Distributoren online: Mit virtuellem Warenkorb durchs Distri-Lager

13. Januar 2005, 0:00 Uhr | Samba Schulte

Distributoren online: Mit virtuellem Warenkorb durchs Distri-Lager. Die Überzeugungsarbeit der Distributoren hat endlich gefruchtet: Vor allem bei Standard-Bestellungen nutzen die ITK-Händler immer häufiger die Shops der Grossisten. Grossisten und Reseller sparen schließlich mit der elektronischen Orderabwicklung Zeit und Geld. Aber noch ist der persönliche Ansprechpartner nicht aus der Mode gekommen.

Distributoren online: Mit virtuellem Warenkorb durchs Distri-Lager

Co-Autor: Wolfgang.Kühn
Gerade in Zeiten des Margenverfalls und sinkender Umsätze musste die Abwicklung von Bestellungen über das Internet zur Lieblingsidee der Distributoren werden, schließlich versprach dieser Bestellweg Einsparpotenziale für alle Beteiligten. »Händler können rund um die Uhr nach Lösungen suchen, die wir durch Optimierung unserer internen Prozesse außerdem noch kostengünstiger anbieten können«, fasst Marcus Adä, Geschäftsführer des Broadliners Tech Data zusammen. Mehr Leistung für weniger Geld ? die Idee klang gut, sie fand aber zunächst bei vielen Handelspartnern wenig Anklang. Denn manche Distributoren unterschätzten die Bedeutung, welche die Betreuung durch persönliche Ansprechpartner für den ITK-Handel hatte und immer noch hat. Tech Data und Actebis beispielsweise wollten vor allem kleine und mittlere Partner zur Abwicklung ihrer Standard-Order über das Web zwingen. Die Konsequenz: Viele SMB-Händler, die ihre Ansprechpartner im Vertrieb verloren, kehrten diesen Distributionsschwergewichten den Rücken und wandten sich lieber an Grossisten, die ausdrücklich auf die persönliche Betreuung der Reseller setzten. »Neben dem reinen Bestellvorgang ist auch das persönliche Beratungsgespräch für die Kundenbindung wichtig«, weiß Peter Becker, Vorstandsvorsitzender bei der COS Distribution AG.

Vor allem im Komponenten- und Peripherie-Segment versprechen sich schließlich viele Reseller durch den persönlichen Kontakt bessere Preise und Konditionen. Deshalb hat auch für Karsten Hartmann, Geschäftsführer von Distributor Devil, der Vertrieb über das Online-System keinen so hohen Stellenwert: »Unsere Partner nutzen den Shop in erster Linie als Informationsmedium, das über Verfügbarkeitsdaten oder Richtpreise Auskunft gibt.« Den Anteil der Bestellungen, die über das Devil-Shopsystem aufgegeben werden, beziffert Hartmann auf kaum fünf Prozent. Auch eine umfassende Beratung für erklärungsbedürftige Produkte können die Online-Systeme der Grossisten nicht leisten, weshalb viele Nischendistributoren und VADs lieber auf die Qualifikation ihrer Vertriebsmitarbeiter und Betreuer setzen und das Online-Bestellangebot als zusätzliches Abwicklungsmedium verstehen.

Sanfte Überredung statt »Webzwang«

Eine Kehrtwende war aber auch in der Volumendistribution vonnöten: Die neue Strategie lautete sanfte Überredung statt »Webzwang«. Schließlich konnte auch Broadliner Ingram Micro, seit Jahren der Vorreiter in punkto Online-Distribution, den Anteil der Bestellungen über das Internet stetig erhöhen, indem er sein Web-Angebot gezielt ausbaute und auf die funktionale Qualität des E-Commerce-Systems achtete. »Mittlerweile gehen über 60 Prozent der Bestellungen online bei uns ein«, erklärt Stefan Lein, Business Group Manager E-Commerce bei Ingram, stolz. Die Qualität der Beratung habe man dadurch sogar noch steigern können: »Durch die Web-Abwicklung von Standardbestellungen werden Freiräume für die intensive Betreuung der Partner geschaffen.«

Auch Tech Data und Actebis haben ihre E-Commerce-Systeme mittlerweile komplett überholt und auf den neuesten Stand gebracht: umfassende Suchfunktionen, komfortable Warenkorbfunktionalitäten, aktuelle Preis- und Verfügbarkeitsdaten oder Lieferstatus-Informationen findet man längst auch in Soest, München oder Linden. Viele Distributoren locken die Kunden außerdem mit speziellen Angeboten in das hauseigene Online-Shopsystem: Actebis Peacock bietet beispielsweise bei Bestellungen übers Web günstige Frachtkosten.

Mittlerweile, so versichern die Distributoren, genießen die E-Commerce-Systeme eine hohe Akzeptanz und erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. »Etwa ein Drittel unserer Kunden bestellen über unser Online-System«, sagt Jürgen Wiederroth, Vertriebsleiter von Actebis Peacock, »Tendenz stark steigend«. Ebenso bei COS, und auch Peter Becker will den Anteil der Online-Bestellungen noch weiter ausbauen. In der Schweiz würden bereits 55 Prozent der Kunden per Internet einkaufen. »Diese Quote soll in Deutschland nicht nur erreicht, sondern sogar übertroffen werden«, so Becker.

Dass das Interesse der Reseller daran, Waren übers Internet zu ordern, steigt, bestätigen auch die Ergebnisse der CRN-Händlerbefragung »Channeltracks«. Über 76 Prozent der befragten Händler nutzen demnach die Online-Bestellsysteme ihrer Lieferanten sowohl zur Information wie auch für Bestellungen. Nur informieren oder nur bestellen wollen gut fünf beziehungsweise mehr als sechs Prozent der Reseller. Nur zwölf Prozent der Befragten ignorieren die Internetplattformen weitgehend.

Bei der Nutzung der Online-Bestellsysteme spielt die Produktart eine wesentliche Rolle. Je weniger erklärungsbedürftig die Waren sind, desto größer ist die Akzeptanz beim Fachhandel, übers Internet zu bestellen. Dort hingegen, wo Online-Informationen nicht mehr ausreichen oder gar Projekte anstehen, steigt die Zahl der Telefonorder wieder an. Dies dokumentieren auch die CRN-Channeltracks: Demnach nutzen 75 Prozent aller Befragten die Onlinesysteme der Broadline-Distributoren und Vollsortimenter. Hingegen werden die E-Commerce-Systeme der Fach- und Spezialdistribution nur von etwa 53 Prozent genutzt. Die Online-Bestellsysteme der Hersteller sogar nur von knapp über 39 Prozent. Dieses eindeutige Votum lässt aber noch einen weiteren Schluss zu: Broadliner und Vollsortimenter haben schon frühzeitig an funktionsfähigen Online-Bestellsystemen gearbeitet und mittlerweile einen hohen Reifegrad erreicht. Mit diesem Vorsprung sicherten sie sich die Akzeptanz des Fachhandels.

Die CRN-Channeltracks sind auch der Frage nachgegangen, welche Features bei einem elektronischen Informations- und Bestellsystem besonders hoch bewertet werden. Auch hier dominieren vor allem informative Leistungen zu aktuellen Daten. Also jene Dinge, die jederzeit und schnell abrufbar sein müssen. Ganz oben in der Rangfolge steht die Anzeige der Verfügbarkeit der Waren am Lager. Online-RMA-Abwicklung, Online-Tracking, Informationen über Reparatur-Abwicklung, Infos über News, Aktionen und Händlerprogramme sowie die Download-Möglichkeit von Preislisten folgen knapp dahinter.

Dagegen werden Preisvergleich von Produkten oder gar Online-Preisverhandlungen als weniger wichtig angesehen. Ebenso Finanzinformationen wie beispielsweise die Anzeige des zur Verfügung stehenden Kreditlimits. Dass diese Informationen als nachrangig beurteilt werden, hängt auch mit dem Entwicklungsstand der meisten Online-Bestellsysteme zusammen. Hier ist häufig noch mehr als nur Feinarbeit an den jeweiligen Systemen nötig. Auf der anderen Seite lassen auch die Warenwirtschaftssysteme vieler Fachhandelsbetriebe noch zu wünschen übrig. Deshalb auch beurteilen sehr viele Fachhändler die Notwendigkeit von Schnittstellen zur eigenen Auftragsverwaltung beziehungsweise zur Warenwirtschaft als nicht sehr dringlich. Eine Einstellung die sich sicherlich in den nächsten Jahren grundlegend ändern muss.

Wenig Interesse an Offline-Systemen

Wenn Fachhändler Informationen für die eigenen Marketing- und Werbemaßnahmen benötigen, dann sind es in hohem Maße Produktbeschreibungen und Datenblätter. Sind diese über die elektronischen Systeme der Lieferanten abrufbar, dann kommen die Distributoren zu mehr als 50 Prozent den Informationswünschen ihrer Händler nach. Häufig gewünscht werden vor allem Produktbilder und Endkunden-Preislisten.

Als weniger wichtig wird derzeit auch noch ein Offline-System zum Online-Bestellsystem angesehen. Nur knapp über 39 Prozent der befragten Fachhändler wünschen sich ein solches System, mit dem sie vor Ort Bestellungen vorbereiten können sowie Endkunden-Preislisten und Angebote generieren können. Auch dies dürfte nur eine Frage der Zeit sein, bis das Interesse daran wächst.


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