Die Verkabelung im RZ des Flughafens München

Verteilerschränke mit doppelter Port-Dichte

12. August 2009, 22:58 Uhr | Doris Piepenbrink

In einem Rechenzentrum fehlt es immer an Stellfläche. Damit bei einem Ausbau nicht auch noch zusätzlicher Platz für die Verkabelung eingeplant werden muss, entschloss sich die Netzwerkabteilung des Münchner Flughafens zu einem unkonventionellen Ansatz: Sie verwendet Front- und Rückseite der Verteilerschränke für Patchungen und führt die Kabel in der Mitte und an den Seiten des Schranks.

Das Rechenzentrum befindet sich in einer Lampertz-Zelle und ist mit drei Reihen à 25 Schränken
mit Servern und aktiver Technik bestückt. Die IT-Abteilung betreibt damit die flugbetriebswichtigen
Anwendungen und zum Beispiel auch Schnittstellen zu Cargo, Catering und anderen Funktionen des
Flughafens München. Aus diesem Grund ist es selbst komplett redundant aufgebaut, außerdem gibt es
noch ein redundantes Gegenstück davon. Der TÜV-IT Essen prüfte diese Infrastruktur und erteilte
dafür den damals höchsten Zertifizierungsgrad Level 3 für Trusted Sites.

Die IT-Abteilung steht jetzt aber vor einer Herausforderung, da in den vier Verteilerschränken
weitgehend alle Ports belegt sind und es absehbar ist, dass in den nächsten Jahren Erweiterungen
anstehen: Die dritte Startbahn ist in Planung. Außerdem will das Rechenzentrum in Zukunft Firmen
auf dem Gelände RZ-Dienstleistungen anbieten. Das bedeutet viele zusätzliche Anschlüsse.

Verdoppelung der Port-Zahl

Grundsätzlich hat die IT-Abteilung die Patchungen im Rechenzentrum auf je einen Kupfer- und
einen LWL-Verteilerschrank konzentriert und diese redundant am anderen Ende des RZs noch einmal
aufgebaut. Um hier deutlich mehr Platz zu gewinnen, verdoppelte Walter Schinzler von der
Telecommunication- und Networks-Abteilung des Flughafens und verantwortlich für die RZ-Verkabelung,
die Port-Anzahl, indem er die vorne und hinten zugänglichen Schränke von beiden Seiten mit
Patch-Feldern bestückte. Es handelt sich dabei um 42-HE-Schränke mit 800 x 1000 mm Stellfläche.

Die Trunk-Kabel werden über Kabelwannen im Doppelboden und die LWL-Patch-Kabel der Server und
Switches über Tragschienen an der Decke zum Verkabelungsschrank geführt.

Die Kupfer-Patch-Kabel an der Front sind alle gleich lang und über stabile geschweißte
Rangierbügel von Schroff über die ganze 19-Zoll-Breite zur Seite geführt. Auch an den Seiten sind
stabile Eisenbügel für das Kabel-Management im Einsatz. Insgesamt befinden sich pro 19-Zoll-Ebene
bei voller Bestückung rund 500 Kabel im Schrank. An einer Schrankseite neben den 19-Zoll-Ebenen
befinden sich jeweils 250 Kabel. Die gesamte Kabellänge bei voller Bestückung im Schrank ergibt
dann etwa 4,5 Kilometer.

Dies führt auch zu einem kleinen Manko dieser Installation: Bei dieser Kabelmasse lässt sich bei
einem Defekt nichts mehr an der Festverkabelung instandsetzen. Die Kabel sind so eng gepackt, dass
sich kaum noch etwas bewegen lässt. Doch das ist auch bei den meisten herkömmlichen
RZ-Verkabelungen der Fall. Gegebenenfalls muss der Netzwerker Verbindungen als inaktiv kennzeichnen
und mit einem noch freien Port eine neue Verbindung aufbauen. Das Kabel-Management ist zentral in
dem C6000-Kabelverwaltungssystem von FNT dokumentiert.

Verdichtung mit Dienste-Sharing

Um eine noch größere Packungsdichte von bis zu rund 1.300 Ports pro Verteilerschrank zu
erreichen, suchte Schinzler nach einem Steckverbinder für die Kupfertechnik, mit dem ein Dienste-
oder Cable-Sharing möglich ist.

Denn viele Komponenten sind über Fast-Ethernet-Verbindungen angeschlossen und besitzen noch eine
KVM-Schnittstelle zur Raritan-Konsole sowie eine ILO-Schnittstelle (Integrated Lights-Out) für
Reboots. Mit einem Dienste-Sharing könnte das RZ zwei Fast-Ethernet-Verbindungen und die
Management-Verbindungen jeweils über einen Stecker laufen lassen und dafür alle vier Adernpaare
belegen. Das heißt, statt vier Kabel sind nur noch zwei notwendig. Nutzt eine Komponente Gigabit
Ethernet, könnten zumindest die KVM- und die ILO-Verbindungen noch zusammengelegt werden. Das spart
zumindest ein Kabel ein.

Der Stecker sollte möglichst kompakt sein, damit auch 48 Ports pro Höheneinheit noch steckbar
sind. Außerdem sollte bei einer Power-over-Ethernet-Versorgung (PoE) ein versehentliches Abziehen
der Steckverbindung unter Last möglich sein. In die engere Auswahl kamen für diesen Zweck die
beiden nach ISO/IEC 15018 normierten Steckverbinder GG45 von Nexans und Tera von Siemon sowie der
EC7 von BKS. Die Entscheidung fiel auf den EC7, da die kompakte Bauform dieses Steckers es
ermöglicht, ihn in die vorhandenen Verlegesysteme einzubauen. Er basiert auf einer patentierten
Vierkammertechnik, die pro Kammer für Frequenzen bis 2,4 GHz ausgelegt ist. Laut Anbieter Leoni
Kerpen, der den EC7 über das Eline-1200-Verkabelungssystem vertreibt, könne der Administrator von
einem zum anderen Dienst wechseln, ohne dafür neue Kabel einziehen zu müssen. Darüber hinaus sei
das System für "PoE+ prädestiniert". Beim Stecken unter Last soll sich der Funke außerhalb des
Funktionskontakts bilden, und das System eigne sich für den Dauerbetrieb von 30 Watt. Das
überzeugte auch Schinzler, und er entschied sich für dieses System. Sein Kollege Bernhard Koller,
zuständig für die Büroanschlüsse im Flughafen, wird diese Anschlusstechnik auch einsetzen und eine
Datenleitung für mehrere Dienste nutzen.


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