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Wachstumsmarkt Videokonferenzsysteme

Cisco schnappt sich Tandberg

Netzwerkausrüster Cisco baut sein Engagement im Bereich Video weiter aus. Rund drei Milliarden Dollar lässt sich die Nummer eins der Netzwerkbranche die Übernahme des Videokonferenzspezialisten Tandberg kosten. Die Partner der beiden Hersteller sehen den Deal mehrheitlich positiv, es gibt allerdings auch Bedenken.

Autor:Ulrike Garlet • 6.10.2009 • ca. 1:40 Min

Die Konsolidierung im Markt für Videokonferenzsysteme geht weiter. Für satte drei Milliarden Dollar will der Netzwerkriese Cisco den norwegischen Spezialisten für Videoconferencing, Tandberg, kaufen. Mit dem Angebot von 153,5 norwegischen Kronen pro Aktie hat Cisco den Kurs der Tandberg-Aktie um elf Prozent überboten. Der Verwaltungsrat von Tandberg hat den Aktionären bereits empfohlen, das Angebot, das für vier Wochen gilt, anzunehmen.

Mit dem zugekauften Tandberg-Portfolio schluckt Cisco nicht nur einen bisher starken Konkurrenten, sondern baut auch seine Zielgruppe weiter aus. Während Cisco mit seinen Highend Telepresence-Lösungen bisher vor allem bei Großkunden eine Rolle spielt, dürfte der Hersteller mit den Tandberg-Produkten künftig auch für mittelständische und sogar kleine Firmen interessant werden.

Die Partner von Cisco und Tandberg sehen die Übernahme größtenteils positiv, da sie erwarten, ihre Zielgruppen und ihre Reichweite im Markt ausbauen zu können. »Wir sind froh, dass wir nicht mehr mit zwei verschiedenen Herstellern und zwei Plattformen arbeiten müssen. Die Herausforderung für Cisco und Tandberg besteht jetzt darin, die Integration schnell abzuschließen«, sagt ein amerikanischer Partner. Bei einigen Punkten herrscht jedoch Unsicherheit im Channel. Sorgen bereitet den Händlern etwa, wie die beiden Produktlinien zusammen vermarktet werden, die Auswirkungen auf den Tandberg-Channel und die Zukunft von Tandbergs Highend Telepresence-Lösung, die direkt mit den Cisco-Produkten in Konkurrenz steht.

Nach der Übernahme positionieren sich auch Ciscos Konkurrenten im Markt für Videoconferencing neu – und sehen sich durch den Wegfall eines Konkurrenten eher gestärkt. »Wir erwarten, dass diese Übernahme bei Kunden und Partnern von Tandberg und Cisco für große Verwirrung sorgt«, sagt etwa Steve Leyland, Vice President EMEA beim Videokonferenzspezialisten Polycom. Gleichzeitig sei davon auszugehen, dass Tandbergs Lösungen nach der Übernahme ausschließlich an die Cisco Call Management Plattform gebunden würden. »Seit der Deal bekannt wurde, bekommen wir viele Anrufe von Tandberg-Partnern«, berichtet auch Michael Helmbrecht, der das Produktmanagement beim kalifornischen Videoconferencing-Hersteller Lifesize leitet.

Ciscos CEO John Chambers hat das Geschäft mit Videolösungen bereits seit längerem als Zukunftsmarkt entdeckt. Dazu hat die Nummer eins der Netzwerkbranche bereits mehrere Firmen übernommen. Zu den größten Coups gehörte 2007 die Übernahme des Web-Conferencing-Spezialisten WebEx für 3,2 Milliarden Dollar.

Die Akquisition von Tandberg soll nach Angabe von Cisco bis spätestens zum Sommer 2010 abgeschlossen werden. Tandbergs CEO Fredrik Halvorsen soll dann die Leitung der neuen »TelePresence Technology Group« von Cisco übernehmen.