Der Mittelstand kommt nicht von selbst ? Siebel denkt um. Seit Jahren müht sich CRM-Spezialist Siebel um den Mittelstand. Mit geringem Erfolg, denn die »Midmarket Edition« scheiterte bisher. 2004 startete der Hersteller mit der »Professional Edition« einen weiteren Versuch und rundet jetzt den Ansatz endlich mit konsequentem Vertrieb über Partner ab.
Kleinlich ist Siebel nicht: Bis zu 500 Millionen Euro darf ein deutsches Unternehmen nach Meinung des CRM-Herstellers jährlich umsetzen und sich immer noch zum Mittelstand zählen. Siebel schätzt die Anzahl solcher Firmen in Deutschland auf mehrere Tausend, von denen sich nur acht bis zehn Prozent mit dem Thema Kundenbindung beschäftigen. Brachliegender Umsatz also, den der Spezialist Konkurrenten wie Microsoft nicht kampflos überlassen will.
Bisher hatte Siebel dem Mittelstand allerdings lediglich ein Produkt anzubieten und das allein reicht nicht für den Erfolg im Mittelstand. Die alte »Midmarket Edition« war mit 1.200 Euro pro Named User auch viel zu teuer, außerdem unflexibel. Siebel hat reagiert und im vergangenen Jahr seine modular aufgebaute »Professional Edition« für 999 Euro vorgestellt. Anwender, denen das Modell zu teuer ist, können auch das ebenfalls 2004 vorgestellte »CRM on Demand« ? Software nach Bedarf und zum Mieten ? nutzen.
Auch Microsoft ist 2004 mit eigener CRM-Lösung angetreten und hat klare Vorteile anzubieten: Die Redmonder verfügen bereits über Mittelstands-Know-how und eine funktionierende Partnerlandschaft.
Jetzt zieht Siebel endlich nach. »Wir werden im Mittelstand nur noch mit Unterstützung von Partnern auftreten«, kündigt der neue Siebel-Geschäftsführer Jürgen Richter an. Auch intern hat der Hersteller mit einer eigenen Abteilung die nötigen Strukturen für das Mittelstandsgeschäft geschaffen. In Deutschland sind bereits vier Mitarbeiter mit Aufgaben wie Channel-Management und Marketing betraut. Ab dem ersten Quartal 2005 plant Siebel sogar, den Mittelstandsumsatz in den Quartalsmeldungen gesondert auszuweisen. Erklärter Mittelstandsspezialist und langjähriger Siebel-Partner OCB begrüßt dies: »Der Mittelstand ist ein Segment, an dem auch Siebel nicht vorbeikommt. Der Hersteller hat reagiert, um den Anforderungen des Marktes gerecht zu werden«, lobt Heike Gemen, Assistentin der OCB-Geschäftsführung.
In Deutschland kooperiert Siebel im Bereich Professional Services bereits seit längerem mit den Partnern Escador, Evosoft und OCB. »Und wir brauchen noch mehr CRM-erfahrene Partner«, fordert Stefan Sonntag, Executive Director Marketing und Alliances Europe bei Siebel. Das wird jedoch seine Zeit brauchen, denn »Wilderei bei anderen Herstellern wollen wir keine betreiben«. Gemeinsam mit den Partnern will Siebel sich mit Marketing-Aktionen aller Art als »mittelstandstauglich« beweisen. »Die On-Demand-Kampagne hat zwar für eine größere Bekanntheit in dieser Zielgruppe gesorgt, aber es gibt noch viel zu tun, um unseren Namen im Mittelstand zu verankern«, bekennt Sonntag.
Auch die Partner fordern mehr Marketing-Engagement ein. Evosoft, seit 1998 Siebel-Partner, hat die »Enterprise Edition« bislang in Einzelprojekten an die Mittelstandsbedürfnisse angepasst. Das Unternehmen wünscht sich von seinem Hersteller mehr Werbung und Präsenz auf Messen. »Siebel hat viel zu bieten, besonders im Hinblick auf das Preis-Leistungsverhältnis für den Mittelstand«, erklärt Alexandra Geißler, Marketing- und Business Development Manager bei Evosoft. Selbsterklärend sei das Produkt jedoch nicht. Gemen hingegen ist der Meinung, es gehe weniger um das Thema »Siebel oder nicht Siebel«, als vielmehr um CRM als Gesamtaspekt. »Kundenbindung und -gewinnung sind bei den Unternehmen gewichtige Themen. CRM ist also ein Thema, mit dem sie sich auseinandersetzen müssen.«
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Die »Professional Edition« besteht aus sechs verschiedenen Modulen und basiert auf der gleichen Plattform wie die Konzernlösung »Enterprise Edition«. Für letztere existieren bereits 20 Industrielösungen. »Da es sich um eine Architektur für beide Produkte handelt, können die vertikalen Angebote auch im Mittelstand relativ schnell freigeschaltet werden«, erklärt Sonntag.
Auch das On-Demand-Angebot ist bereits für verschiedene Branchen verfügbar. Pro User zahlen Anwender monatlich 70 Euro Mietgebühr für die Standardlösung, 100 Euro für das Branchenangebot. In diesem Bereich kooperiert Siebel mit IBM als globalem Hosting-Partner. Die Idee hinter CRM on Demand: Über das Internet nutzen Anwender nur noch die Software, die sie wirklich brauchen. Auch die Hardware muss nicht mehr im eigenen Haus stehen, zu Spitzenzeiten können Ressourcen zu- sowie anschließend wieder abgeschaltet werden.
Ab Februar 2005 wird T-Systems Siebels »CRM on Demand« in den Ländern Deutschland, Österreich, der Schweiz, Tschechien, Ungarn, Slowakei, Polen, Kroatien und Russland anbieten. Damit bemüht sich der Hersteller, auch Konkurrent Salesforce.com, dem Wegbereiter des On-Demand-Gedankens, Marktanteile abzujagen. Weltweit hat Salesforce.com nach eigenen Angaben 13.000 Kunden.
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Schon länger denkt Siebel über Partnervertrieb im Mittelstand nach, jetzt hat der Hersteller den Gedanken die ersten Aktivitäten folgen lassen. Von anderen Konzernanbietern, die plötzlich den Mittelstand als Jagdrevier erkoren haben, weiß der Markt allerdings, dass Ankündigungen und sogar erste geschaffene Strukturen nur der kleinste Schritt sind. Was zählt und vom Hersteller oft ungeahnte Kräfte verlangt, ist Kontinuität, Glaubwürdigkeit und die Bereitschaft, viel Zeit und Mitarbeiterressourcen in diesen Bereich zu investieren. Hinzu kommt, dass Siebel bei Großkunden sicherlich ein guter Name ist, im Mittelstand aber keine Türen öffnet. Potenzielle Kunden lassen sich durch Erfahrungen anderer überzeugen. Daran muss Siebel arbeiten.
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