Im Interview: Thomas Hoffmann, Euromicron, zur Entwicklung des Kabelmarkts

Qualität ist oberste Prämisse

13. Mai 2010, 10:12 Uhr | Dr. Jörg Schröper

Die Wirtschafts- und Finanzkrise hat im vergangenen Jahr auch den Verkabelungsmarkt beeinflusst. Dennoch gab es durch neue Techniken wie 10, 40 und 100GbE wichtige Impulse. Im Gespräch mit der LANline nahm Thomas Hoffmann, Vorstand von Euromicron und intimer Kenner der Branche, Stellung zu den aktuellen Entwicklungen nicht nur in seinem Unternehmen. Er plädiert für hochwertige Lösungen, die eine möglichst große Zuverlässigkeit und Investitionssicherheit bieten.

LANline: In einigen Bereichen der Wirtschaft scheint die Finanzkrise mittlerweile überwunden,
andere Sparten leiden noch immer. Wie sieht Ihre Bilanz für den Verkabelungsmarkt aus, besonders im
LWL-Segment? Welche Position nimmt Euromicron ein?

Hoffmann: Wir haben gerade Ende März unsere Bilanz für 2009 vorgelegt, und wie in den
zurückliegenden Jahren haben wir unser Wachstumsziel erreicht. Dem besten Geschäftsjahr unserer
Unternehmensgeschichte im Krisenjahr 2008 folgte 2009 somit erneut das beste Geschäftsjahr mit
einem Umsatz von 187,3 Millionen Euro und einem Konzernergebnis vor Steuern, Zinsen und
Abschreibungen von 21,1 Millionen Euro. Das ist ein Plus von zwölf Prozent. Mittlerweile sehen
viele Unternehmen wieder optimistisch in die Zukunft, was unsere Zuversicht weiter verstärkt.
Euromicron hat die Weltwirtschaftskrise weitgehend unbeschadet überstanden. Wir mussten lediglich
Auftragsverschiebungen – insbesondere aus 2009 in 2010 – hinnehmen. Das bestätigt uns in unserer
Auffassung, dass die Netzwerkinfrastruktur ein Schlüsselfaktor für künftiges Wirtschaftswachstum
von Kommunen, Regionen und Ländern ist. Und hier sind wir als Komplettlösungsanbieter für
Kommunikations-, Daten- und Sicherheitsnetzwerke hervorragend aufgestellt.

LANline: Was heißt das im Detail?

Hoffmann: Die Netzwerkinfrastrukturen von Euromicron integrieren Sprach-, Bild- und
Datenübertragungen drahtlos, über Kupferkabel und mittels Glasfasertechnik. Auf diesen
Netzwerkinfrastrukturen bauen wir zudem unsere Applikationen wie Kommunikations-, Sicherheits-
Kontroll- oder Überwachungssysteme auf. Ein besonderer Fokus liegt dabei auch in Wachstumsmärkten
wie E-Health, Smart Grid oder auch Windenergie und Photovoltaik.

LANline: Gibt es Besonderheiten im Verkabelungsmarkt?

Hoffmann: Wir stellen seit geraumer Zeit fest, dass der Verkabelungsmarkt mehr und mehr vom
LWL-Segment dominiert wird. Dies ist nicht verwunderlich, da es hier von mehreren Seiten quasi zu
einem Push-and-Pull-Effekt kommt. Zum einen sind es natürlich die Kunden, die die neuesten
Web-2.0-Anwendungen und -Services nutzen möchten oder müssen und die dafür ein Hochleistungsnetz
benötigen. Zum anderen sind aber auch die am Markt tätigen Hersteller bei einer erfolgreichen
Positionierung ihrer Neuprodukte auf eine belastbare Glasfaserinfrastruktur angewiesen. Nicht
zuletzt wird die Wettbewerbsfähigkeit der Carrier und Provider von modernen, zukunftsfähigen
Glasfasernetzen bestimmt. Kommunen und Landkreise, ganze Regionen unterliegen dem gleichen Druck,
da sich schon bald kein modernes Unternehmen mehr dort ansiedeln wird, wo kein Hochleistungsnetz
zur Verfügung steht. Alle diskutierten Alternativen zum Glasfasernetz bis ins Haus können nur
Zwischenlösungen sein – es sind keine wirklichen Alternativen.

LANline: Wie reagiert Ihr Haus darauf?

Hoffmann: Bei unseren jüngsten Lösungen in der Netzwerkinfrastruktur für Stadtwerke, Carrier und
Provider haben wir Glasfaseranschlüsse bis ins Haus realisiert. Wir haben uns in diesem Bereich als
innovativer und verlässlicher Partner etabliert und sind durch unser bundesweites
Niederlassungsnetz immer nah am Kunden. Mit dieser mittelständischen Prägung, zudem verbunden mit
der personellen Stärke und dem Know-how, das in unserem Konzern gebündelt ist und das auch zum
Beispiel in unserer Mitgliedschaft im FTTH Council Europe zum Ausdruck kommt, nehmen wir in
Deutschland eine relativ einmalige Position ein. Qualität ist unsere oberste Prämisse.

LANline: Als Treiber für hohen Bandbreitenbedarf bis in die Rechenzentren hinein gelten unter
anderem Consumer-lastige Anwendungen wie IP-TV. Wie schätzen Sie die Entwicklung in Deutschland für
die nächsten Jahre ein? Welche Rolle spielen politische Entscheidungen, welche Rolle spielt die
Technik?

Hoffmann: Die Entwicklung ist rasant und längst nicht mehr nur von den Consumer-lastigen
Anwendungen getrieben. Alle Entwicklungen und Trends im Bereich der Informations- und
Telekommunikationstechnologie – sei es Cloud oder Internet Computing – setzen auf hohe Bandbreiten.
Auch der Trend zu mobilen Endgeräten wie Smart Phones verlangt letztlich ein breitbandiges Festnetz
auf Glasfasertechnik als Basis. Das Tempo der Innovationen und das Ausmaß der weltweiten
Durchdringung zeigen, dass der Einsatz mobiler Endgeräte weiter steigen wird und diese zunehmend
stationäre Rechner für Beschäftigte und Kunden ersetzen werden. Gleichzeitig steigen
Datenübertragungsraten und Speicherkapazitäten, Netbooks und Smart Phones werden immer
leistungsfähiger und ermöglichen die Nutzung neuer mobiler Services, die ebenfalls rasant zunehmen.
Und dafür muss die mobile Datenübertragung bereits beim nächsten Sendemast in ein
hochleistungsfähiges Breitbandnetz überführt werden. Dass dies noch nicht möglich ist, erklärt,
warum die Mobilfunknetze in vielen dicht besiedelten Gebieten und Großstädten regelmäßig
zusammenbrechen. Der stockende Ausbau hochleistungsfähiger Breitbandnetze in der Bundesrepublik ist
meines Erachtens auf die offenen Fragestellungen bei der Regulierung dieses Marktes zurückzuführen.
Hier muss die Politik konstruktiv tätig werden. Ich denke, darauf bauen alle Marktteilnehmer.

LANline: Neue Technik kommt meist in den Rechenzentren zuerst zum Einsatz. Wie sehen Ihrer
Einschätzung nach die aktuellen Marktentwicklungen bei 40 und 100GbE aus?

Hoffmann: Investitionssicherheit sollte neben der höchstmöglichen Zuverlässigkeit als
entscheidender Faktor bei der Verkabelung in Rechenzentren gelten. Wenn Sie mich nach der
Marktentwicklung fragen, so gehe ich qua Profession davon aus, dass sich langfristig immer die
schnellere Lösung durchsetzen wird. Das ist in der Regel die neueste Entwicklung – natürlich eher
Glasfaser, eher mehr Multimode-Technik und OM4. Doch bei jedem Projekt gilt es sehr differenziert,
die vorhandene Struktur, die Anforderungen und den mittel- bis langfristigen Bedarf zu analysieren
und darauf das Konzept für die Verkabelung eines Rechenzentrums im Sinne des Kunden zu bauen. Die
bessere, neuere Technik kann in der praktischen Anwendung unter bestimmten Umständen die
schlechtere Lösung sein. Es ist – bei identischer Bedarfsanalyse – ein enormer Unterschied, ob ein
Rechenzentrum nachgerüstet wird oder neu entsteht.

LANline: Kupfer ist also nicht tot?

Hoffmann: Auch für eine Kupferverkabelung kann es gute Gründe geben. Zielführend ist
selbstverständlich eine strukturierte Verkabelung. Ich bin da sehr vorsichtig hinsichtlich
Empfehlungen für eine bestimmte Technik, da diese ganz individuell ausgewählt werden muss. Die
Anzahl der Hierarchieebenen, die Größe des Raumes – all dies spielt eine Rolle. Man kann mit gutem
Gewissen sagen, dass ab einer bestimmten Raumgröße auf jeden Fall Glasfaser zum Einsatz kommen
muss.

LANline: Herr Hoffmann, vielen Dank für das Gespräch.


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