Nach eigenen Angaben hat mit Beginn des Jahres die neu gegründete Arbeitsgruppe "EMF und Umwelt" (Elektromagnetische Felder und Umwelt) am Wissenschaftlichen Institut für Infrastruktur und Kommunikationsdienste (WIK) in Bad Honnef ihre Arbeit aufgenommen. Ziel sei es, "den relevanten Akteuren und der Öffentlichkeit ein aktuelles und fundiertes Informationsangebot über Forschungsaktivitäten, die gesellschaftliche Diskussion und Expertenbewertungen zu potenziellen Wirkungen elektromagnetischer Felder zu machen". Das WIK will mit diesem Engagement "zur Versachlichung der seit Jahren kontrovers geführten Diskussion über mögliche Auswirkungen elektromagnetischer Felder (EMF) auf die Umwelt beitragen und eine breite Informationsbasis für den öffentlichen Dialog bereitstellen".
Das WIK will nach eigenem Bekunden künftig sowohl die aktuelle wissenschaftliche Forschung als
auch die Diskussion über die "Elektromagnetische Verträglichkeit mit der Umwelt" (EMVU)
kontinuierlich beobachten, analysieren und kommunizieren. Eine eigene themenspezifische Website
werde in Kürze freigeschaltet. Außerdem soll es zeitnah ein regelmäßiges Informationsangebot ("EMF-B
rief", Newsletter "EMF und Umwelt") geben, das kostenlos bezogen werden kann. Geplant ist
zusätzlich die Organisation wissenschaftlicher Experten-Workshops und
Diskussionsveranstaltungen.
Der Geschäftsführer des WIK, Dr. Karl-Heinz Neumann, erklärte zur Gründung der Arbeitsgruppe: "
Angesichts der noch offenen Fragen zur Wirkung elektromagnetischer Felder auf Mensch und Natur ist
es unverzichtbar, dass diese Diskussion – gerade angesichts der Versteigerung großer Frequenzblöcke
durch die Bundesnetzagentur in diesem Jahr – mit fachlich fundierten Argumenten geführt wird.
Hierzu wollen wir mit der Gründung der Arbeitsgruppe ´EMF und Umwelt` angesichts der großen
Bedeutung des Mobilfunks für Wirtschaft und Gesellschaft einen wichtigen Beitrag leisten."
Ziel des Engagements sei außerdem die Vernetzung und Organisation eines nachhaltigen Dialogs
zwischen allen gesellschaftlichen Gruppen, die in der Forschung, der Bewertung und der
Risikokommunikation zur Wirkung elektromagnetischer Felder arbeiten. Damit soll auch ein Teil der
Kommunikationsaktivitäten der Forschungsgemeinschaft Funk e.V. (FGF) weitergeführt werden, die Ende
2009 mit der Schließung des Vereins beendet wurden. Zu der neuen Arbeitsgruppe gehören Dr. Frank
Gollnick und Gabriele Conrad, die bereits bei der FGF in diesem Aufgabenbereich tätig waren. Die
persönliche und fachliche Betreuung der Arbeitsgruppe "EMF und Umwelt" übernimmt WIK-G
eschäftsführer Dr. Karl-Heinz Neumann in Zusammenarbeit mit dem Leiter der Abteilung "Kommunikation
und Innovation", Dr. Franz Büllingen.
Mit der Vergabe der UMTS-Frequenzen im Herbst 2000 habe in Deutschland eine breite und teilweise
äußerst kontrovers geführte öffentliche Diskussion über die potenziellen gesundheitlichen Folgen
hochfrequenter elektromagnetischer Felder (HF-EMF) eingesetzt. Die Folgen dieser Debatte hätten
unter anderem in einem deutlich verzögerten Netzausbau bestanden, hohen Kosten für die Suche nach
gemeinverträglichen Standorten, zahllosen Gerichtsverfahren, entgangenen Gewinnen der Netzbetreiber
auf Grund unterbliebener Dienstenutzung, der Auflage eines kostspieligen Forschungsprogramms
(Deutsches Mobilfunk Forschungsprogramm, DMF), einem Image-Verlust für die Netzbetreiber, aber auch
in hohen legitimatorischen Defiziten öffentlicher Institutionen, mithin also beachtlichen Schäden
für die Volkswirtschaft.
Heute spielten entsprechende Konflikte vor allem im süddeutschen Raum eine nach wie vor wichtige
Rolle. Nach dem nahezu flächendeckenden Ausbau der Mobilfunknetze der 3. Generation (UMTS)
erwarteten Experten mit Blick auf die Weiterentwicklung der Funknetze der 4. Generation (UMTS/HSPA,
LTE) sowie der Verbreitung weiterer Funktechnologien (zum Beispiel Personenscanner oder
Warensicherung und -Erkennung, RFID) eine Fortführung der zum Teil sehr emotional geführten EMVU-D
ebatte. Dies habe nicht zuletzt damit zu tun, dass die Bundesnetzagentur (BNetzA) 2010 erneut ein
erhebliches zusätzliches Frequenzspektrum für den Mobilfunk zur Auktion bringen werde. Zentrale
Implikationen dieser veränderten Situation werden mehr Bandbreite für neue Datendienste, eine
veränderte, kleinteiligere Netztopologie mit mehr Sendestandorten und neuen MIMO-Antennen (Multiple
In Multiple Out) sowie eine flächendeckendere Inhouse-Versorgung sowohl im geschäftlichen als
auch im privaten Bereich, etwa mithilfe von Femto- oder Nano-Zellen, sein. Hinzu kämen zahlreiche
neue Funkanwendungen etwa auf Betriebsgeländen, aber auch zur stationären Versorgung ländlicher
Räume mit schnellen Internet-Anbindungen im Rahmen der Nutzung der "Digitalen Dividende".
Insgesamt unterstreiche diese Entwicklung die Notwendigkeit eines ausgewogenen und informierten
Risikodiskurses, da mit einer anhaltenden oder sogar zunehmenden Diskussion in der Öffentlichkeit
zu rechnen sei.
LANline/jos