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Moratorium für elektronische Gesundheitskarte

BITKOM platzt der Kragen

Im Ringen um emotional besetzte Wahlkampfthemen haben die FDP und Grüne die elektronische Gesundheitskarte entdeckt. Sie sollte eigentlich vor drei Jahren die Modernisierung im Gesundheitswesen einläuten und der IT-Branche neuen Schwung verleihen. »Klientelpolitik«, schimpft der BITKOM über eine weitere Verzögerung.

Autor:Martin Fryba • 25.5.2009 • ca. 1:10 Min

Nach dem Willen der FDP und Grüne soll sie noch weiter auf ihre elektronische Gesundheitskarte warten: Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt.
Inhalt
  1. BITKOM platzt der Kragen
  2. 20 mal sicherer als Online-Banking

Das deutsche Gesundheitswesen mutet dem aus der griechischen Sage bekannten Stall des Königs Augias an. Dieser, so heißt es, war seit 30 Jahren nicht ausgemistet worden und es bedurfte der ganzen Heldenkunst eines Halbgottes wie Herakles, den von über 3.000 Rindern kontaminierten Verschlag in nur einem Tag zu reinigen. Die Fähigkeiten und Durchsetzungskraft eines Herkules besitzt Gesundheitsministerin Ulla Schmidt nicht. Einen solchen Halbgott aber bräuchte das deutsche Gesundheitswesen, der ohne Rücksicht auf die zahlreichen Interessensvertreter eine grundlegende und nachhaltige Modernisierung in dieser Branche auf den Weg bringt.

Und dieser Weg führt zunächst in die Digitalisierung von Daten und ist überhaupt die Voraussetzung für die elektronische Patientenakte, für eine zentrale Vorhaltung aller Patientendaten, bei denen der Patient selbst bestimmt, dass lediglich Ärzte auf alle Daten zugreifen können und nicht etwa Krankenkassen, sonstige Abrechnungsinstanzen oder gar Lebensversicherungen. Sechs Jahre nach dem politischen Beschluss und drei Jahre nach dem ursprünglichen Starttermin soll die elektronische Gesundheitskarte weiter auf Eis gelegt werden. Das fordert die FDP und die Partei der Grünen.

Vordergründig geht es den politischen Parteien um Datenschutz. Ein sensibles Thema, das sich im Bild vom gläsernen Patienten wie kein zweites hervorragend eignet, um sich selbst als Datenschützer zu gerieren. Man würde sich die gleiche Konsequenz der Liberalen wünschen, wenn es generell um das Bundesdatenschutzgesetz geht. Doch wenn sich beispielsweise der Deutsche Dialogmarketing Verband gegen eine von Bundesdatenschützer Peter Schaar geplante Verschärfung des Datenschutzrechts wehrt, kann sich der Interessensverband der Werbewirtschaft der Unterstützung der FDP sicher sein.

»Der Datenschutz wird vorgeschoben, um Klientelpolitik zu betreiben«, bringt es BITKOM-Präsident August-Wilhelm Scheer auf den Punkt.