Citynetze auf dem Weg zum kommunalen Profitcenter

19. Mai 2004, 0:00 Uhr |

Citynetze auf dem Weg zum kommunalen Profitcenter. Kupfer- und Glasfaserkabel, die von Städten und Gemeinden verlegt wurden, sind eine wertvolle Ressource. Viele Stadtwerke haben als Eigentümer dieser Infrastrukturen damit neue Einnahmequellen erschlossen. Einige Citycarrier generieren schon Profite.

Citynetze auf dem Weg zum kommunalen Profitcenter

Mnet baut sein Image als erfolgreicher Citycarrier auch durch Messeauftritte aus.

Foto: Kafka

Seit der Liberalisierung der Telekommunikation im Jahr 1986 kann jeder sich um Lizenzen bewerben, die zum Angebot von Telekommunikationsdiensten berechtigen. Das Monopol der Deutschen Telekom ist damit durchbrochen, und viele Städte nutzten die Gunst der Stunde.

Es gibt vielfältige Motive, als Stadt oder Gemeinde zusammen mit anderen Akteuren einen örtlichen Betreiber von Telekommunikationsnetzwerken zu gründen und ein für die Region maßgeschneidertes Dienstangebot zu entwickeln. Manche Stadtwerke wollen mehr Kunden erreichen oder an sich binden, andere ein örtliches Gegengewicht zur Deutschen Telekom etablieren. Andere Gründe reichen von der situationsbedingten Selbsthilfe über pures Gewinnstreben bis zur Erweiterung des Dienstangebots.

Ein sehr wichtiges Argument für lokale Carrier ist deren besondere Nähe zum Kunden: Meist kennen sie deren Besonderheiten sehr genau. Während bundesweite Anbieter häufig mit Dumpingpreisen und großen Werbekampagnen auf Kundenjagd gehen, können sich die regionalen Anbieter besonders intensiv der Betreuung ihrer Klientel widmen und maßgeschneiderte Lösungen anbieten. Die Deutsche Telekom hat den Stellenwert von lokalen Serviceangeboten übrigens ebenfalls erkannt und beteiligt sich am TK-Wettbewerb in vielen Städten mit dem Angebot City Netz.

Der erste Citycarrier

Der erste Citycarrier Deutschlands, Isis Multimedia Düsseldorf, wurde 1994 gegründet. Er entstand, weil die Deutsche Telekom die Anforderungen der WestLB hinsichtlich einer maßgeschneiderten TK-Infrastruktur nicht erfüllen konnte. Das Bankinstitut verbündete sich mit den Stadtwerken Düsseldorf und gründete eine eigene Gesellschaft. Isis ist angetreten, um anders, besser und vor allem schneller als die Deutsche Telekom zu sein. Mit dem eigenen Glasfaser-Citynetz versorgt ISIS heute im Großraum Düsseldorf private Haushalte, Unternehmen und Institutionen mit Telekommunikationsleistungen. Besonders innovativ sind die Centrex-Lösungen, mit denen beispielsweise die Stadtwerke Ratingen Einsparungen von über 700000 Euro jährlich erzielen konnten - in Zeiten knapper Kassen bei den Gemeinden ein schlagendes Argument. Seine Eigenständigkeit hat Isis auf dem Weg dahin allerdings eingebüßt: Das Unternehmen wurde komplett von Arcor aufgekauft.

Citynetz-Eldorado Bayern

Der Hafen von Düsseldorf wird komplett mit Diensten von Isis versorgt, einschließlich WLAN-Hotspots.

Foto: Kafka

Bayern gilt deutschlandweit als Vorreiter in der Nutzung und Förderung der modernen Informations- und Kommunikationstechnologien. Hier sind schon über 15 Stadtnetzbetreiber mit eigenen Infrastrukturen nach dem Vorbild der aus BayernOnline geförderten Stadtnetze München (Mnet) und Nürnberg (Nefkom) aktiv. Weitere Kommunen planen Ähnliches. Bayern ist damit das Land mit der größten Dichte an Stadtnetzen. Bereits seit 1996 verbindet das in alle Regierungsbezirke reichende Glasfaser-Backbonenetz "Bayernnetz" alle wichtigen Standorte.

Der 1996 gegründete regionale Provider in München und Umgebung, Mnet, vermeldete kürzlich ein erfolgreiches Geschäftsjahr 2003. Mit einem um 13,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr gesteigerten Umsatz in Höhe von 55 Millionen Euro wurde ein beachtlicher Gewinn vor Steuern von über sechs Millionen Euro erzielt. Geld verdient der Carrier schon seit 1999. Damit nimmt Mnet eine Spitzenstellung unter den alternativen Telekommunikationsanbietern in Deutschland ein. Klar, dass die Gesellschafter Stadtwerke München, Bayerische Landesbank und die Stadtsparkasse München hoch zufrieden mit dieser Entwicklung sind. Das Unternehmen betreibt ein eigenes modernes Glasfaser-Hochgeschwindigkeitsnetz mit rund 600 km im Stadtbereich München und 740 km im überregionalen Bereich.

Geschäftsführer Dr. Hans Konle sieht weiterhin positive Entwicklungschancen: "Wir passen uns der geänderten Nachfrage an, zum Beispiel, indem wir niedrigere Bandbreiten anbieten oder ISDN- und Internetzugang bündeln." Der Netzbetrieb in Eigenregie sei ein wichtiger Standortvorteil, dazu kämen kurze Entscheidungswege, die Innovationsbereitschaft des Unternehmens und seine Flexibilität bei der wettbewerbsorientierten Erfüllung der Kundenbedürfnisse.

Ein weiteres erfolgreiches Beispiel ist die Nürnberger Nefkom. Sie bietet ihre Leistungen momentan im Großraum Nürnberg, Erlangen und Fürth (N-E-F) sowie in weiteren ausgewählten fränkischen Städten an. Im Jahr 1997 startete das Unternehmen mit zwölf Mitarbeitern und einem Umsatz von zwei Millionen Euro. In diesem Jahr sollen mit 102 Mitarbeitern rund 37 Millionen Euro erwirtschaftet werden, wofür weitere 5,1 Millionen Euro an Investitionen geplant sind. Sieben Gesellschafter sind an Nefkom beteiligt: N-ergie Aktiengesellschaft, Stadtwerke Erlangen AG, Infra Fürth GmbH, Bayerische Landesbank, Sparkasse Nürnberg, Sparkasse Fürth und Stadt- und Kreissparkasse Erlangen.

Nefkom bündelt seine Services in drei Gruppen. Die Marke Nefconnect umfasst digitale Festverbindungen für Großkunden. Nefonline liefert Dienstleistungen rund um das Internet, Nefvoice schließlich Telefonverbindungen in die Nachbarschaft und weltweit. Das Produktportfolio wurde Anfang 1999 noch um Neftv, Kabelfernsehen und Radio über das Nefkom-Netz, ergänzt. Immer wieder positionierte sich der Provider als Schrittmacher der Branche. So zählte das Unternehmen zu den ersten, die einen Telefonanschluss inklusive Internetzugang zum Niedrigpreis von 0,97 Cent pro Minute offerierten. Die innovativen DSL-Produkte des Unternehmens sind die Basis für weiteres Wachstum.

Bereits heute umfasst das Nefkom-Netz die Städte Nürnberg, Erlangen und Fürth sowie die Gemeinden Feucht, Gunzenhausen, Roth, Schwabach, Weißenburg und Wendelstein. Zukünftig möchte Nefkom die fränkische Telefonlandschaft noch weiter erschließen. Eckhard Lübke, in der Geschäftsführung für die Technik zuständig, sieht sich mit dieser Expansionspolitik auf dem richtigen Weg: "Einerseits benötigen wir Weite und Menge, um im täglichen Wettkampf zu bestehen, andererseits meinen wir, dass genau die regionale Begrenzung unsere Produkte besonders attraktiv macht. Mit unserer gesteuerten Expansion haben wir wohl den richtigen Mittelweg gefunden." Seit Ende 2003 sind Nefkom-Anschlüsse auch in Ansbach verfügbar und derzeit wird Lauf an der Pegnitz angeschlossen.

Gemeinsam noch stärker

Um den Wettbewerb im Ortsnetz zu stärken, wurde im April 1999 der BREKO (Bundesverband der regionalen und lokalen Telekommunikationsgesellschaften e.V.) gegründet. Derzeit sind 43 Unternehmen dort organisiert. Die regionalen und lokalen Carrier bieten als Telekommunikationsgesellschaften mit eigener Infrastruktur als einzige in ihrer Region neben der Deutschen Telekom nicht nur Fern-, sondern auch Ortsgespräche an. Der Verein will faire Wettbewerbsbedingungen in der Telekommunikation sichern, den Liberalisierungs- und Deregulierungsprozesses vorantreiben und die wirtschaftlichen Tätigkeit der Mitglieder im Telekommunikationsbereich fördern. Darüber hinaus initiiert der Verband zwischen seinen Mitgliedsunternehmen geschäftliche Synergieeffekte, zum Beispiel beim Billing, beim Kundendienst, bei der Netzzusammenschaltung und Produktentwicklung.

Einige regionale Carrier sind auch unter dem Dach des VATM (Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdienstleistungen e.V.) organisiert. Zu ihnen gehören Ewetel, Hansenet, Isis, M"net, Netcologne und Tropolys. Dass sich die Verbandsarbeit lohnt, bestätigt eine Entscheidung der RegTP (Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post) vom Dezember 2003: 15 City-Netzbetreiber dürfen zunächst bis Ende Oktober 2004 bei den Terminierungsentgelten 0,5 Cent pro Minute mehr verlangen als die Deutsche Telekom bei entsprechender Leistung. Ursprünglich hatten die Wettbewerber jeweils Entgelte in unterschiedlicher Höhe beantragt. Die wurden aber von der Telekom abgelehnt.

Gerhard Kafka arbeitet als freier Fachjournalist für Telekommunikation in Egling bei München


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