Allmähliche Fortschritte

8. April 2004, 0:00 Uhr | Werner Fritsch

Allmähliche Fortschritte. Webservices verleihen dem ursprünglich auf Inhalte ausgerichteten World-Wide Web zunehmend den Charakter einer Transaktionsumgebung.

Allmähliche Fortschritte

"In den letzten beiden Jahren hat es bei Webservices große Fortschritte gegeben", meint Jnan Dash, im kalifornischen San Jose ansässiger Berater und Experte für Infrastruktursoftware. Ging es bei den anfänglichen Visionen vor allem um die Zusammenarbeit von Firmen, so hat sich der Schwerpunkt inzwischen zur unternehmensinternen Integration von Applikationen verlagert. Webservices verändern das Web langsam, aber grundlegend. Denn ursprünglich war das WWW auf Menschen ausgerichtet, die in Dokumentenbeständen recherchieren. Server stellen heute große Bestände von Content bereit, der in den Browsern der Benutzer in Formaten der Hypertext Markup Language (HTML) angezeigt wird. Wenn Transaktionen überhaupt vorkamen, so wurden sie in der ersten Phase des Web von den Benutzern angestoßen, zum Beispiel beim Homebanking. Webservices hingegen sind auf Maschinen ausgerichtet. Die neue Aktivität besteht Dash zufolge in Transaktionsverarbeitung durch automatischen Aufruf von Webservices.

Standards noch im Fluss

Die elementaren Standards für Webservices genannte Programme im Internet können mittlerweile als etabliert gelten: die Extensible Markup Language (XML) als universelle Datenbeschreibungssprache, die Web Services Description Language (WSDL) zur Darstellung der Schnittstellen von Webservices, das Simple Object Access Protocol (Soap), über das ein Webservice einen anderen aufrufen kann, sowie Universal Description, Discovery, and Integration (UDDI) für Verzeichnisse, in denen Webservices verfügbar sind. Unter der Bezeichnung e-Business XML (ebXML) entstehen außerdem branchenspezifische Verfahren und Begriffe, die die alte Welt des Electronic Data Interchange (EDI) ablösen können. Ansonsten ist noch vieles in Bewegung.

Die Forschung in Sachen Webservices wird zwar von einzelnen Softwareherstellern getragen, doch die Standardisierung findet in übergreifenden Organisationen statt. Eine Hauptrolle spielt dabei die Organization for the Advancement of Structured Information Standards (Oasis). Konsens zeichnet sich seit kurzem bei der Frage ab, wie Webservices kombiniert werden können, so dass sie betrieblichen Abläufen, auch Workflows oder Geschäftsprozesse genannt, dienen. Hier findet die Business Process Execution Language (BPEL) jetzt breite Unterstützung. Diese Sprache verbindet die graphenbasierte Web Services Flow Language (WSFL) von IBM mit dem algebraischen XLANG-Formalismus von Microsoft.

"Erst in der Kombination werden Webservices richtig nützlich", betont Carlos Lopez, Marktforscher bei dem Münchner IT-Dienstleister Softlab. Noch viele Fragen offen seien hingegen bei der Sicherheit. Einfachheit und Lesbarkeit gingen durch Sicherheitsmechanismen oft verloren, meint der Beobachter. Eine fundamentale Lösung sei nicht in Sicht, auf absehbare Zeit werde es bei einem Flickenteppich bleiben. Beim Systemmanagement überwiegen Lopez zufolge bislang herstellerspezifische Funktionen, die große Anbieter wie Hewlett-Packard oder BMC nach Gutdünken in ihre Produktsuiten aufnehmen. Auch für hochvolumige Transaktionsverarbeitung ist die Zeit für Webservices wohl noch nicht reif. Selbst beim zuverlässigen Nachrichtenaustausch scheiden sich noch die Geister. Und Arbeiten, um Webservices auf Grid-Architekturen abzustimmen, haben gerade erst begonnen.

Nicht immer kompatibel

Für die Ausbreitung und Akzeptanz von Webservices genauso wichtig wie die Standardisierung ist die Kompatibilität der unterschiedlichen Produkte. Führende Hersteller haben deshalb die Web Services Interoperability Organization (WS-I) ins Leben gerufen. Diese Organisation gibt auch Richtlinien und Werkzeuge heraus, um Anwendern die Erstellung und den Einsatz von Webservices zu erleichtern. Damit die Webservices-Technologien in den Unternehmen ihren Nutzen entfalten können, muss auch die IT-Landschaft darauf abgestimmt werden: einer serviceorientierten Architektur (Service-oriented Architecture, SOA), die Anwendungsfunktionalität in Gestalt mehrfach verwendbarer Dienste bereitstellt, kommt insofern eine Schlüsselrolle zu. Einen Schub für Webservices erwartet Lopez, wenn große Applikationshersteller ihre Fertigsoftware auf die neuen Technologien umgestellt haben. SAP etwa arbeitet intensiv daran und propagiert bereits eine entsprechende Architektur.


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