Kommentar: Software-Defined-Networking

Vernetzung völlig neu definiert

1. August 2013, 14:44 Uhr | Mathias Hein, freier Consultant in Neuburg an der Donau

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Was ist so speziell an SDN?

Die Veränderungen, die durch SDN in die Netzwerke kommen, basieren auf der Trennung der Netzwerk-Control-Plane von der Datenebene. Dadurch wird die Kontrolle der Netzwerkpfade aus den Netzkomponenten in einen zentralen Controller verschoben. Anstatt des klassischen Ansatzes, bei dem jede Koppelkomponente im Netzwerk die Pakete individuell auf den momentan verfügbaren Informationen weiterleitet, soll die Zentralisierung eine umfassendere und dadurch bessere Paketweiterleitung auf einer Ende-zu-Ende-Basis ermöglichen. Folglich sollen Veränderungen im Datenpfad schneller und wesentlich preiswerter realisiert werden.

Die Open Networking Foundation (ONF) hat mit dem Openflow-Protokoll einen offenen Standard zur Realisierung eines Controllers beziehungsweise der Steuerung von Openflow-kompatiblen Netzwerkgeräten definiert. Damit sorgt Openflow für den herstellerunabhängigen Zugriff auf die Hardwarekomponenten eines Switches oder Routers. Openflow erlaubt direkten Zugriff auf die Forwarding-Plane eines Switches oder Routers, und zwar sowohl physisch als auch virtuell. Weil eine solche offene Schnittstelle in klassischen Koppelkomponenten fehlt, werden diese häufig als monolithisch oder geschlossen charakterisiert. Stattdessen verfolgt Openflow den Ansatz, die Steuerung des Netzwerks aus den Geräten hinaus in eine logisch zentralisierte Software zu verlagern. In der Vergangenheit verfügte jede Netzkomponente über ihre eigene Control-Plane und arbeitete die zu übermittelnden Pakete nach seinem individuellen Regelwerk (welches vom jeweiligen Administrator festgelegt wurde) ab.

Werden die Control-Informationen aller Netzkomponenten in einen zentralen SDN-Controller ausgelagert, lassen sich diese einfacher verwalten, beziehungsweise die Anwendungen können die Pfade durch das Netzwerk steuern. Der statische Charakter der traditionellen Netzwerke wird dadurch aufgehoben und die Komplexität der Netze wird eliminiert.

Angesichts der frühen Phase der derzeitigen SDN-Entwicklung existieren natürlich unterschiedliche SDN-Definitionen. Wie üblich im Kommunikationsmarkt hält jeder Hersteller mindestens eine SDN-Definition bereit. Momentan liegt der Fokus der Definition weniger in der Entkopplung der Control- und der Forwarding-Plane, sondern mehr auf der Bereitstellung von programmierbaren Schnittstellen in Netzwerkkomponenten. Einer der Gründe hierfür ist in der Ankündigung von Cisco zu suchen, die verspricht zukünftig entsprechende APIs auf den wesentlichen Cisco-Plattformen bereitzustellen. Somit darf man heute SDN nicht mit Openflow gleichsetzen. SDN ist viel umfassender als das reine Openflow. Solange ein Gerät über ein SDN-API verfügt, kann das dahinter liegende Geräte auch auf vollkommen proprietären Spezifikationen realisiert werden.

Unabhängig von den aktuellen SDN-Definitionen, besteht bei allen SDN-Unterstützern das allgemeine Ziel, die Vernetzung zu vereinfachen und somit die Realisierung neuer Technologien (beispielsweise Cloud-Computing und virtuelle Server) schneller und preiswerter voran zu treiben. Letzteres ist ein vielzitiertes Problem moderner IT-Strukturen. Man benötigt zur Aktivierung von 1.000 virtuellen Maschinen nur noch wenige Minuten, aber es dauert etwa zwei Wochen, um das Netzwerk so einzurichten, dass dieses die neue IT-Umgebung optimal unterstützt. In genau diesen Einsatzszenarien soll SDN die Netzwerkerei verbessern und die derzeitigen Engpässe beziehungsweise Realisierungsprobleme beseitigen.

Dies führt jedoch zu der Frage worin der Unterschied zwischen Software-Defined-Networking und virtuellen Netzwerken besteht? Diese beiden Begriffe werden oftmals synonym verwendet oder verweisen auf den jeweils anderen Begriff. Virtuelle Netzwerke werden heute hauptsächlich im Datacenter verortet und stellen einen Mechanismus zur Einrichtung von virtuellen Tunneln (quasi einem Overlay-Netz) zwischen virtuellen Servern bereit. Somit nutzen virtuelle Netzwerke nur einen Teil der SDN-Möglichkeiten. In der Praxis sollte eine vollständige SDN-Lösung darüber hinaus in der Lage sein, die Kontrolle der physischen Netzkomponenten per Openflow Protokoll zu übernehmen.

Einige Hersteller fokussieren ihre SDN-Entwicklungsaktivitäten auf die Bereitstellung von virtuellen Netzwerken. Ihr Argument lautet: Die Anzahl der benötigten virtuellen Ports wächst um ein Vielfaches schneller als die Anzahl der benötigten physikalischen Anschlüsse.

Letztlich geht das Einsatzfeld von SDN weit über die reinen virtuellen Netzwerke hinaus und umfassen auch die Kommunikation in den Enterprise-Netzen und auch in den WANs.

Google baut beispielsweise seinen WAN-Backbone momentan auf die SDN-Technik um. Dadurch verspricht sich der Konzern eine bessere Auslastung der vorhandenen Übertragungsressourcen. Die momentane Netzwerktechnik ermöglicht eine durchschnittliche Auslastung von 30 bis 40 Prozent. Nach Abschluss des Umbaus auf SDN soll eine Auslastung von bis zu 100 Prozent und eine bessere Priorisierung der Datenströme ermöglicht werden.

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  1. Vernetzung völlig neu definiert
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  3. Welche Vorteile hat man heute von SDN?

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