Reseller werfen dem IT-Großhandel vor, durchweg höhere Preise als Etailer wie Amazon zu verlangen. Der Ärger ist verständlich, leider trifft er nicht die Richtigen.
Die Aufregung im Channel ebbt auch Wochen nach dem von CRN veröffentlichten »Brandbrief an die Distribution« nicht ab. Reseller werfen dem IT-Großhandel vor, durchweg höhere Preise als Etailer wie Amazon zu verlangen. Viele bestellen – oft gegen ihre eigene Überzeugung, aber letztlich dann doch aus der Not heraus – bei Online-Händlern. Preis- und Vertriebsstrukturen sind komplett aus den Fugen geraten, die keinesfalls neue Situation hat sich aber, so scheint es, dramatisch zugespitzt. Den Frust bekommen unisono die Distributoren ab. Die Broadliner seien schuld an der Misere. Die Reseller werden in ihrer Meinung bestätigt, wenn sie bei Amazon Waren bestellen, auf denen noch der Versandaufkleber eines Broadliners gut sichtbar angebracht ist. Der Ärger ist verständlich, leider trifft er nicht die Richtigen.
Es ist ja nicht so, dass der Großhandel üppige Margen im Produkthandel erzielt. Ein Blick in die Bilanzen der drei börsennotierten Broadliner zeigt: Seit Jahren liegen die Gewinnspannen im Promille-Bereich. Traummargen, wie sie Bechtle erzielt, sind im klassischen Hardware-Distributionsgeschäft nicht drin. Man muss hier klar trennen zwischen dem Handelsgeschäft eines Distributors und seiner Logistikdienstleistung, die ein Distributor im Auftrag eines Herstellers (der beispielsweise direkt an Amazon verkauft) erfüllt.
Der Fisch stinkt vielmehr vom Kopf her. Und der Kopf, das kann man nicht leugnen, sind in der ganzen Brandbrief-Diskussion die Hersteller. Öffentlich will sich niemand aus der Distribution und dem Systemhaus-Handel so zitieren lassen. Hinter vorgehaltener Hand aber werden Hersteller dafür kritisiert, dass es vielen rein nur um Volumen über alle Kanäle hinweg geht. Fachhandelsprogramme mit Margenschutz für Reseller scheinen, wenn es sie denn je so konsequent gegeben hat, immer weniger Hersteller ernst zu nehmen. Dafür wird viel Geld investiert, wenn Amazon und MSH für Listung, Platzierung und Regalmeter die Hand aufhalten und solche Gelder in ihre Preiskalkulation einbeziehen. Die Branche steckt im ruinösen Preiskampf fest. Bei Neoliberalisten heißt das übrigens freier Wettbewerb.
Mehr zum Thema lesen Sie in unserer aktuellen Ausgabe CRN 8/2016 ab Seite 12!
Mit den besten Grüßen!
Martin Fryba