Abgerechnet

11. März 2004, 0:00 Uhr |

Abgerechnet. Sekt- und Biertrinker zahlen für ihr Laster ebenso eine Steuer wie Glücksspieler und Raucher. Soweit so gut, aber das reicht Politikern noch lange nicht. Jetzt sollen auch jene zur Kasse gebeten werden, die bislang eher durch Abstinenz auffällig geworden sind. Säufer und Zocker gibt es hierzulande ? Eichel sei Dank ? im Überfluss, aber Kinderlose und bald schon vielleicht IT-Verweigerer, müssen sich auf härtere Zeiten einstellen.

Abgerechnet

Katastrophale Zustände, die Zukunft und Wohlstand gefährden, jammert Bitkom-Präsident Willi Berchtold und verweist auf jene 24 Millionen Deutsche, die außerhalb der Welt des Computers stehen, nichts von Office, E-Mail oder Internet wissen und überhaupt nicht mit einem PC umzugehen verstehen. Ihnen ist, wie den kinder- und vaterlandslosen Gesellen, nur mit drakonischen Strafen beizukommen, soll die IT-Landschaft hierzulande blühen und die Branche sich wieder über üppiges Wachstum freuen.

Es ist überhaupt nicht einzusehen, dass in einem vierköpfigen Haushalt nicht mindestens drei Notebooks, ein Desktop und ein Server stehen, die über ein kleines Netzwerk miteinander verbunden und per Standleitung ans Internet angeschlossen sind. Wer die Voraussetzungen für ein Basis-Home-Networking nicht erfüllt, kann ruhig mit 150 Euro monatlich belastet werden, die immerhin bequem per Telefonrechnung eingezogen werden. Verweigert sich die traute Familie der digitalen Kommunikation und kann weder eine eigene Homepage noch einen Mail-Server aufweisen, darf der Provider zusätzlich 100 Euro in Rechnung stellen.

Überhaupt die Kommunikation: Es soll ja noch immer Reihenhausbesitzer geben, die partout nichts von Mobilfunkantennen auf ihrem Dach wissen wollen und mit ihrer Renitenz den UMTS-Durchbruch akut gefährden. Das darf nicht sein, zumal es sich dabei meist um solche Haushalte handelt, die vom Elektrosmog noch weitgehend verschont sind. Wer in seinem Heim nicht gerade ein schnurloses Telefon im DECT-Standard betreibt, dem ist eine strahlende Sendeanlage auf dem Dach durchaus zuzumuten, die ja nicht nur zusätzliches Geld aus der Standmiete einbringt, sondern ? geschickt ausgerichtet ? Getränke und Speisen vorzüglich warm hält. Wenn Telkos den entsprechenden Value-Add-Nutzen nicht rüberbringen können, hilft vielleicht doch eine Offerte für verbilligte Gespräche. Zeigt Letzteres auch keinen Erfolg, kommt der Fall beim zuständigen Finanzamt zur Anzeige. Denn spätestens wenn die Eigenheimzulage dann komplett gestrichen wird, bringt man hartnäckige Mobilfunkverweigerer schnell zur Räson. Sind diese auch noch kinderlos, sind im Handumdrehen zwei Monatsgehälter futsch.


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