Mit bis zu 250 Teilnehmern pro Konferenz zeigten sich die LANline Tech Foren "Verkabelung Netzwerk- und RZ-Infrastruktur" in der ersten Jahreshälfte äußerst erfolgreich. In München, Düsseldorf und Zürich diskutierten Referenten und Besucher unter anderem die aktuelle Normierungslage (Verkabelung und RZ), gaben dem Bereich ressourcen- und kostensparender RZ-Betrieb jedoch ebenfalls ausreichend Raum.
Zur guten Gewohnheit der LANline Tech Foren "Verkabelung Netzwerk- und RZ-Infrastruktur" gehört
mittlerweile eine Keynote von Jens Dittrich, unabhängiger Berater und Vorstand von DVT Consulting.
Sein Thema war in diesem Jahr die Zukunftsperspektive der im RZ eingesetzten Infrastruktur, und
dabei vor allem die Optimierung von Kühlung, Stromversorgung und Verkabelung. Die Feststellung,
dass es bei den Betreibern einen dringenden Handlungsbedarf gibt, untermauerte Dittrich zunächst
mit einigen Zahlen: Mehr als 75 Prozent aller Rechenzentren sind älter als zehn Jahre. Außerdem sei
ihre Infrastruktur und Dimensionierung im Wesentlichen auf den Einsatz von Großrechnern ausgelegt.
Die Kernanforderung, nämlich eine höhere CPU-Dichte pro Rack zu erreichen, zieht laut Dittrich weit
reichende Konsequenzen nach sich. "Die Kühlleistung pro Rack" werde zum dominierenden Faktor bei
der Planung, so der Experte, der selbst in mehreren einschlägigen Normierungsgremien aktiv ist.
Zu beachten sind laut Dittrich jedoch auch die EN 50310 (Erdung und Massung in Gebäuden mit
informationstechnischen Einrichtungen) und die EN 50173-5 (Information Technology – Generic Cabling
System, Part 5: Data Center). Letztere sieht zum Beispiel eine Vorverkabelung der Schränke vor.
Auch dabei gibt es Berührungspunkte zur Kühlung, so der Fachmann: Ohne eine vernünftige Umsetzung
der "Best Practices", die gewissermaßen in der Norm verankert sind, lässt sich eine störungsfreie
Strömung der Luft im Doppelboden kaum gewährleisten. Das Fazit seines Vortrags: Alle Gewerke im
Rechenzentrum müssen sorgfältig aufeinander abgestimmt sein.
Mit Neuerungen bei der Verkabelung in der Büroumgebung, im RZ und im industriellen Umfeld setzte
sich Yvan Engels, Leiter PM Datenkabel und Systeme bei Leoni Kerpen, auseinander. Auch in seinem
Vortrag ging es unter anderem um die beiderseitige Beeinflussung der technischen Lösungen bei der
Verkabelung und im RZ, so zum Beispiel um 100 Gigabit Ethernet über Fiber Optics, etwa bei der
Verbindung verschiedener Standorte über Singlemode-Technik, oder um das Designziel 100 Gigabit
Ethernet über Kupfer, hier mindestens acht Meter Übertragungsstrecke, also als Verbindungsstück im
RZ selbst. Engels, dem regelmäßigen LANline-Leser als Autor vieler Fachartikel bekannt, brach im
Zusammenhang mit der 10GBase-T-Technik wiederum eine Lanze für eine Verkabelung nach den Klassen
EA, F und FA, unter anderem, weil dort der Schutz vor Alien Cross Talk (AXT) per Design erfüllt
ist.
10 Gigabit Ethernet, diesmal allerdings über Glasfaser, stand auch im Zentrum des Vortrags von
Christian Schillab, Product Manager Infrastructure bei Fluke Networks. Schillab befasste sich mit
der zugehörigen Feldmesstechnik, wie sie auch in der Norm ISO/IEC-71963-3 beschrieben ist.
Grundsätzlich müsse man heute mit geringeren Dämpfungsbudgets zurechtkommen, dies impliziere schon
die über Jahre stetig steigende Leistung der Übertragungsstandards. Knapp formuliert: Je dichter
man sich an der Grenze dessen bewegt, was die Faser zu leisten vermag, umso wichtiger wird eine
aussagekräftige Abnahmemessung der Installation. Dabei spielen das verwendete Licht, also Laser
oder LED, ein passendes Gerät und die richtige Methode (Ein-, Zwei- oder Drei-Jumper-Referenz) eine
entscheidende Rolle. Außerdem für Schillab enorm wichtig: Die Qualität der Messkabel entscheidet
über die Relevanz des Ergebnisses.
Die Teilnehmer der LANline-Foren nutzen die Treffen aber mittlerweile nicht allein, um die
Fachvorträge zu hören. Die der Konferenz angegliederten Produktausstellungen haben mit teilweise
mehr als 25 Ausstellern eine respektable Größenordnung erreicht, um sich einen guten Marktüberblick
zu verschaffen. Hinzu kommt, dass nicht nur die etwa in verschiedenen Standardisierungsgremien
vertretenen Referenten die Konferenz als Treffpunkt nutzen, sondern auch viele (Stamm-)Besucher ein
reges Networking untereinander betreiben.
Dazu passt auch, dass es bei den LANline-Konferenzen durchaus nicht nur um die klassischen
IT-Verkabelungsthemen geht: Peter Künzler von Huber + Suhner stellte zum Beispiel ein
Triple-Play-Projekt aus Österreich vor, dessen Technik aber auch bei den RZ-Leitern unter den
Teilnehmern auf großes Interesse stieß. Vielen Praktikern scheint jedenfalls schon klar zu sein,
dass die Anforderungen an das RZ in Zukunft sehr vielfältig ausfallen können.
Galt Industrial Ethernet vor einigen Jahren bei den IT-Kabelspezialisten noch als Randthema, so
belegt heute das stark gewachsene Interesse, wie eng die Bereiche IT und Automation/Produktion
künftig zusammen wachsen werden.
Ein IT-Netzwerkspezialist, der mit dem Begriff "Automation Island" nichts anfangen kann, dürfte
in vielen Unternehmen in nicht zu ferner Zukunft auf verlorenem Posten stehen.
Rainer Schmidt und Andreas Huhmann vom Espelkamper Hersteller Harting nutzten ihre Vorträge, um
ein Update in puncto Technik und Produkte im Umfeld des industriellen Ethernets zu geben. Von ihnen
kam ein klares Bekenntnis zu einem möglichst offenen System ohne proprietäre Einschränkungen. Basis
für eine kompatible Gesamtlösung aus Automation und IT ist die ISO/IEC 24702. Dass dies keine
Zukunftsmusik, sondern bereits heute Realität ist, betonte Huhmann ausdrücklich: "Existierende
Produkte erlauben bereits jetzt eine durchgängige Vernetzung vom Büro bis zur Maschine."
Durch einen trockenen Vortragstitel sollte man sich nicht abschrecken lassen, wie Manfred
Patzke, unabhängiger Berater und in vielen Normierungskomitees aktiv, belegte. "Planung und
Qualitätssicherung nach EN 50174-x" klingt für den Laien nämlich zunächst nicht sonderlich
spannend, was das wahre Leben dann jedoch im Umfeld der "Installation von Kommunikationsverkabelung"
– der Inhalt jener Norm – ans Licht bringt, lässt die Zuhörer regelmäßig zwischen Erheiterung und
Bestürzung schwanken. Dies beginnt bei unsinnig formulierten Ausschreibungen für
Verkabelungsprojekte und endet bei einer unsachgemäßen Montage der Komponenten. Patzkes Warnung: "
Die Abnahme einer Ins-tallation nach der Norm kann nur als Nachweis einer minimalen Qualität
gelten. Die Komponenten können meist viel mehr. Dies wird aber durch eine schlampige Verlegung
wieder verschenkt." Als Empfehlung für den Endkunden spricht sich Patzke für die Abnahme durch
einen neutralen Dritten aus.