Datacenter

Server für eine grünere Zukunft

16. Februar 2012, 10:42 Uhr | Dirk Jarzyna, Redaktion funkschau

Fortsetzung des Artikels von Teil 2

New Kids on the Block

Microserver sind ein Konzept, das den geringen Platzbedarf und den Energiekonsum der Blade-Server nochmals reduziert, allerdings sind Microserver nicht für jeden Zweck geeignet.
Microserver sind ein Konzept, das den geringen Platzbedarf und den Energiekonsum der Blade-Server nochmals reduziert, allerdings sind Microserver nicht für jeden Zweck geeignet.
© HP

Das Netbook ist tot, es lebe der Netbook-Server. Das Netbook kehrt zurück, diesmal trifft man es aber nicht im Flugzeug, Zugabteil oder Vorlesungssaal, sondern als Microserver im Datacenter. Das Konzept existiert schon länger: Bereits 2009 präsentierte Intel ein Design für eine neue Kategorie „Microserver“, das 16 hot-swappable Microserver-Module in einem 5HE-Rack vorsah. Und im Januar 2011 veröffentlichte das Server-System-Infrastructure-Forum (SSI) in Zusammenarbeit mit Intel, Server-Hardware-Hersteller Quanta und Board-Hersteller TYAN die Micro-Module-Server-Specification, Version 1.0. Das Interesse an diesem Konzept wächst, geschürt durch Ankündigungen gewichtiger Unternehmen: Facebook plant Microserver in den eigenen Rechenzentren einzuführen, und Mozilla nutzt sie bereits für das eigene Download-Portal. Nach einem Blick auf Intels Microserver-Spezifikation ist klar, dass es sich bei einem „echten“ Microserver um etwas anderes handelt, als solche Server-Hardware, die beispielsweise Hewlett-Packard gerade als Microserver vermarktet. Bei HP handelt es sich lediglich um Hardware in einem Micro-Tower-Gehäuse. Auch Fujitsus Primergy-Micro-Server trifft es nicht.

Ein typischer Microserver verfügt über zwei oder vier Slots für Hauptspeichermodule, zwei Ethernet-Ports und SATA-Ports für den Anschluss von bis zu vier Festplattenlaufwerken. Anders als ein typischer Blade-Server enthält ein Microserver normalerweise keinen Managementprozessor. Als Prozessoren kommen gegenwärtig vor allem energiefreundliche Prozessoren wie Intels Atom und Xeon E3 oder AMDs Athlon und Phenom zum Einsatz. Zukünftig werden vermutlich auch andere Hersteller mit Multi-Core-Chips eine Rolle spielen, beispielsweise Tilera, außerdem ARM-Prozessoren. Derweil hat Intel bereits Pläne für neue, auf den Microserver zielende Prozessoren bekannt gegeben, darunter ein auf der Atom-Architektur basierender Serverprozessor sowie neue Xeon-Prozessoren mit Leistungsaufnahmen von 45 bis unter zehn Watt.

Um zu sehen, wie es um Microserver gegenwärtig bestellt ist, lohnt sich ein Blick auf Dells Produktfamilie „PowerEdge C5000“. Jeder Microserver verfügt über vier Speicher-Slots für insgesamt bis zu 32 GByte Arbeitsspeicher, einen Intel-82580DB-Gigabit-Ethernet-Adapter und vier SATA-Ports. Folgende Prozessoren stehen zur Wahl: ein Socket, zwei oder vier Kerne pro Prozessor mit Unterstützung von bis zu 65 Watt Thermal-Design-Power (TDP) im12-fach-Chassis; ein Socket, zwei oder vier Kerne pro Prozessor mit Unterstützung von bis zu 95 Watt TDP im 8-fach-Chassis; Intel-Xeon-E3-1200-Serie oder Core-i3-2120, Core-i3-2120 und E3-1220L L2/L3-Cache: 3MByte, E3-12xx L2/L3-Cache: 8 MByte. Das C5000-3HE-Chassis besitzt zwei redundante, hot-pluggable 1400-Watt-Netzteile und nimmt bis zu zwölf Microserver oder, wie Dell sie nennt,  Schlitten, auf.

Ein anderer Serverhersteller, der sich an Intels Design und der SSI-Spezifikation orientiert, ist das noch junge Unternehmen Sea Micro. Das SM10000-Chassis von Sea Micro umfasst 10 Höheneinheiten und nimmt 64 Microserver-Module auf. Damit bringt es ein komplett bestücktes System auf 768 Intel-Atom-Cores mit einer 1,28-Terabit/s-Interconnect-Fabric, 64 1-GBit- oder 16 10-GBit/s-Uplinks und bis zu 64 SATA-SSD/Hard-Disks. Das System integriert Load-Balancing, Ethernet-Switching und Management. Die Stromaufnahme ist geringer als 3,5 KW.

Das SM10000-System ist das Microserver-System, das Mozilla erfolgreich einsetzt. Verglichen mit der zuvor eingesetzten Blade-Server-Infrastruktur reduzierte Mozilla damit laut Aussage von Justin Fitzhugh, bei Mozilla verantwortlich für Engineering und Infrastruktur, den Strombedarf um vier Fünftel pro HTTP-Request und den Platzbedarf im Rechenzentrum um mehr als drei Viertel.

Microserver sind also energieeffizienter und benötigen – im Fall des SM10000-Systems – bei gleicher Rechenleistung nur rund ein Viertel des Platzes, den andere Server einnehmen würden. Sie sind nicht für kritische Spitzen-Workloads oder zur Ausführung riesiger Datenbank-Applikationen ausgelegt, aber ideal für Web-Hosting, Social-Networking, Downloads oder Video-Streaming.

Das Konzept des Microservers ist dem des Blade-Servers zum Verwechseln ähnlich, aber natürlich gibt es Unterschiede. Unterschiede wie die, die es zwischen einem Netbook und einem Profi-Laptop gibt: Das Netbook ist klein, verbraucht wenig Strom und ist für einige wenige einfachere Aufgaben gut geeignet. Der Laptop ist groß und schwer, konsumiert mehr Energie und ist so gut wie jeder Aufgabe gewachsen.

Der Blade-Server ist der Laptop des Datacenters, der jede gewünschte Applikation ausführt, dafür aber viel Strom, Kühlung und Rackspace benötigt. Denselben Platz, den ein Blade-Server-System nutzt, können deutlich mehr Microserver belegen, die weniger Strom und Kühlung brauchen. Sind Server für leichtere Aufgaben gefragt, beispielsweise Web-Serving für Nutzer, die eigene Server haben wollen, dann sind Microserver eine gute Wahl, denn Blades wären dafür viel zu mächtig.

Interessant ist, dass Facebook in Betracht zieht, Microserver als Alternative für virtuelle Maschinen einzusetzen. Dahinter steckt Sinn, denn eine einzelne physische Maschine, die viele virtuelle Maschinen ausführt, ist durchaus kritisch, während ein einzelner ausgefallener Microserver deutlich weniger Auswirkungen hat und schnell und billig zu ersetzen ist. Und noch folgende Überlegung: Die Idee hinter der Virtualisierung ist ja, einen physischen Server zu nehmen und ihn in mehrere virtuelle Maschinen zu unterteilen, weil der physische Server mehr Kapazität besitzt, als für eine einzelne Applikation gebraucht wird. Mit billigen Microservern wird es möglich, einer einzelnen Applikation wieder ihre eigene Hardware zu geben, statt sie als eine von vielen Applikationen auf einem Server auszuführen.

Wie sich der Microserver-Markt tatsächlich entwickeln wird, bleibt abzuwarten. Neben Dell, Sea Micro oder TYAN gibt es noch nicht viele Serverhersteller, die auf diesen Zug aufgesprungen sind. Marktbeobachter gehen davon aus, dass Microserver die nächsten vier, fünf Jahre einen Anteil von unter zehn Prozent des Servermarktes haben werden. Mehr könnte es werden, wenn weitere große Hersteller endlich mitziehen würden, aber von IBM ist noch nichts im Anmarsch. HP und Fujitsu offerieren zwar „Microserver“, dabei handelt es sich aber um in sich geschlossene Systeme in kleinen Gehäusen. Beide Unternehmen zielen damit auf KMUs oder gar Heimanwender. Auch diese Server sind ideal für Aufgaben, für die große Server oder Blades einzusetzen Overkill wäre – und einen Beitrag dazu, Energiekosten zu reduzieren, leisten sie auch. Aber dies sind keinesfalls Systeme, für die ein Einsatz in Rechenzentren denkbar wäre.

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