Neue Standards braucht das Speicherland

Die SNIA Storage Management Initiative

7. März 2006, 23:00 Uhr | Frank Bunn/mw Frank Bunn ist als Senior Solutions Marketing Manager EMEA bei Symantec tätig.

Zur Lösung der Interoperabilitätsprobleme mit dem Ziel der Entwicklung von heterogenen Speichermanagementlösungen startete die SNIA (Storage Networking Industry Association) bereits am 12. August 2002 ihre strategische Initiative unter dem Namen SMI. Basierend auf den bereits existierenden Standards Web Based Enterprise Management (WBEM) und Common Information Model (CIM) als hardware- und implementierungsunabhängiges Informationsmodell beschreibt die SNIA herstellerübergreifend physische und logische Speicherobjekte, deren Abhängigkeiten untereinander sowie Funktionen zum Management dieser Objekte.

Zweifelsohne hat die mangelnde Interoperabilität die rasche Ausbreitung von SANs in den letzten
Jahren behindert, und noch immer scheuen gerade mittlere und kleinere Unternehmen ohne großes
fachspezifisches Wissen den Aufbau von heterogenen Speichernetzen. Andere Firmen, die bereits
solche Umgebungen implementiert haben, sind bei deren Verwaltung gezwungen, eine Reihe
inkonsistenter Managementwerkzeuge jeweils für die einzelnen Komponenten einzusetzen. Viele
unterschiedliche Konsolen mit herstellerspezifischen Oberflächen und Befehlsabläufen prägen das
Bild in Rechenzentren. Die Integration in ein Gesamtkonzept fehlt. Zu viele Administratoren mit
spezifischem Wissen werden benötigt, wodurch die Verwaltung nachhaltig erschwert wird und die
Fehlerhäufigkeit und Folgekosten ansteigen.

Ein übergreifendes Storage Resource- und SAN-Management mit Entdeckung, Visualisierung,
Reporting und aktiver Verwaltung aller beteiligter Applikationen, Server, Netzwerke und
Speichereinheiten über eine gemeinsame Konsole würde dagegen Zeit, Geld und Ressourcen sparen.

Eine Standardisierung und ein entsprechendes Regelwerk im Speicherbereich lässt sich jedoch
nicht von heute auf morgen realisieren. Technische und organisatorische Gründe stehen dem entgegen.
So umfasst die SNIA mittlerweile über 400 Mitgliederfirmen, deren unterschiedliche Interessen in
zum Teil sehr diffizilen Detailfragen auf einen gemeinsamen Nenner gebracht werden müssen. Zudem
steckt der Teufel dabei auch in technischen Details. Gegenüber dem vor einigen Jahren eingeführten
LAN-Management, ist bei der Speicherverwaltung im SAN eine ganze Reihe zusätzlicher technischer
Hürden zu meistern. Speichernetze sind meist historisch gewachsen und bringen mit der
Applikations/Server-, der Netz und der Speicherebene nun drei Ebenen zusammen, die bisher getrennt
waren. Man bedenke: Bis vor kurzem noch wurde Speicher als ein "dummes" Peripheriegerät des Servers
angesehen. Die drei Ebenen besitzen unterschiedliche "Identifier" – so wird der Plattenspeicher
über die SCSI-Target-IDs und LUNs angesprochen, während auf der Fibre-Channel-Netzebene mit den
World Wide Names (WWN) adressiert wird. Im Betriebssystem der Server erscheinen die Plattensysteme
als so genannten Device-Pfade, und auf höheren Datenbank- oder Applikationsschichten wird mit
logischen Objekten wie Table Spaces gearbeitet.

Herausforderung End-to-End-Management

Für das Speichermanagement reicht es heute nicht mehr aus, diese Ebenen weiter getrennt zu
betrachten – die Anwender fordern ein End-to-End-Management von der Applikation über das
eigentliche Speichernet bis hin zu den physischen Speichergeräten. In technischer Hinsicht gliedern
sich diese Ebenen in weitere Schichten und Funktionen, welche die Daten durchlaufen, bis sie
endlich auf dem Datenträger ankommen (Bild 1). Auf allen diesen Schichten können natürlich Zustände
und Fehler auftreten, die die Funktionsfähigkeit des gesamten Speichernetzes beeinträchtigen
können.

Modernen End-to-End-Management-Tools kommt nun die Aufgabe zu, diese Funktionsschichten nicht
nur zu visualisieren und relevante Informationen über sie zu liefern (passives Management), sondern
sie auch zu verwalten und bei Systemerweiterungen oder Funktionsstörungen steuernd einzugreifen
(aktives Management).

Erkennt das Managementwerkzeug beispielsweise, dass eine Applikation dringend weiteren Speicher
benötigt, muss neuer Speicher der gleichen Güte lokalisiert und der Applikation unterbrechungsfrei
zugefügt werden, was im Extremfall aber auch bedeutet, dass alle Schichten angesprochen und
konfiguriert werden müssen. Dies ist schon in einer homogenen Umgebung nicht ganz einfach, in einer
heterogenen Server- und Speicherlandschaft aber eine enorme Herausforderung. Hier haben
IT-Administratoren erfahrungsgemäß mit bis zu 60 verschiedenen Schnittstellen "zu kämpfen".

Die Managementsoftware muss alle herstellerspezifischen Funktionen und Kommandos über eine
einfache und identische Bedienoberfläche oder gar automatisch im Hintergrund abwickeln. Heute
geschieht dies weitgehend durch die Implementierung von herstellerspezifischen APIs (Application
Programming Interfaces) in die Managementapplikation. Nicht alle Hersteller haben ihre
Schnittstellen jedoch offen gelegt und tauschen sie bereitwillig mit anderen Anbietern und
Wettbewerbern aus. Zudem besitzen manche Speicher- und Netzsysteme schlichtweg keine brauchbare
Schnittstelle. Durch das Fehlen eines einheitlichen Standards in diesem Bereich sind Hersteller von
Managementwerkzeugen gezwungen, neue Systeme am Markt sehr kosten- und zeitaufwändig in ihre
Managementprogramme zu integrieren.

Speichermanagement auf Basis von WBEM/CIM-Standards

Jedes Speicher- und SAN-System ist zwar mittlerweile mehr oder weniger gut mit dem Simple
Network Management Protocol (SNMP) ausgestattet. Doch leider ist SNMP zu "simpel", um den
vielfältigen Anforderungen der Speicherwelt gerecht werden zu können. Benötigt werden heute
Techniken, die ein ganzheitliches oder End-to-End-Management ermöglichen und die dynamische
Verwaltung von physischen sowie auch von logischen Speicherobjekten wie Applikationen, Datenbanken,
Filesystemen und Volume Manager erlauben.

Die SNIA, oder genauer gesagt eine Gruppe von 18 Mitgliedern hat sich dieser Herausforderung
angenommen und neue Managementtechniken vorgeschlagen. Um dabei nicht alles von Grund auf neu zu
entwickeln, griff sie auf Standards für eine Verwaltungsumgebung zurück, die die Distributed
Management Task Force (DMTF) bereits in den 90er-Jahren unter der Bezeichnung Web Based Enterprise
Management (WBEM) entwickelt hat.

Die Arbeitsgruppe der 18 SNIA-Mitglieder formulierte unter dem Codenamen Bluefin ein Regelwerk
für das Speichermanagement basierend auf den WBEM/CIM-Standards. Im Mai 2002 wurde diese Arbeit der
SNIA zur Beratung und Verabschiedung vorgelegt. Die SNIA hat diese Empfehlungen am 12. August 2002
akzeptiert. Sie verfolgt sie unter dem nun offiziellen Projektnamen Storage Management Initiative
(SMI) mit Hochdruck weiter. Der Name der Schnittstelle lautet seitdem: Storage Management
Initiative Specification (SMI-S).

Gemäß dem SNIA Shared Storage Model wird die Managementschnittstelle über Agenten in den
Speicherobjekten geleistet (Bild 2). Diese kommunizieren mittels CIM-XML über HTTP mit den
Managementstationen und senden Status- und Monitorinformationen. Kommandos von den
Managementanwendungen zum aktiven Management der Speicherobjekte werden über die Agenten in
herstellerspezifische Befehle für die einzelnen Geräte umgesetzt und ausgeführt.

SMI-S basiert auf den WBEM/CIM-Diensten und beschreibt zusätzlich, wie diese in einer komplexen
Speicherumgebung mittels weiterer Verfahren umzusetzen sind. SMI-S bringt dadurch technisch
signifikante Innovationen und Verbesserungen in mehreren Bereichen: Durch WBEM/CIM wird ein
gemeinsames interoperables Transportprotokoll definiert. Die automatische Erkennung von Objekten
wird mit dem Service Location Protocol (SLP) gelöst, und Locking-Mechanismen sorgen für Stabilität
und Datenintegrität. Den vielfältigen Security-Anforderungen wird beispielsweise über
Authentifizierung Rechnung getragen und eine einfache Installation sowie Implementierungen in
Kundenumgebungen möglich.

Die SNIA liefert so mit ihrer Storage Management Initiative einen wichtigen Beitrag für die
Entwicklung von heterogenen SAN- und Storage-Resource-Management-Tools, mit denen man dem Ziel der
Interoperabilität und besseren Managementwerkzeugen deutlich näher gekommen ist. Die neuen
Standards werden deshalb auf lange Sicht das zeit- und kostenaufwändige API Swapping überflüssig
machen und der Einführung und Marktverbreitung von regelbasierter Speicherzuweisung unter dem alten
Slogan "Storage as Utility" sehr förderlich sein.

Die Standardisierung grundsätzlicher Aufgaben wie Hardwareintegration neuer Geräte setzt nun
Ressourcen frei, die bei der Entwicklung höherwertiger Softwaredienste wie regelbasiertes
SLA-Management und "Speicher aus der Steckdose" sinnvoll zum Einsatz kommen können.

Durch die nun erzielte Interoperabilität erhält der Endkunde eine freie Auswahl von Produkten
und Lösungen, und er entledigt sich einer heute oftmals bestehenden Herstellerabhängigkeit ("Vendor
Lock-in") beim weiteren Ausbau der Speichernetze.

SMI-S V1.2 noch im ersten Halbjahr 2006

Bereits 2003 folgte die erste Spezifikation von SMI-S V1.0. Diese war schon sehr viel
umfangreicher und beschreibt nicht nur passive Managementschnittstellen, sondern auch aktive
Funktionen wie Erstellung und Zuweisung von logischen Platteneinheiten (LUNs) und Zoning bei
Fibre-Channel-Switches. Mit der Version 1.1 folgten vor allem Erweiterungen in den Bereichen
Event-Management, Sicherheit und Data Protection. Derzeit arbeitet die SNIA an SMI-S V1.2, die im
ersten Halbjahr 2006 zur Verfügung stehen soll. Hier ist vor allem die Bedeutung von Storage
Security, Locking, Provisionierung- und Policy Management sowie Information Lifecycle Management
mit Datenklassifizierung gegenüber den Vorgängerversionen noch weiter gewachsen.

Natürlich wird es noch eine Zeit lang dauern, bis ältere nicht CIM-fähige Geräte vom Markt
verschwunden sind. Allerdings beschreibt CIM auch die Implementierung eines SNMP/CIM-Umsetzers,
sodass viele Systemintegratoren solche Software für ältere Speichersysteme entwickeln werden. Man
kann davon ausgehen, dass etwa 80 Prozent aller Hersteller zumindest Grundfunktionen der
SMI-S-Spezifikation in ihre Softwarelösungen adaptiert haben. Die Vorteile sind so überzeugend,
dass man bei Ausschreibungen schnell weniger gute Karten besitzt. Eine parallel laufende
Zertifizierungsinitiative der SNIA – auch zu einzelnen Komponenten – tut ihr übriges, um SMI-S
weiter in Richtung eines allgemein akzeptierten Standards für Speichernetze zu bringen.


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