»Egal, wie viel Kunden SAP hat ? ich möchte dreimal so viel«

9. September 2004, 0:00 Uhr |

»Egal, wie viel Kunden SAP hat ? ich möchte dreimal so viel«. Seit Juni 2004 hat Orlando Ayala zusätzlich zu seinen Aufgaben als Senior Vice President Small and Midmarket Solutions & Partners die des COO für die MBS-Sparte von Microsoft übernommen. 80 Prozent seiner Zeit widmet der Manager dem MBS-Geschäft, das noch deutlich rote Zahlen schreibt. In einem Exklusiv-Interview sprach CRN-Redakteurin Astrid Pölchen mit Ayala über Distributionsvertrieb der ERP-Produkte, Umsatzzahlen und konkrete Pläne für deutsche Partner im laufenden Geschäftsjahr.

»Egal, wie viel Kunden SAP hat ? ich möchte dreimal so viel«

CRN: Auf der Microsoft Partnerveranstaltung haben Sie mutig angekündigt, zehn Millionen Neukunden gewinnen zu wollen. Haben Sie das tatsächlich ernst gemeint?

Ayala: Auf jeden Fall. Um als ERP-Anbieter wahrgenommen zu werden, brauchen wir Kunden ? und zwar viele. Unser Weg führt eindeutig über das Volumengeschäft. Egal, wie viele Kunden SAP hat, ich möchte dreimal so viele.

CRN: Mit Volumengeschäft verbindet man ein Distributionsmodell, wie Sie es im CRM-Bereich eingeführt haben. Auch Partner ohne besondere Qualifikationen können die CRM-Lösung von Microsoft verkaufen. Verfolgen Sie diesen Ansatz auch mit den ERP-Produkten?

Ayala: Nein, sicherlich nicht. Wir werden den ERP-Kanal nicht öffnen, unsere Partner können mich da beim Wort nehmen.

CRN: Auch nicht für »Navision für kleine Unternehmen«?

Ayala: Da machen wir eine Ausnahme. Neue Einstiegsprodukte werden wir auch über Retail, Distribution und OEM-Partner vertreiben. Da brauchen wir Masse, und das schaffen wir nicht mit einem exklusiven Vertrieb. Navision und Axapta werden wir aber weiterhin ausschließlich über unsere zertifizierte Partner vertreiben.

CRN: Es sind die unterschiedlichsten Zahlen im Umlauf, welche Umsätze und Gewinne MBS in vier oder sechs Jahren machen möchte. Momentan trägt MBS 667 Millionen Dollar zum Microsoft-Umsatz von 36,8 Milliarden Dollar bei. Wohin führt der nächste Schritt?

Ayala: Ich arbeite momentan in erster Linie auf ein Ziel hin: Eine Milliarde Dollar Umsatz. Und das scheint in 12 bis 18 Monaten realistisch zu sein.

CRN: Wird MBS damit auch aus den roten Zahlen kommen?

Ayala: Ich kann natürlich nicht sagen, wann wir profitabel werden. 2004 und 2005 noch nicht. Aber wir haben die Finanzkraft, das Geschäft so lange zu unterstützen, bis es profitabel ist. Und wenn es ein, zwei Jahre länger dauert, werden wir ein, zwei Jahre mehr investieren. Dass wir einen solchen Fall möglichst vermeiden wollen, versteht sich von selbst.

CRN: Für 2004 haben Sie Investitionen von 850 Millionen Dollar angekündigt. Werden sich die Investitionen auch für die nächsten Jahre in dieser Höhe bewegen?

Ayala: Wir rechnen im Schnitt mit 800 bis 900 Millionen Dollar. Für uns gehören die MBS-Investitionen eindeutig zur langfristigen Planung.

CRN: Wofür werden Sie die 850 Millionen Dollar in diesem Jahr ausgeben?

Ayala: Wir wollen verstärkt in Axapta investieren. Momentan trägt die Lösung etwa 13 Prozent zum Umsatz bei. Allerdings werden sich nie so hohe Raten wie bei Navision erreichen lassen, da die Lösung wesentlich komplexer und weniger Massenprodukt ist. Und wir werden mehr Personal aufbauen.

CRN: Sie haben sieben Schlüsselmärkte definiert, zu denen neben Frankreich und England auch Deutschland gehört. Hierzulande gilt es, sich gegen SAP zu behaupten. Was planen Sie für dieses Wirkungsfeld der Walldorfer?

Ayala: Wir werden verstärkt in Deutschland investieren. Ich erwarte aber auch, dass die Wachstumsraten in Deutschland die anderer Länder übertreffen werden. Deutschland ist für uns das absolute Top-Land.

CRN: Was heißt das genau?

Ayala: Wir werden neue Partner aufbauen, uns tiefer in Branchen bewegen und wesentlich mehr Marketingpräsenz zeigen als bisher. Die ersten Resultate werden Sie Ende des Jahres sehen.

CRN: Ihr Partnerkanal ist bereits sehr groß. Trotz Branchenaufteilung treten sich die Fachhändler schon auf die Füße. Und Sie wollen noch mehr Partner. Sind da Konflikte nicht programmiert?

Ayala: Wir haben zwar eine hohe Anzahl von Partnern, aber es gibt noch viel mehr Marktpotenzial. Um Konflikte zu vermeiden, sprechen wir momentan mit jedem Partner und verabschieden ganz detaillierte Pläne, welche Region, welche Produkte und welche Branchen ein Fachhändler abdeckt. Wenn es irgendwo Lücken oder zu viel Wettbewerb gibt, werden wir dafür eine Lösung finden.

CRN: Eine Möglichkeit für mehr Umsatz wären noch sehr hochpreisige Projekte mit Konzernen. Die Übernahme von SAP hat nicht stattgefunden, mit der Sie die ganze Bandbreite von kleinen bis sehr großen Kunden abgedeckt hätten. Wird Microsoft nun selbstständig Konzerne adressieren?

Ayala: Wir werden definitiv nicht ins Großkundengeschäft einsteigen. Mit Navision und Axapta sprechen wir zwar Konzerne an ? aber nur einzelne Abteilungen, Niederlassungen oder sehr spezielle Branchen. Es macht für uns keinen Sinn, SAP Großkunden streitig zu machen. Im High-End-Geschäft dauern die Projekte Jahre, wir müssten ein eigenes Consulting aufbauen, es wäre ein anderes Geschäft.

CRN: Wird Microsoft versuchen, andere ERP-Player als SAP aufzukaufen?

Ayala: Wir sind noch mit der Integration von Navision in die Microsoft-Welt beschäftigt. Das Letzte, was ich brauchen könnte, wäre der Alptraum einer Übernahme wie der von SAP. Wenn wir Firmen übernehmen, dann höchstens kleinere, die Zusatzmodule entwickelt haben oder Ähnliches.


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