Behörden-Portale erobern das Web. Mit einigen Prestigeprojekten hat die öffentliche Hand das Thema E-Government nach vorn getrieben. Dennoch nutzen erst wenige Bürger die neuen Angebote der Verwaltungen.
Der Deutsche Wetterdienst (DWD) führt 168 Dienststellen zusammen.
Foto: DWD
Nur jeder zweite Internetnutzer in Deutschland besucht im Netz auch die Auftritte von Behörden - das ergab eine Studie des Marktforschungsinstituts TNS Emnid vom Dezember 2003. Gemessen an der Gesamtbevölkerung sind das lediglich 26 Prozent. Damit liegt Deutschland bei einem Vergleich von 32 Ländern bei der Nutzung von E-Government-Angeboten nur auf Platz 19.
Für die Zukunft ist eine deutliche Verbesserung der Situation zu erwarten. Zunehmend bieten Behörden über das Internet Dienste an, die administrative Vorgänge für Bürger und Unternehmen transparenter machen und ihnen Zeit sparen. Gerade in letzter Zeit sind sehr viele neue Angebote im Internet realisiert worden - Ende 2003 boten die Bundesbehörden bereits 160 Dienstleistungen im Web an. Viele andere werden in nächster Zeit folgen.
Eine besondere Bedeutung kommt in diesem Bereich Portalen zu, über die Bürger und Unternehmen Zugang zu Informationen und Dienstleistungen der Behörden bekommen oder die Institutionen miteinander vernetzen.
Ein Beispiel ist das Verwaltungsportal des Landes Baden-Württemberg www.service-bw.de. Schon 2001 fiel beim Land die Entscheidung, die Internet-Dienstleistungen für Bürger und Unternehmen, die bis dahin von Gemeinden, Städten, Landkreisen und der Landesverwaltung angeboten wurden, auf einer gemeinsamen Plattform zusammenzufassen. Der Systemintegrator T-Systems baute ein System, über das Bürger und Unternehmen seit Oktober 2003 stabil und sicher Zugang zu Informationen und Dienstleistungen der Kommunal- und Landesverwaltungen bekommen. Über das Portal erhalten alle beispielsweise über den Zuständigkeitsfinder (Z-Finder) eine verständliche Beschreibung von Verwaltungsabläufen sowie die Kontaktangaben aller zuständigen Behörden und Ansprechpartner. Des Weiteren gibt es gebündelte Informationen zu besonderen Ereignissen wie Geburt, Heirat oder Umzug sowie zu Themenkomplexen wie dem Meldewesen, also Antworten auf Fragen rund um Pass und Personalausweis. Außerdem stehen für viele administrative Vorgänge die notwendigen Formulare online zur Verfügung. Über den Onlinedienst Bürgerforum können Bürger Ideen oder Kritik einbringen oder sich zu Vorschriften äußern.
Dr. Bernhard Ropertz, IT-Koordinator, Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen: "Das System bietet Schnittstellen zu vielen anderen Produkten."
Foto: Bundesverkehrsministerium
Dabei bleiben sowohl Anbieter als auch Nutzer flexibel: Gemeinden, Städte und Landkreise haben die Möglichkeit, ihren Auftritt individuellen Bedürfnissen anzupassen und die Informationstiefe und -dichte ihres Angebots selbst zu bestimmen. Die Bürger gelangen auf vielfältigen Wegen zu den einzelnen Diensten des Portals. Um beispielsweise einen Führerschein elektronisch zu beantragen, kann der Antragsteller wahlweise über die verschiedenen Kernfunktionalitäten wie Verfahrensbeschreibungen, Behördenwegweiser oder Lebenslagen auf den Verwaltungsvorgang zugreifen und ihn abwickeln.
Um eine möglichst problemlose Kommunikation zwischen den Verwaltungen zu erreichen, setzte T-Systems in diesem Fall auf eine einheitliche technologische Plattform mit dem Applikationsserver BEA WebLogic Server im Zentrum. "Dieser hat sich bereits in früheren Projekten bewährt", sagt Joachim Jahn, Projektleiter bei T-Systems. "Beim Landesportal Baden-Württemberg konnten wir auf unsere guten Erfahrungen wieder zurückgreifen."
Das Portal "service-bw" des Landes Baden Württemberg ist ein Beispiel dafür, dass Standard-basierte Technologien die Kommunikation zwischen Bürgern und Behörden sowie der Behörden untereinander verbessern können.
Portale eignen sich nicht nur für die Vernetzung von Verwaltungen und Bürgern. Ein weiteres Einsatzfeld für die Portaltechnologie ist die Verbindung von Behördenmitarbeitern untereinander. Bei der Bundesverwaltung für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (BVBW) befindet sich zum Beispiel zurzeit ein behördenübergreifendes Intranet im Aufbau, das die verschiedenen Standorte und Verwaltungen miteinander vernetzt.
Das System soll im Endausbau ca. 14000 IT-Nutzer in 168 über das gesamte Bundesgebiet verteilten Dienststellen miteinander verbinden und ein umfassendes und aktuelles Informations- und Wissensmanagement ermöglichen. Außerdem werden künftig über das Intranet Applikationen und Geschäftsprozesse vereinheitlicht und damit die Möglichkeit geschaffen, Vorgänge ressortweit zu rationalisieren. Was den Personalisierungsgrad des Intranets betrifft, setzt das Projekt Maßstäbe in der deutschen Behördenlandschaft. Die Federführung liegt beim Netzwerk-Kompetenzzentrum der BVBW im Deutschen Wetterdienst (DWD). Beteiligt in der Projektgruppe sind zwölf Mitarbeiter aus verschiedenen Behörden.
Hans Janßen, Leiter Kommunikation beim Deutschen Wetterdienst: "Die Personalisierungsfunktionen sind für uns besonders wichtig."
Foto: Deutscher Wetterdienst
Unter den zahlreichen Angeboten, die auf die Ausschreibung hin abgegeben wurden, wurde ein am Markt verbreitetes und skalierbares System gesucht, das unter Linux läuft, mit Verzeichnisdiensten koppelbar ist und umfangreiche Such- und Personalisierungsmöglich-keiten bietet. Durch die Verzeichnisdienste können Mitarbeiter schneller und leichter als bisher beispielsweise die Kontaktdaten von Kollegen aus anderen Behörden aufspüren.
"Besonders wichtig sind für uns die zahlreichen Personalisierungsfunktionen innerhalb der Portalsoftware. Portlets machen es möglich, dass die Mitarbeiter die Informationen und Anwendungen auswählen können, die sie benötigen", sagt Hans Janßen, Leiter des Referates Kommunikation beim Deutschen Wetterdienst und verantwortlich für das BVBW-Intranetprojekt. "Für die deutsche Behördenlandschaft handelt es sich hierbei um eine absolute Neuheit, die über die Vorgaben der Initiative BundOnline 2005 hinausgeht."
Nach der Vergabe des Auftrags im November 2002 begann der Aufbau des Systems. Parallel dazu laufen Schulungen, durch die ein umfangreicher Know-how-Transfer stattfindet und die Java-Kompetenz der beteiligten BVBW-Mitarbeiter gestärkt wird.
Dr. Bernhard Ropertz, IT-Koordinator beim Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen und ebenfalls Projektleiter ist mit dem bisherigen Projektverlauf sehr zufrieden. "Das System ist sehr offen und bietet Schnitt-stellen zu vielen anderen Produkten, die wir einsetzen. Es erfüllt unsere Vorgaben tadellos."
Dies sind nur zwei von vielen Beispielen, wie Portale die Arbeit von Behörden erleichtern und Prozesse vereinfachen können. Der Trend zu mehr Partizipationsmöglichkeiten der Bürger ist deutlich und unumkehrbar. So sorgt ausgefeilte IT-Infrastruktur-Technologie nicht nur für eine möglichst effiziente Abwicklung von Dienstleistungen öffentlicher Institutionen über das Internet, sondern wird in Zukunft Bürgern und der Wirtschaft helfen, sich selbst aktiv zu beteiligen und auf die Entscheidungsprozesse der Institutionen Einfluss zu nehmen.
* Gerlinde Weidt ist freie Journalistin aus Neusäß b. Augsburg