Handeln durch Nichthandeln: So kennt man seit Jahrzehnten eine Politik, die Mehrwertsteuerbetrug im großen wie im kleinen Stil begünstigt. Ein CRN-Kommentar zum geplanten Jahressteuergesetz 2018.
Statt endliche eine schlagkräftige EU-weite Reform anzupacken, beschäftigt sich die deutsche Fiskalbürokratie damit, dass Veganer 19 Prozent für ihren Sojabartling abzuführen haben, das Schweineschnitzel dagegen nur mit sieben Prozent zu Buche schlägt. Währenddessen drehen sich Karussellgeschäfte und tausende Händler, vor allem außerhalb der EU, verkaufen hierzulande über Amazon, Ebay odder andere Plattformen ohne einen Cent an den Fiskus abzuführen. Sind es 50 oder gar 160 Milliarden Euro jährlicher Ausfall durch nicht abgeführte Umsatzsteuer? Niemand weiß es so genau.
Wenn der deutsche Fiskus eine umsatzsteuerliche Registrierung aller Onlinehändler einführen und Händlerplattformen wie Amazon für den Steuerausfall seiner Händler haftbar machen will, kann man sich eigentlich nur fragen: warum ist ein solches Gesetz nicht längst in Kraft?
Vielleicht erklärt das die heiße Nadel, mit der Referenten einen Entwurf zum Jahressteuergesetz 2018 für das Bundeskabinett gestrickt hatten. Jetzt muss alles plötzlich schnell gehen, zur Not auch auf Papier statt elektronische Nachweise einzuführen.
Der Bitkom kritisiert zu recht die schwerfälligen Modalitäten, die Bürokratie, die aus diesem Papier einmal mehr entwachsen würde. Aber die Stoßrichtung ist absolut richtig: Gleiche Umsatzsteuerpflichten für alle Händler einzuführen.
Die neuen Pflichten bedrohen, anders als der Bitkom meint, nicht den Onlinehandel. Im Gegenteil: Der Staat schützt ehrliche Händler vor unfairen Wettbewerbern und sendet endlich ein Signal der Stärke an alle Bürger, dass die Durchsetzung seines Steuermonopols in einer globalisierten Wirtschaft nicht aufgehoben ist.