Bei Treasury-IT nicht nur dem Trend hinterher laufen. Ein Interview mit Dr. Ulrich Atzrott, Abteilungsdirektor bei der DekaBank und zuständig für die Handels-IT, über die Einführung und Aktualisierung von Treasury Software (Treasury=Überwachung von Zahlungsströmen).
Marktbeobachter von IDC/Financial Insights prognostizieren für die jährlichen Investitionen in Treasury Management-Lösungen bis 2008 einen Anstieg von 400 auf 600 Millionen US-Dollar. Ein Hinweis darauf, dass offenbar immer mehr Unternehmen ein Bewusstsein für die Notwendigkeit solcher IT-Systeme entwickeln. Die Gründe hierfür: Moderne Treasury Management-Systeme bilden den gesamten Entwicklungszyklus von Geldgeschäften für alle erdenklichen Finanzinstrumente ? wie Geldmarkt, Schulden und Investment, unternehmensinterne Anleihen oder Darlehen ? ab. Dabei orientieren sie sich an der klassischen Unterteilung der internen Aufgabenbereiche von Front-, Middle- und Back-Office und schaffen durchgängig automatisierte Prozesse. Darüber hinaus stellt das Treasury Management-System auch die Verbindung zu externen Datenquellen wie Forecast-Systemen, ERP-Anwendungen oder zusätzlichen Risikomanagement-Systemen für komplexe Bewertungen her. Kosteneinsparungen sind nur einer der Treiber für die Einführung eines sogenannten »Straight Through Processing-Treasury Management-Systems«: Gesetzliche Anforderungen von Sarbanes Oxley bis KonTraG verlangen den Nachweis, dass die selbstverständliche Transparenz des unternehmensweiten Finanzleistungsvermögens und die Kontrolle über das Finanzmanagement tatsächlich vorherrschen.
Herr Dr. Atzrott, Sie haben Ende 2002 bei der DekaBank eine komplett neue Treasury-Software eingeführt. Was waren die Treiber?
Zwei Gründe sprachen für die Einführung der neuen Software: In den vergangenen Jahren gab es viele neue regulatorische Anforderungen. So beispielsweise Sarbanes Oxley, aber auch die Umsetzung internationaler Rechnungslegungsvorschriften wie IAS/IFRS. Fast gleichzeitig mit den Regularien kamen Impulse von der Marktseite. So ist die Taktung von neu entwickelten Produkten mittlerweile extrem hoch. Hier muss die IT mithalten können und nicht nur dem Trend hinterher laufen.
Welche Lösung hatten Sie vor der Umstellung implementiert?
Zuvor hatten wir bei der DekaBank eine Inhouse-Lösung in Betrieb. Wir brauchten aber ein neues Tool, das den Anforderungen ? beispielsweise des Realtime-Tradings ? bestmöglich entspricht und gleichzeitig das Kontrahentenrisiko online überwachen kann. Es geht unter Gesichtspunkten des Risikomanagements nicht, wenn man erst am Mittag weiß, was morgens um neun Uhr Stand der Dinge war. Wir vertreten bei der DekaBank die Auffassung, dass wir nicht alles selber machen müssen, sondern da, wo wir gute Standardprodukte am Markt haben, diese auch nutzen. So sind wir auf die Lösung FinanceKit von Trema gekommen.
Hatten Sie bei der Einführung eines so umfassenden Systems keine Bedenken?
Die größte Herausforderung bestand darin, dass wir aufgrund der technischen Gegebenheiten einen »Big Bang« durchführen mussten. Das heißt, dass bis Freitagabend noch das alte System in Betrieb war, ab Montagmorgen aber das Neue laufen musste. Dieser Übergang erfolgte reibungslos. Insgesamt dauerte der Implementierungszeitraum rund 15 Monate. Vor allem die Integration in die bestehende Systemarchitektur mit dem Aufbau der Schnittstellen hat sich als sehr aufwendig herausgestellt.
Thema Upgrades. Wie sehen Sie in diesem Bereich die Einführungen bei der DekaBank?
Es gibt jedes Jahr eine große Einführung, den so genannten »Major Release« mit jeder Menge funktionaler Erweiterungen. Man muss darauf sorgfältig vorbereitet sein. Der gesamte Cashflow unserer Bank wird über das neue Tool verarbeitet. Die Ende 2002 eingeführte Software hat sich seitdem weiterentwickelt. Es gab viel Sonderentwicklungen für unsere Zwecke, die nun auch anderen Kunden zur Verfügung stehen.
Wann ist aus Ihrer Sicht der Zeitpunkt gekommen, eine neue Technologie einzuführen?
Wir haben viele wichtige Technologietrends in den vergangenen Jahren gesehen. Letztlich ist die Funktionalität unser Treiber. Als Beispiel kann ich ihnen die althergebrachte Technik unserer IBM-Mainframes nennen, die wir heute nach vielen Jahren in speziellen Einsatzgebieten immer noch nutzen. Sie ist zwar alt, aber ausgereift. Da gibt es keinen Grund zu wechseln, es sei denn, die neue Technologie ist erwiesenermaßen billiger. Denn die Total Cost of Ownership müssen minimal bleiben. Neue Funktionalitäten, besonders im Handel, lassen sich allerdings nur auf modernen Technologien effizient abbilden.
Alexander Wehrmann ist freier Autor in München