Spektakuläre Akquisition im E-Commerce-Markt: Das Systemhaus Cancom übernimmt Home of Hardware (HOH), einen der größten IT-Internethändler in Deutschland. HOH drohte ein Opfer des eigenen Erfolgs zu werden und stand mit dem Rücken zur Wand - nicht zuletzt wegen massiver Probleme seines Mehrheitsgesellschafters Premiere. Indes rätselt die Systemhausbranche über die Motive von Cancom, in einen neuen, riskanten Markt einzusteigen.
Bis Donnerstag Vormittag war nach Informationen von Computer Reseller News das Rennen um den IT-Internethändler HOH aus Westendorf bei Augsburg noch offen. Mehrheitsgesellschafter Premiere und HOH-Gründer und Mitgesellschafter Martin Wild sollen bis zuletzt mit drei Kaufinteressenten verhandelt haben. Ein riskantes Pokerspiel, denn HOH braucht dringend einen solideren und vor allem solventeren Mehrheitsgesellschafter als den tief in roten Zahlen stehenden Fernsehsender Premiere, der im vergangenen Jahr 65 Prozent an HOH erworben hatte.
Schließlich erhielt das Systemhaus Cancom AG aus dem benachbarten Jettingen-Scheppach den Zuschlag. Für einen symbolischen Preis von drei Euro übernimmt Cancom den Premiere-Anteil am defizitären Internethändler HOH von 75,5 Prozent. Damit kann HOH-Chef Wild vorerst aufatmen. »Ich bin sehr erleichtert«, sagte Wild im Gespräch mit Computer Reseller News. Er bleibt Geschäftsführer, aber nicht mehr allein. Ihm zur Seite stellt Cancom ihren Onlinespezialisten Domenic Erberle. Für die restlichen Anteile, die im Wesentlichen Wild gehören, wurde eine erfolgsabhängige Regelung getroffen.
Wild, das zeichnete sich zuletzt immer deutlicher ab, war so zusagen Opfer seines eigenen Erfolgs. Das rasante Wachstum finanzieren zu können, fiel HOH zuletzt immer schwerer. Seit Jahren klettern die Umsätze beim 1997 gegründeten Etailer HOH um hohe zweistellige Raten: Die Erlöse in den ersten neun Monaten 2008 stiegen im Vergleich zum Vorjahr um fast die Hälfte auf knapp 64 Millionen Euro. Aber HOH schrieb rote Zahlen und musste Personal abbauen. Mit 85 Mitarbeitern wird HOH 2008 rund 80 Millionen Euro umsetzen.
Bereits im vergangenen Frühjahr gab es erste Informationen darüber, dass HOH trotz fortlaufendem Umsatzwachstum in die roten Zahlen geraten war . Nachdem eine Reihe von Kreditversicherern die Kreditlinien für HOH gekürzt hatten, geriet das Unternehmen im Oktober weiter unter Druck (CRN berichtete ). Dabei lag diese ungünstige Entwicklung weniger an der Performance von HOH, das auch in diesem Jahr ein beeidruckendes Wachstum vorlegte . Warum HOH auf das falsche Pferde setzte - weiter lesen