Broadliner wird nach Drei-Jahres-Plan renoviert: Actebis Peacock wach geküsst

30. September 2004, 0:00 Uhr | Samba Schulte

Broadliner wird nach Drei-Jahres-Plan renoviert: Actebis Peacock wach geküsst. Keine »Schlaffis« mehr in Soest. Actebis-Chefin Bärbel Schmidt bringt das schwer renovierungsbedürftige Distributionsunternehmen wieder auf Erfolgskurs. Zugrunde liegt ein Drei-Jahres-Plan.

Broadliner wird nach Drei-Jahres-Plan renoviert: Actebis Peacock wach geküsst

Legenden, die sich um ihre Person ranken, sind für Bärbel Schmidt nichts Neues. Tatsächlich gibt es die sagenumwobene »Druckkammer« in der Actebis-Peacock-Zentrale in Soest. Allerdings handelt es sich nicht etwa um eine Folterkammer, in der Mitarbeiter mit eiserner Faust auf Performance getrimmt werden, sondern um einen freundlich gestalteten Besprechungsraum. Der martialische Name ? lediglich ein interner Spaß. »Keine Sorge: Bei uns wird niemand niedergemacht«, beschwichtigt die Actebis-Chefin. Ihr Führungsstil sei eher kooperativ als autoritär.

Schmidt hat bessere Methoden gefunden, um den neu aufgestellten Gemeinschaftsvertrieb der zusammengeführten Distributionsgesellschaften Actebis und Peacock wieder in Schwung zu bringen: Sie hat das Gehaltssystem der Beschäftigten ändern lassen, so dass nun jeder Vertriebsmitarbeiter durch bessere Performance auch mehr verdient, also ein Provisionsmodell. Auf dem Bildschirm an seinem Arbeitsplatz kann der Beschäftigte jederzeit sehen, wie viel er aktuell hinzu verdient hat. Zusätzlich werden Tagesumsätze (persönliche Daten der Mitarbeiter ausgenommen) per Beamer an die Wand projiziert. »Im Durchschnitt verdienen unsere Mitarbeiter so mehr«, meint Schmidt. Eine einfache Änderung mit großer Wirkung. Unternehmenskenner beispielsweise stellen fest, dass im Vertrieb eine völlig neue Arbeitsmoral herrsche: »Vor einem Jahr ging es im Actebis-Vertrieb jedenfalls noch deutlich schlaffer zu.«

Die alte Garde geht

Wahr ist allerdings, dass viele verdiente Manager, beispielsweise Aida Mesic, Leiterin der Marketingagentur S.A.M. oder Mike Cramer, BU-Leiter PCs & Displays, den Konzern seit dem Amtsantritt von Bärbel Schmidt verlassen haben. Auch Steffen Ebner, Leiter des Produktmarketings, wollte sich mit manchen grundlegenden Änderungen beim Soester Distributor nicht anfreunden. Von Karl Hoffmeyer, Leiter des Systemhaus-Netzwerks Actebis Network, wird gar berichtet, er habe das Unternehmen ohne beiderseitiges Einvernehmen Türen schlagend verlassen.

Die Komplettrenovierung des Broadliners ist tief greifend und erfordert Opfer. Dass die Actebis-Chefin aber nicht leichtfertig Köpfe rollen lässt, zeigt sich beispielsweise schon daran, dass sie tatsächlich fast alle Front-Office-Beschäftigten der Peacock GmbH wie angekündigt in die neue Gesellschaft übernehmen konnte. »Zwei Drittel der ursprünglich rund 200 Peacock-Mitarbeiter sind mitgegangen«, freut sich Schmidt. Es steckt also tatsächlich noch viel Peacock in der Actebis. Einstmals treue Kunden des Distributors aus Bad Wünnenberg müssen laut Schmidt auf ihre Peacock-Kontakte nicht verzichten, denn »bei den Ansprechpartnern gab es kaum Veränderungen«.

Außendienst und Service-Spezialisten

Gerade bei den Kundenkontakten hat sich jedoch die Actebis-Chefin einiges einfallen lassen, um die Effektivität der Vertriebsmannschaft zu steigern. »Der Vertrieb ist schließlich unser Gesicht zum Kunden«, weiß Bärbel Schmidt. Deshalb gibt es nun wieder einen Vertriebsaußendienst, der bald schon aus neun Mitarbeitern bestehen wird. Der Außendienst arbeitet eng mit dem Vertriebsinnendienst zusammen und kann vor allem auch bei den SMB-Partnern als »Feuerwehr« eingesetzt werden. Außerdem wurden die Vertriebsmitarbeiter durch die Einführung einer spezialisierten Service-Einheit entlastet. Dieses Service-Team ist innerhalb des Vertriebs für alle drei Geschäftsbereiche, HP, VAD sowie PC-NBs-Komponenten und Peripherie, tätig. Dort sind rund 30 Mitarbeiter unter anderem mit der Abwicklung von RMA-Fällen, aber auch anderen Service-Anfragen und Auskünften, beschäftigt. Ein Vorteil dieser Maßnahme ist, dass sich die Mitarbeiter im Telesales nun auf die Kundenberatung konzentrieren können und sich nicht mit verärgerten Resellern über schwierige Service-Fälle streiten müssen. »Außerdem steigt die Qualität der Service-Abwicklung, denn die Mitarbeiter in der zentralen Service-Abteilung sind auf dieses Thema fokussiert und kennen die Prozesse der Hersteller genau«, so Schmidt.

Trendwende geschafft

Laut Bärbel Schmidt wirken sich all diese Maßnahmen sowie das kürzlich eingeführte neue Online-Portal bereits positiv auf die Geschäftsentwicklung aus. Früher noch mussten häufig die anderen europäischen Gesellschaften für Umsatzwachstum und Gewinne sorgen. Der Umsatz der Actebis-Gruppe sank 2003 um vier Prozent auf 3,243 Milliarden Euro. Im Vorjahr waren es noch 3,959 Milliarden. Nun aber sei eine deutliche Kehrtwende festzustellen: »Wir sind sehr gut unterwegs«, freut sich Schmidt. Genaue Zahlen will sie aber aus Rücksicht gegenüber den Bilanzierungsvorschriften von Gesellschafter Otto nicht verraten. Zugewinne führt das Unternehmen auch auf gewonnene Neukunden zurück. Daher wehrt sich Bärbel Schmidt vehement gegen Vorwürfe der Wettbewerber, dass man übertrieben preisaggressiv vorgehe.

Auch Gesellschafter Otto lobt die Restrukturierungsmaßnahmen der Actebis-Geschäftsführerin: Der Wert des Unternehmens sei gestiegen, weshalb sich Otto über den geplatzten Verkauf der Gruppe an Westcoast-Chef Joe Hemani nicht weiter grämt. Vom Tisch ist der Verkauf damit noch nicht. Zumindest Teile der Actebis-Gruppe will Otto abgeben. Otto hat allerdings unter anderem für die Restrukturierung des Unternehmens einen Drei-Jahres-Plan vorgesehen, der bis Ende 2007 gilt.

VAD-Spezialisten gesucht

Wohin es mit Actebis Peacock bis dahin gehen soll, steht allerdings schon fest: Der Broadliner wird seine VAD-Kompetenzen ausbauen. »Wir wollen ein fokussierter Broadliner sein«, gibt Schmidt das Ziel vor. Denn sie geht davon aus, dass viele Hersteller künftig stärker Direktgeschäfte betreiben werden. »Wir müssen uns deshalb auch was das Produktangebot betrifft neu positionieren.« In den Bereichen Consumer Electronics und VAD vermutet die Actebis-Chefin beispielsweise aussichtsreiche Absatzsegmente. Mehr Hersteller ins Vertriebsprogramm aufzunehmen, sei allerdings nicht geplant. »Wir werden unsere Produktpalette eher schlank gestalten«, meint Schmidt. Actebis Peacock arbeitet derzeit mit rund hundert Lieferanten zusammen. Wichtiger sei es nun, kompetente Manager und Berater für den VAD-Bereich zu finden. Denn es gilt künftig, die Kunden durch entsprechendes Know-how und Beratungsqualität langfristig an sich zu binden.

___________________________________________

INFO

Actebis Peacock GmbH
Lange Wende 43, D-59494 Soest
Tel. 02921 99-0, Fax 993399
www.actebispeacock.de


Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Matchmaker+