Ausgeblendet. »Arbeiten Sie einfach unter Ihrem Lieblingsbaum«, wirbt Chip-Anbieter Intel derzeit vollmundig in Fernsehspots für Notebooks mit seiner Centrino-Technologie.
Drahtlos sei das ja ohne weiteres möglich, WiFi-hin, WiFi-her würden die Daten ausgetauscht, und während die weniger fortschrittlichen Menschen die hoffentlich bald zu erwartenden ersten lauen Frühlingstage in stickigen Büros zubringen, holen sich Centrino-Besitzer in den wohltuenden Strahlen der lange vermissten Sonne auf dem feuchten Moos die erste Blasenentzündung des Jahres.
Doch ob sie dafür wenigstens einmal effektiv gearbeitet haben, ist bei weitem nicht sicher: Während die Damen fasziniert den neuen Modellen der Frühjahrsmode nachsehen und Stoffqualitäten und Farben mit denen im eigenen Kleiderschrank vergleichen, schauen die im Winter wenig verwöhnten Herren wohl eher auf die Stellen der vorbeiflanierenden Personen, die eben nicht von Stoff bedeckt sind ? und freuen sich auf die richtigen Sommertage.
Denn arbeiten ? das wird jeder, der ein Notebook schon mal im Freien benutzt hat, bestätigen ? kann man in den Strahlen der Frühlingssonne nicht: Man sieht auf dem Display schlichtweg nichts. Im Schatten geht es einigermaßen, auch wenn es nicht jedermanns Sache ist, sich in der Öffentlichkeit eine Umzugskiste auf Schulter und Knie zu stülpen, um Kopf und Notebook hineinzustecken.
Doch kein Problem, für das die IT-Industrie nicht schon eine Lösung hätte. In diesem Falle heißt sie OLED, Organic Light Emitting Diode. Biologen entdeckten bei Glühwürmchen natürliche Polymere mit Halbleitereigenschaften. Davon wurden halbleitende Kunststoffe abgeleitet ? mit vergleichbaren Eigenschaften wie klassische Halbleiterkristalle, die also auch leuchten können. Und wenn man einmal soweit ist, sie nicht nur in PDAs sondern auch in Notebooks einzusetzen, dann kann der Mann aus der Intel-Werbung endlich unter seinem Lieblingsbaum arbeiten.
Organische Displays haben aber auch Nachteile: So sind bei Transport und Lagerung in Zukunft möglicherweise ? wie für andere seltene Tierarten auch ? bestimmte Transportbestimmungen einzuhalten. Auch der Postversand ist erschwert, dürfen doch seit einiger Zeit nicht einmal mehr Bienenköniginnen zwischen Imkern hin und her geschickt werden. Ganze 15-Zoll-Flächen voller organischer Dioden kommen da überhaupt nicht in Frage. Und ähnlich wie bei Zirkustieren auch, stellt sich natürlich die Frage nach artgerechter Haltung und ob ihre Beschäftigung den Tierchen auch Spaß macht und ausreichender Ersatz für ein Leben in freier Wildbahn ist.
Neben neuen Problemen entstehen aber auch neue Möglichkeiten: So können sich die TFT-Hersteller trotz identisch aussehender Produkte dann in Zukunft ähnlich wie heute die Joghurtanbieter mit »linksdrehenden organischen Dioden« oder Sprüchen wie »stärkt ihre natürliche Darmflora« für ihre Produkte werben. Vielleicht hilft das im Frühjahr 2008 dann sogar gegen die erste Blasenentzündung, die sich die OLED-Benutzer auf dem feuchten Moos unter ihrem Lieblingsbaum holen.