Abseits. So weit ist es mit Fußball-Deutschland also schon gekommen! »Der wichtigste Deutsche bleibt im Turnier: der Kunststoff-Ball«, jubelte der Verband der Kunststoff-Industrie in großformatigen Anzeigen nach dem Ausscheiden unserer Nationalmannschaft bei der EM in Portugal.
Der dreimalige Weltmeister Deutschland ? verkommen zu einem Zulieferer für europäische Spitzenfußball-Länder wie Griechenland und Tschechien. Wenigstens in einem beweist Deutschland, genauer gesagt unsere Industrie, also Weltklasse: Keine Katastrophe kann so schlimm sein, dass sich daraus nicht doch noch ein Gewinn herausschlagen ließe. Deutsche Sponsoren der kommenden Fußball-Weltmeisterschaft hierzulande müssen also gar keinen Imageverlust befürchten, wenn die DFB-Elf sang- und klanglos untergehen sollte.
Ein frühes Ausscheiden Deutschlands in der Vorrunde, sagen wir einmal gegen Sierra Leone und Turkmenistan, wäre für Reifenhersteller Continental doch kein Achsenbruch. Vorausgesetzt man zeigt einen Platzwart, der mit einem Rasenmäher für einen ordentlichen Schnitt des Grüns im Berliner Olympiastadion sorgt. Dazu der Spruch: »Träume könne platzen, unsere Reifen für den Agrareinsatz nicht.« Auch bei T-Mobil heißt es umdenken. Wer will schon eine telefonierende Altherrenriege um Spieler wie Nowotny oder Bobic im Dress des Bundesadlers sehen, wenn das Schiedsrichtergespann um Markus Merk per drahtloser Kommunikation eine schwierige Abseitsentscheidung im Finalspiel souverän meistert. Soll das teure Sponsoring Früchte tragen, muss das deutsche Zulieferer-Know-how im Mittelpunkt der Werbebotschaft stehen.
Die neuen Wege in der Imagewerbung haben sich aber noch nicht richtig durchgesetzt. Wie man hört, will die Deutsche Bahn Verhandlungen mit den WM-Machern ebenso platzen lassen wie der Softwareriese SAP. Fast 13 Millionen Euro sind den Konzernen dann doch wohl zu happig. Zumal die Walldorfer der vorgeschlagene Werbeauftritt mit Altstar »Katsche« Schwarzenbeck, der nach seinem Rücktritt 1974 in Glücksspielen macht, nicht so recht überzeugt hat: »Seit ich meinen Lottoladen auf SAP umgestellt habe, läuft mein Abrechnungssystem stabil.«