Exklusiv-Interview: »Wir alle müssen umdenken!«
- Distribution fordert Preiserhöhungen
- Kosten an die nächste Absatzstufe weitergeben
- Exklusiv-Interview: »Wir alle müssen umdenken!«
Distributor Also selbst gerierte sich in der Vergangenheit eher kampflustig,wenn es um die Eroberung von Marktanteilen über die Preise ging. Nun appelliert Also-Chef Thomas Weissmann aber für eine gemeinsame Kehrtwende im IT-Channel: Die Preise sollen steigen, andernfalls drohe der Markt-Kollaps.
CRN: Herr Weissmann, ausnahmsweise haben Sie uns zum Interview gebeten und nicht umgekehrt. Denn bei zunehmendem Preisverfall und gleichzeitig steigenden Kosten steuert die IT-Branche Ihrer Ansicht nach auf eine Katastrophe zu.
Weissmann: Das ist mir ein wichtiges Anliegen: Die ganze Industrie – Hersteller, Distributoren und Fachhändler – muss jetzt umdenken, sonst finden wir uns alle in einer desaströsen Situation wieder. Der Markt ist wertmäßig in den letzten acht Jahren geschrumpft, das durchschnittliche Preisniveau befindet sich längst unter der Schmerzgrenze. Die Durchschnittspreise werden auf absehbare Zeit weiter sinken, gleichzeitig werden die abgesetzten Stückzahlen stagnieren oder sogar zurückgehen. Für die Distributoren steigen jedoch die Kosten: Die Transportkosten, Finanzierungskosten, die Prämien der Kreditversicherer, die Bankmargen und die Kosten von Debitoren- Ausfällen – alle steigen weiter an. Das Potenzial in der Distribution, Kosten zu optimieren, stößt längst an die Grenzen. Viele Distributoren haben zuletzt Geld verloren oder zumindest keines verdient. Das alte Spiel funktioniert nicht mehr: In rückläufigen Märkten ist Preisaggressivität tödlich, denn es macht keinen Sinn, auf kleinerem Volumen noch weniger Marge zu erzielen. Das Gegenteil muss passieren. Preisanpassungen sind absolut zwingend!
CRN: Aber Fachhändler werden sich zu Recht über solche Preiserhöhungen ärgern. Schließlich müssen sie sich mitunter in einem sehr preisaggressiven Umfeld gegen dumpende Konkurrenten, im Consumer-Bereich gegen Billigvermarkter durchsetzen.
Weissmann: Der Fachhändler sitzt im gleichen Boot wie die Distributoren. Viel zu lange hat der Endkunde davon profitiert. Wir – Distributoren und Fachhändler gemeinsam – müssen den Endkunden dazu bringen, die vollen Kosten seiner Transaktionen zu übernehmen. Denn auch die Fachhändler werden bald ein Problem mit den Kunden bekommen: Angesichts eines Absatzeinbruchs, zurückgehender Investitionen im Business-Bereich und zunehmend gestreckter Zahlungsziele. Preisanpassungen der Distributoren sollen nicht zulasten des Fachhändlers gehen – ganz im Gegenteil: Wenn die Reseller die Preise weiter anheben, verdienen sie mehr. Das ist nicht unanständig, sondern das Minimum an Vernunft.
CRN: Und trotzdem wird es auch in der Distribution immer wieder Ausreißer geben, die sich Marktanteile über den Preis erkaufen. Auch Also hat sich schließlich schon an Preiskriegen beteiligt.
Weissmann: Das ist in der Vergangenheit aufgrund des Marktwachstums auch manchmal aufgegangen. Auch für uns: Wir hätten sogar noch preisaggressiver auftreten können und können es auch heute noch. Mein Plädoyer entspringt nicht einer angespannten Ertragslage im Also-Konzern: Wir verzeichnen zwar beim Betriebsgewinn einen leichten Rückgang, verdienen aber immer noch Geld. Doch in der jetzt völlig veränderten Situation sollten alle Distributoren miteinander wieder profitabler werden. Wenn ein Distributor kein Geld verdient, belastet das die ganze Branche. Manche Hersteller haben schon begonnen umzustellen und ihre absurden Kompensationsmodelle, Abnahmevorschriften und Stufenrabatte für die Distributoren abgeschafft. Diese Absatzbeschleuniger- Modelle haben immer wieder zu ökonomisch unsinnigem Verhalten geführt. Die Hersteller fangen also an zu denken, jetzt muss die Distribution die Industrie in die richtige Richtung bewegen.