Ausgetrickst

8. Juli 2004, 0:00 Uhr |

Ausgetrickst. Deutschland ist Weltmeister! Der triumphale 5 : 3-Sieg im packenden Finale gegen die Konkurrenz der TU Sydney am 3. Juli in Lissabon war der Höhepunkt eines ungewöhnlichen Turniers: In der Weltliga der vierbeinigen Roboterhunde treten in einer Mannschaft vier der 25 Zentimeter hohen Kicker an.

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Sie sind völlig autonom und müssen alle Entscheidungen selbsttätig treffen und umsetzen, Fernsteuerung ist verpönt. Eine CCD-Kamera in der Schnauze liefert 25 Bilder pro Sekunde an einen Onboard-Prozessor. »Wo ist der Ball? Wo sind die Tore? Wo bin ich?« sind die wichtigen Fragen.

Das deutsche Team aus den Unis Berlin, Bremen, Darmstadt und Dortmund entwickelte die dazu benötigte Software zur Bildauswertung und Verhaltenssteuerung. Anders als Rudi, dessen Gedanken abwechselnd um Kuranyi, Dundee, Rink oder Neuville rotierten, konnten die deutschen Robo-Cup-Teilnehmer so die Qualität des Gütesiegels »Made in Germany« wieder einmal unter Beweis stellen.

In der »Robo-Cup-Federation« treiben rund 150 Unis und Unternehmen mit jährlichen Wettbewerben die Forschung bei Robotik und Künstlicher Intelligenz voran. Bis 2050 wollen sie eine Mannschaft humanoider Roboter entwickelt haben, die physisch und kognitiv in der Lage ist, gegen den amtierenden Fußballweltmeister anzutreten. Beim Fußballweltverband stoßen solch hochfliegende Pläne auf offene Ohren, dort experimentiert man bereits mit dem Prototypen »Blatter I«. Das Modell »MV« ? mit verstärktem Unterkiefer und unzähligen, haarfeinen omnidirectionalen WLAN-Antennen auf der Oberseite ? befindet sich in einem untergeordneten Aufgabengebiet ebenfalls bereits in der Testphase.

Das wahre Ziel der Wissenschaftler ist es aber nicht, alle Fußballspieler dieser Welt durch Maschinen zu ersetzen. Welches Spice-Girl würde schon einen Roboter heiraten? Woher nähmen die Fernsehstationen ihre sinnentleerten Interviews? Und wie brächte man die Roboter dazu, sich in Diskotheken zu prügeln, mit Thekenschlampen einzulassen oder auf Autobahnen zu rasen? Der Sport wäre ohne dieses Beiwerk nur die Hälfte wert ? und im Gegensatz zu Luis Figo oder David Beckham können die Roboter noch nicht weinen.

Aber als Staatsmänner, die auf Konferenzen in Davos, Sea Island oder Istanbul aufeinander zugehen. Sich würdevoll die Hände schütteln und dann einen nationenspezifischen Zufallstext mit vordefinierten Stichworten vorlesen, dafür taugen sie allemal. Rund um »Freiheit, Kampf, Terrorismus, Stärke« werden sich die Reden von »Bush III« drehen, der bereits 2008 in Dienst gestellt werden soll. »Kohl Reloaded« wird in der 2009 startenden Betaphase über »Soziale Gerechtigkeit«, »Lernen aus der Geschichte«, »Nato-Partner« sowie »Währungsstabilität« referieren. Probleme bereitet in der dazu gegründeten UNO-Arbeitsgruppe lediglich das französische Modell: »Majestix« wird von zwei Hilfsrobotern auf einem Schild getragen ? ein im Protokoll nicht vorgesehener Umstand.


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