Angezapft

19. August 2004, 0:00 Uhr |

Angezapft. Im Oktober können Besucher des sich selbst als Städteportal bezeichnenden Shop & Flirt-Angebots »Rabatica.de« auf einer virtuellen »Wiesn« von Kneipe zu Kneipe ziehen, um mit anderen Benutzern aus aller Welt zu flirten, zu trinken und zu feiern. »Unser Oktoberfest wird die größte, virtuelle Party der Welt«, freut sich Klaus Gummersbach, einer der Geschäftsführer. »Wir rechnen mit mehreren tausend teilnehmenden gastronomischen Betrieben und vielen Millionen Besuchern.«

Angezapft

Vorfreude ist ja bekanntlich die schönste Freude, daher hat CRN schon mal einen Blick auf Rabatica.de geworfen ? und Sie werden es kaum erwarten können, bis es im September dann endlich losgeht: Schon jetzt könnten Sie zum Beispiel mit »Zwulk« flirten. Er, männlich, grünbraune Augen und schwarze Haare sucht eine Frau für »wasauchimmer«. Bei einer Körpergröße zwischen 1,71 und 1,80 Metern dürfte der Single mit nach eigener Einschätzung »normalem« Körperbau noch eine Weile Benutzer des Flirtportals bleiben. Auch »kleines-kiwi-miststueckchen«, eine 40-Jährige, Junggebliebene mit braunen Augen und roten Haaren aus der Nähe von Osnabrück, hat auf den ersten Blick nicht überzeugt: Zwar passen die »paar Pfunde mehr« sicherlich noch in ein zünftiges Dirndl, der Flirtfaktor sinkt aber durch die feste Beziehung, in der sich die Dame befindet. Hoffen kann sie dennoch, vielleicht begegnet sie ja »Sir Lancelot«. Der Mittelalterfan ist mit den Angaben »Suche wasweissich für wasauchimmer« und »Ich fühle mich nach dies und das« als eher unkompliziert einzuordnen.

Richtig Partystimmung kommt derzeit jedoch noch nicht auf. Das wird sich aber bessern. Sobald die Flirtwilligen erst einmal mit Riesenbrezel und halb eingeschenkter Maß vor dem Monitor sitzen, fehlt nur noch die Beschallung mit schlechter Blasmusik ? für die geschäftstüchtigen Hamburger Kaufleute Gummersbach und Arnold sicher kein Problem. Wenn in den virtuellen Schießbuden vom Hormonstau geplagte Chatter ihren verehrten »Miststueckchen« erst virtuelle Rosen schießen, wenn aus Millionen Kehlen in Millionen Wohnzimmern außerhalb Bayerns ein wohleinstudiertes »Oans, zwoa, gsuffa!« erschallt und anschließend tausende von Angetrunkenen in der heimischen Toilette auf den Sitz pinkeln, wird dank Rabatica.de ganz Deutschland ein einziges Oktoberfest.

Wir feiern wieder, ganz ohne Moshammer, Ude mit seinem Anzapfhammer, Daisy, Wiesnberichterstattung, wogende Mieder, gebratene Ochsen, verbrannte Hendl, zerbrochene Bierkrüge und erbrochene Reiberdatschi. Und nächstes Jahr werden dann auf der Theresienwiese Alpenveilchen gepflanzt und vor der Bavaria-Statue eine Riesenleinwand aufgestellt. Auf ihr wird die Webseite von Rabatica.de den vergeblichen angereisten Australiern und Italienern gezeigt: »For Oktoberfest please go to Rabatica.de«. Wer könnte dann schon widerstehen?


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