Der Guten zuviel? (Fortsetzung)
- Der Guten zuviel?
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Frage der Prozessreife
Ein weiterer wichtiger Aspekt für den Erfolg des Outsourcingvorhabens ist die Prozessreife des Kunden. Erfahrungen zeigen, dass nur funktionierende, auf Standards beruhende Prozesse mit vertretbarem Aufwand an einen Outsourcer übertragen werden sollten. Die Auslagerung von defekten Prozessen mit der Hoffnung, Outsourcer könnten diese optimieren, erweist sich oft als Trugschluss. Darüber hinaus werden unflexible und nicht transparente Preismodelle sowie starre Verträge häufig mit einer mangelnden Realisierung der Erwartungen in Zusammenhang gebracht. Verträge und das zugrunde liegende Pricing lassen sich oft nicht oder unzureichend an sich verändernde Rahmenbedingungen und Volumina anpassen. Zudem sind sie häufig nicht transparent. Ein weiteres Manko komplexer Outsourcing-Verträge liegt in der mangelnden Verankerung gegenseitiger Innovations- und Optimierungsverantwortung. Häufig »schlummern« Optimierungspotenziale bis kurz vor Vertragsende, bevor diese dann hektisch in Vertragserneuerungsphasen auf Folien skizziert werden.
Selektives Outsourcing erfordert die konsequente Steuerung mehrere Dienstleister und Hersteller im Sinne des Gesamtbetriebes sowie der definierten Service Level Agreements (SLAs) und Key Performance Indicators (KPIs). Um dies aktiv und erfolgreich durchzuführen ist ein organisatorisch verankertes Multi-Vendor-Management eine zentrale Voraussetzung.
Präzise Zieldefinitionen
In der Planungs- und Vertragsphase ist es erforderlich, den potenziellen Anbietern ein erfahrenes Pendant gegenüberzustellen. Hierbei kann ein kompetenter und unabhängiger Berater sehr hilfreich sein. Nach Vertragsabschluss sollte eine gewisse Kontinuität gewahrt werden. Die Partnerschaft muss gefestigt, Veränderungen bewertet und umgesetzt, Optimierungen und Innovationen identifiziert sowie realisiert werden. Dies ist ohne einen adäquaten organisatorischen Rahmen nur schwer umzusetzen. Im ersten Schritt ist es wichtig, die Outsourcing-Ziele präzise zu definieren und zu kommunizieren. Sie bestimmen die Ausrichtung aller weiteren Aktivitäten und münden in eine operative Outsourcing-Strategie. Diese berücksichtigt eine Bewertung der Chancen und Risiken für den internen und externen Leistungsbezug. Dabei ist es erfolgskritisch, Mitarbeitervertretungen und Betriebsräte frühzeitig einzubinden. Dadurch können Ängste vermieden und positive Energie geschaffen werden. Somit können Ziele schneller erreicht werden, was zu Kostenvorteilen führen kann.
Grundvoraussetzung für den Ausschreibungs- aber auch Verhandlungsprozess ist die präzise Definition des Service-Katalogs. Dabei sollten zunächst die internen Kundenanforderungen im Hinblick auf Leistungsinhalte und Servicelevel analysiert werden. Eine erste Preisindikation für die geforderten Leistungen hilft den internen Kunden einen adäquaten Service-Mix zu konfigurieren. Durch die Formulierung der Anforderungen (Service-Katalog, Zahlungsmodalitäten, Erbringungsformen, Partnerunternehmen und deren Rollen sowie Schnittstellen und Verrechungsmodelle) in Form eines Lastenheftes können Anbieter das Service-Modell optimal gestalten und ein passgenaues Pricing durchführen. Überraschungen in der Due Diligence lassen sich damit deutlich reduzieren.
Zur Bewertung der aktuellen Situation und möglichen Einsparpotenziale bietet sich ein Benchmarking an. Dadurch kann die aktuelle Kostensituation in Relation zu vergleichbaren Kunden transparent darstellt werden. Zudem liefert das Benchmarking erste Erkenntnisse über die Höhe der Einsparpotenziale.
Flexible Verträge
Bereits bei Vertragsschluss ist abzusehen, dass sich Rahmenbedingungen, Volumina oder Anforderungen über die Vertragslaufzeit ändern. Dies sollte in der Vertragsgestaltung berücksichtig werden. Wichtig ist es, transparente Preisstrukturen zu definieren, die Preisanpassungen bei Leistungsänderungen erlauben. Darüber hinaus sollten Anreize für Kunden wie auch Anbieter vertraglich fixiert werden, die Optimierungs- und Innovationsmaßnahmen über die Vertragslaufzeit festschreiben.
Unter Beachtung der Risiken bietet selektives Outsourcing erhebliche Chancen. Nur durch den bewussten Umgang mit den Risiken können die dargestellten Chancen realisiert werden. Ein dediziertes Multi-Vendor-Management nimmt sich diesen Risiken an und steuert den Prozess aktiv über die gesamte Laufzeit.
Jürgen Stauber ist Geschäftsführer Managed Service/Service Enablement bei Computacenter