15 Sekunden nach Netzausfall netzparallel hochfahren, geht es nur darum, die Bridgepower von 15
Sekunden möglichst sicher und effektiv zu erzeugen. In den letzten Jahren ist mit den so genannten
Super-Caps oder Ultrakondensatoren eine neue Energiespeichertechnik in den Mittelpunkt gerückt, die
sich ideal zur Erzeugung der Bridgepower eignet.

Weiterentwicklungen bei der Hardware und hohe Skalierbarkeit machen die Super-Cap-Technik für
das RZ interessant. Eine schnelle Energieentnahme und -abgabe prädestinier sie vor allem dazu,
kurzzeitige Versorgungsdefizite auszugleichen. Vor dem Hintergrund, dass wohl ein generelles
Abnehmen der Netzqualität aufgrund des ökologisch erforderlichen und politisch gewollten
Energiemixes bevorsteht, werden die RZs verstärkt mit kurzzeitigen, aber regelmäßig auftretenden
Versorgungsbeeinträchtigungen umgehen müssen. Vor allem durch die "zunehmende unstetige, dezentrale
Einspeisung von Strom (Photovoltaik, Wind) gelangen" – so das Projekt NetzQ (TU München, Elysis FH
Nürnberg und Siemens u.?a.) – "elektrische Energieversorgungsnetze immer mehr an die Grenzen ihrer
Belastungsfähigkeit". Schon jetzt sind Spannungsstöße (mit weniger als 4 ms), -spitzen und
-einbrüche (weniger als 16 ms), also ausgesprochene Kurzzeitphänomene, das Hauptproblem im RZ.
Super-Caps sind durchgehend und ohne Reaktionszeit einsatzfähig, um bei Stromausfall oder
-unterbrechung zusammen mit der NEA einen 24/365-Betrieb sicherzustellen.

Wartungsarmut und Robustheit

Ursprünglich für den Outdoor-Einsatz konzipiert, sind Super-Caps bei Lagerung und Betrieb mit
einem Korridor von –?40° C bis ?65° C außerordentlich hitze- und kälteresistent. Je nach
Modell und Typ kann ein Super-Cap mit fast unbegrenzten Lade- und Entladezyklen bis zu 20 Jahre
genutzt werden. Neben der langen Lebensdauer zeichnen sich die Ultrakondensatoren durch den nicht
vorhandenen Wartungsbedarf sowie reduzierte Lebenszykluskosten aus. Während Batterien aufgrund
ihrer elektrochemischen Zusammensetzung jährlich eine umfangreiche Pflege und Überwachung benötigen
und Zellen teilweise in relativ kurzen Intervallen ausgetauscht werden müssen, erfordern die
Kondensatoren für einen gesicherten Betrieb kaum Aufwand bei Wartung und Lagerung. Aufgrund ihres
modularen Aufbaus lassen sie sich abhängig von den Erfordernissen in einem RZ flexibel skalieren
und benötigen deutlich weniger Stellfläche als Akkumulatoren.

Zudem zeichnen sich Ultrakondensatoren auch durch eine hohe Toleranz von Überspannungen und
außergewöhnlich hohen Leistungseinspeisungen aus. Gleichzeitig sind sie am Ende ihres Lebenszyklus
umweltfreundlich entsorgbar. Sie erfüllen die RoHS-Standards gemäß der EU-Direktive 2002/95/EC,
indem sie – in der Regel – keine Schwermetalle wie Blei, Cadmium oder Quecksilber enthalten und
daher nicht als Sondermüll klassifiziert sind.

Energieeffizienz

Abgesehen von Sicherheit und Wartungsfreundlichkeit ist Energieeffizienz ein zentrales
Leistungskriterium für USV-Systeme. Sie tragen nicht unerheblich zum Energieverbrauch in RZ bei.
Daher ist die Optimierung ihres Wirkungsgrads entscheidender Faktor bei der Eindämmung steigender
Energiekosten. Super-Caps erfüllen diese Anforderungen in besonderem Maße: Sie halten Ladungen über
längere Zeiträume ohne Kapazitätsverluste und geben sie nahezu vollständig ab. Lade-, Abgabe- und
(Wärme-)Energieverluste bleiben minimal. Mit geringem Serienersatzwiderstand (ESR) und ihrer
Energieeffizienz von 95 Prozent reduzieren sie nicht nur Stromkosten. Ultrakondensatoren benötigen
vor allem eine geringere Entlüftung, da hier – im Gegensatz zu Batterien – keine Gasung
stattfindet.

Schnelle Ladung und Entladung

Super-Caps liefern kurzfristig hohen Strom für unbegrenzte Zyklen und sind nahezu sofort wieder
einsatzbereit. Sie zeichnen sich gegenüber traditionellen Bleiakkus aus durch eine sehr viel
höhere, zügige und linear verlaufende Aufnahme von Energie, die fast vollständig und vor allem
schnell abgegeben werden kann. Die vielen Vorteile resultieren in deutlich niedrigeren Betriebs-
und Lebenszykluskosten. Durch den weitgehenden Wegfall des Wartungs- und Monitoring-Aufwands für
Batterien können sich die IT-Verantwortlichen auf ihre eigentlichen Kernaufgaben konzentrieren. Wie
Akku-USVs garantieren Super-Caps hohe IT-Ausfallsicherheit.

Das physikalische Prinzip der Ultrakondensatoren (auch: Doppelschicht-Kondensatoren) wurde zum
Ende des 19. Jahrhunderts entdeckt. Die Entwicklung hin zu einem industriell nutzbaren Standard
begann jedoch erst 1986. Bausteine für hohe Leistungen sind seit 1999 auf dem Markt erhältlich
(5000 F und 2,3 bis 2,7 V pro Zelle). Der verwendete Carbon-Grundstoff ist elektrisch leitfähig und
reagiert chemisch nur wenig. Eine große Oberfläche (siehe Bild auf Seite 18) und Schichtelektroden
korrespondieren mit einer dielektrischen Schicht mit einer Stärke von zehn Nanometer. Die
Kombination aus großer Oberfläche und geringer Schichtdicke sorgt für eine hohe Kapazität.


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