CRN-Roundtable zum Thema ERP ? Der Fachhändler zwischen den Fronten

3. Juni 2004, 0:00 Uhr |

CRN-Roundtable zum Thema ERP ? Der Fachhändler zwischen den Fronten. Konsolidierung einerseits, das Auftauchen neuer, großer Anbieter im Markt andererseits, Preiskampf, Partnerjagd und unterschiedlichste Mittelstandsdefinitionen ? diese Problemfelder prägen momentan den ERP-Markt. Bei dem Roundtable der CRN diskutierten darum etablierte ERP-Anbieter mit Branchenneulingen und Systemhäusern, was der mittelständische ERP-Fachhandel und seine Kunden nun wirklich brauchen.

CRN-Roundtable zum Thema ERP ? Der Fachhändler zwischen den Fronten

Dass bereits seit zwei Jahren zahlreiche, vor allem mittelständische Anbieter vom Markt verschwinden, bestreitet keiner der Teilnehmer am CRN-Roundtable »Der ERP-Fachhändler zwischen den Fronten«. Dass diese Entwicklung durch den Markteintritt großer Konzerne wie Microsoft und SAP noch verstärkt wird, ebenfalls nicht. Dass allerdings in einigen Jahren nur noch drei, vier große Player im Markt agieren und alle kleineren Anbieter Insolvenz anmelden oder aufgekauft werden, halten alle Beteiligten für unrealistisch. Selbst Microsoft und SAP beteuern, nicht an weiteren Akquisitionen, sondern stattdessen an Partnerschaften interessiert zu sein. »Es geht nicht um groß oder klein, sondern um groß und klein ? also um Synergien zwischen Anbietern verschiedener Größe«, erklärt Dr. Michael Schmitt, Leiter Geschäftsbereich Mittelstand bei SAP. Unterstützung in dieser Auffassung erhält er von seinem Pendant bei Microsoft, Wolfgang Ebermann: »Wir brauchen Partnerschaften zwischen den verschiedenen Anbietern, um Branchen- und Speziallösungen entwickeln zu können, die auf unseren Standardplattformen aufsetzen«.

Newcomer wie Myfactory und Step Ahead haben sich bereits entschieden, auf der .Net-Plattform aufzusetzen, und sehen dadurch ausschließlich Vorteile: »Anbieter wie wir machen aus einer Plattform erst eine individuelle Lösung. Darüber hinaus bieten wir Flexibilität, Nähe zum Kunden und Partner und wachsen dadurch wesentlich dynamischer als die großen Anbieter«, freut sich Oliver Gürtler, Vorstand bei Step Ahead. Aber auch Hersteller, die unabhängig von den Großen agieren, fürchten nicht um ihre Marktposition. »Die Branche ändert sich ständig. Entweder kann man sich zurückziehen und klagen oder man stellt sich der Situation«, bringt es Frank Türling, General Manager bei Myfactory, auf den Punkt.

Eine andere Möglichkeit, sich im Markt zu behaupten, ist außerdem die Spezialisierung auf Nischen beziehungsweise auf unterschiedlich große Zielgruppen. »Microsoft und SAP siedeln den Mittelstand bedeutend weiter oben an als wir«, erklärt Markus Wild, Vorstand bei Bäurer.

Doch selbst bei unterschiedlichsten Definitionen der Zielgruppe bietet der Mittelstand nicht genug Potenzial, um allen Herstellern unbehelligtes und unbegrenztes Wachstum zu garantieren. »Microsoft und SAP wollen Marktanteile gewinnen. Das funktioniert nur zuungunsten anderer Anbieter«, gibt Peter Dewald, Geschäftsführer von Sage, zu bedenken und empfiehlt, klare Schwerpunkte zu setzen.

Bei diesem Verdrängungswettbewerb schneiden kleinere Anbieter allerdings gar nicht schlecht ab: Die Großen bieten zwar klangvolle Namen, doch zählen auch Technologie und Partnernetzwerk. Punkten können mittelständische Hersteller vor allem, was die Betreuung der Partner und das Verständnis für die Bedürfnisse des Fachhandels angeht. »Wir sind ein kleines Systemhaus, die Partnerschaft zu unseren Kunden läuft stark auf persönlicher Ebene ab. Es geht darum, dass der Kunde uns zutraut, eine Lösung zu implementieren«, schildert Wolfgang Seibel, Geschäftsführer beim Systemhaus Jucom die Situation. Entscheidend ist deshalb ein Hersteller, der die notwendige Flexibilität und Unterstützung bietet, um Projekte zum Erfolg zu bringen. »Die Betreuung durch kleinere Anbieter ist einfach besser«, urteilt Seibel. Auch in Sachen Innovationskraft und Funktionalitäten sehen sich die kleineren Anbieter nicht im Nachteil. »Entwicklungsprozesse für neue Funktionen sind bei uns wesentlich kürzer als bei einer SAP. Damit können wir viel schneller auf Kundenwünsche reagieren«, stellt Frank Türling, General Manager bei Myfactory fest.

Einstiegshürden sorgen für mehr Qualität

Ein negatives Phänomen im Markt ist der Preiskampf, der teilweise Hersteller-, teilweise Partner-getrieben ist. »Hersteller versuchen sich immer dann über Preisaktionen zu retten, wenn ihre Technologie den Höhepunkt überschritten hat oder sie mangels innovativer Ideen austauschbar wird«, stellt Kühl fest. Dewald zufolge ist das zentrale Problem allerdings der Wettbewerb innerhalb der Händlerschaft. Dieser werde dadurch verursacht, dass Hersteller nicht ausreichend qualifizierten und jeden Partner ohne Eintrittshürden akzeptierten. Auch Norbert Schwalm, Geschäftsführer des Systemhauses, EDS Mid-market Solutions, schlägt vor: »Klare sowie auch hohe Einstiegshürden sind wichtig, denn sie stehen dafür, dass ein Partner sich wirklich für ein Produkt engagiert und Know-how aufbaut. Nur so haben Kunden die Sicherheit, dass wirkliche Experten am Werk sind.« Auch offen gelegte Rankings, welche die Expertise einzelner Partner dokumentieren, seien sinnvoll. Eine weitere Alternative ist die Aufteilung der Partner nach verschiedenen Branchen, was aber nur dann funktioniert, wenn gleichzeitig pro Industrie eine begrenzte Anzahl von Partnern definiert wird.

Ein weiteres Thema ist das beim Kunden begrenzte Budget, das ebenfalls zu Preisverhandlungen führen kann. »In diesem Fall sind wir als Systemhäuser gefragt, dem Kunden etwas anderes als reduzierte Preise anzubieten. Geeignet ist beispielsweise ein Stufenplan«, weiß Schwalm. So können Leistungen zeitlich gestreckt oder zunächst weggelassen werden, um einen geringeren Preis zu erzielen.

Auch Leasing kann in diesem Zusammenhang helfen, den Kunden doch noch zur Investition zu bewegen. Der Vorteil von Leasingprogrammen der Hersteller ist dabei, dass sie ? im Gegensatz zu den Leasinggesellschaften ? ein Null-Prozent-Leasing bieten können. 20 bis 25 Prozent der Sage-Partner beispielsweise haben das Angebot bereits genutzt. Doch es gibt auch Einwände: »Null-Prozent-Leasing hat sicher Vorteile, doch reicht das allein nicht aus. Zuerst muss das Produkt mit seinem Kundennutzen überzeugen«, betont Wild. Erst dann könne man über Finanzierung sprechen.

__________________________________________

CRN-Roundtable ERP

Am Planet Reseller Roundtable der CRN haben teilgenommen:

Markus Wild, Vorstand bei Bäurer
Lothar Baldus, Geschäftsführer bei BB Solutions, Systemhaus und Partner von Step Ahead
Norbert Schwalm, Geschäftsführer bei EDS Midmarket Solutions, Systemhaus und Partner von MBS, SAP und SSA (Baan)
Godelef Kühl, Vorstand bei Godesys
Wolfgang Seibel, Geschäftsführer bei Jucom, Systemhaus und Partner von MBS und Step Ahead
Wolfgang Ebermann, Direktor Vertrieb Mittelstand bei Microsoft
Frank Türling, General Manager bei Myfactory
Peter Dewald, Geschäftsführer bei Sage
Michael Schmitt, Leiter Geschäftsbereich Mittelstand bei SAP
Oliver Gürtler, Geschäftsführer bei Step Ahead


Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Matchmaker+