Anlagenbauer mit neuem Gesamtkonzept

RZ-Design im Wandel

26. Februar 2015, 7:00 Uhr | Stephan Lang, Head of Business Unit IT & Telecoms bei M+W Group, www.mwgoup.net./jos

Rechenzentren sind Infrastrukturelemente mit stark zunehmender Bedeutung. Damit unterliegen sie auch dem Zwang zur Anpassung an sich ändernde Randbedingungen der IT-Landschaft. Der Anlagenbauer M+W Group hat ein neues RZ-Design erarbeitet, das konservative Ansätze mit innovativen Lösungen für Gebäude, Kühlung und Energieversorgung verbinden soll.

Wie Verkehrswege und Energieversorgung zählen heute auch Rechenzentren zu der für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Landes entscheidenden Infrastruktur. In Deutschland sind damit laut Bitkom derzeit etwa 200.000 Arbeitsplätze direkt oder in Systemhäusern, Baufirmen und bei Dienstleistern verbunden. Angesichts dieser Zahlen und der bestehenden Wettbewerbssituation ist es verständlich, dass die aktuellen Optimierungsbemühungen bezüglich Kosten, Sicherheit, Flexibilität und vor allem Energieverbrauch und Energieeffizienz auch die Errichtung und den Betrieb von Rechenzentren erfasst haben. Der Anlagenbauer M+W Group ist mit rund 8.000 Mitarbeitern ein weltweit operierendes Unternehmen für Planung, Engineering und Ausführung von komplexen Industrie- und Infrastrukturprojekten, darunter auch Rechenzentren unterschiedlicher Größe. Der Leistungsumfang erstreckt sich dabei von der Konzeptentwicklung über diverse Dienstleistungen bis zur schlüsselfertigen Komplettlösung. Die über viele Jahrzehnte aufgebaute Kompetenz des Unternehmens soll für eine zügige Umsetzung, hohe Qualitätsstandards und ausgeprägte Kosteneffizienz sorgen. Dazu gehören außerdem die Bereiche Prozesstechnologie, Automatisierungstechnik und Gebäudeinfrastruktur.
Noch vor Kurzem waren es vor allem statische Parameter wie Größe, Leistungsfähigkeit und Energiebedarf (Power), Betriebssicherheit und Sicherheitsmechanismen (Protection) sowie Standort (Proximity) eines Rechenzentrums, die bei dessen Planung und Errichtung zu beachten waren. Das heutige Umfeld mit nahezu ungebremster Digitalisierung, rasant wachsenden Datenvolumen, einer Zunahme mobiler Geräte und vor allem dem Trend zur Auslagerung von Daten in eine "Cloud" ergänzt die statischen Parameter um zusätzliche dynamische Kriterien wie Geschwindigkeit, Flexibilität und Skalierbarkeit. Als Reaktion darauf hat M+W mit seinem "IDDC" (Innovatives Delta Data Center) ein darauf ausgerichtetes Konzept für Planung und Errichtung neuer Rechenzentren vorgestellt. Dieses erfüllt die Grundforderungen der im Kern konservativen und auf Sicherheit bedachten Branche, berücksichtigt jedoch auch die aktuellen Forderungen nach Energieeffizienz, Skalierbarkeit und sparsamer Flächennutzung. Bild 1 zeigt schematisch das IDDC mit seinen drei Bausteinen "Vorgefertigtes Gebäudesystem", "Innovatives Kühlsystem" und "Nachhaltige Energieerzeugung".
Das Gebäude eines Rechenzentrums sollte ebenso sorgfältig geplant und errichtet werden wie sein IT-Innenleben. Dient es doch als sichere "Hülle" für die Server mit ihren wertvollen Daten und zugleich als funktionsgerechtes Umfeld für die darin beschäftigen Personen mit ihren Arbeitsabläufen. Der Baustein "Vorgefertigtes Gebäudesystem" des IDDC soll diese Forderung dadurch erfüllen, dass er die Vorteile klassisch errichteter fester Gebäude mit denen modularer, gestapelter Container vereint.
Die im IDDC vorgesehenen Gebäude sind aus extern vorgefertigten Gebäudemodulen mit flexiblen Abmessungen (Breite und Höhe bis vier Meter, Länge bis 15 Meter) aufgebaut. Mit ihrer spezifischen Ausgestaltung und Einrichtung bilden die Module bestimmte Funktionsräume für Server, Kühltechnik, Büro oder Lager oder Gebäudeteile wie Treppenhaus oder Verbindungsgänge. Insgesamt formen diese Module ein komplettes Datencenter mit zum Beispiel 1.500 m² Fläche. Dieses lässt sich durch baugleiche Module sowohl in einer Ebene als auch in die Höhe mit drei Ebenen erweitern. Dies soll für eine flexible und kostengünstige Erweiterungsstrategie sorgen.
Die Gebäudemodule werden außerhalb der Baustelle in Spezialunternehmen individuell gebaut, mit der entsprechenden Technik ausgestattet und geprüft sowie schließlich vor Ort zusammengesetzt und in Betrieb genommen.
Der Nutzen dieser modularen, extern gefertigten Gebäudetechnik liegt in einer erheblichen Abkürzung von Bau und Montage durch parallele Arbeitsabläufe einschließlich Vorab-Prüfung der eingebauten Komponenten. Die daraus resultierende Zeitersparnis beträgt nach Plan etwa 40 bis 50 Prozent und generiert damit auch spürbar günstigere Werte bei den Parametern Time to Market und ROI. Gegenzurechnen sind Transportkosten und mögliche Schwierigkeiten hinsichtlich Einhaltung lokaler Vorschriften, die jedoch den Gesamtnutzen dieses Konzeptes kaum beeinträchtigen.
"Fan Tower" ist die Bezeichnung des für das IDDC konzipierten Kühlsystems. Es handelt sich dabei um ein Umluftsystem (Mischluft und Außenluft ist ebenfalls möglich) mit geringem internen Druckverlust (nur 100 Pa) dank einer optimierten Luftführung und besonders großer Wärmetauschflächen. Dies verringert den Energiebedarf der Ventilatoren um 50 bis 70 Prozent gegenüber konventionellen Umluftkühlsystemen. Die Führung der Rückluft erfolgt durch das Plenum ohne Doppelboden in den Fan Tower und den Kaltraum und von dort über Filter und Kühlwand als kalte Zuluft zurück zu den Servern. Das System erreicht selbst dann einen durchschnittlichen PUE-Wert von 1,15. Dies bedeutet einen hocheffizienten Energieeinsatz, da nur 15 Prozent der im Rechenzentrum gesamt eingesetzten Energie zur Wärmeabführung (und damit nicht für Rechner und Rechenleistung) dienen.

Bild 2. Modulares Gebäudekonzept mit einfacher Ausbaumöglichkeit.

Bild 1. Die drei Kernbausteine des IDDC-Systems.

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