Drittanbieter unter der Lupe
Zunächst Citrix ? da auch Dataport zum Einsatz der Software zu neigen schien. Sehr schnell fand Zalik jedoch einige Lücken im Funktionsumfang, die ihn bei Implementierung und produktivem Betrieb arg behindert hätten. Er erläutert: »Essenziell für mich ist ein größtmöglicher Schutz der Endanwender vor Bedienfehlern, die Kontrolle über die Ressourcen der Serverfarm sowie die Frage nach Lizenz- und Supportkosten«. Die zu erwartende sehr lange Testphase sowie die hohen Lizenz- und Schulungskosten haben Liedtke und Zalik zu einer weiteren Evaluation motiviert. Durch den Software-Distributor Sinn wurden die Hamburger auf die Simplify Suite des amerikanischen Anbieters Tricerat aufmerksam. Die US-Software soll treiberloses Drucken ermöglichen und verspricht ähnliche Automatisierungsfunktionen wie Citrix. Sie soll automatisch die verfügbaren Serverressourcen überwachen und kontrollieren und eine Beschränkung des Userdesktops auf die vom Administrator freigegebenen Programme und Funktionen ermöglichen. Per Fernaufschaltung demonstrierte der Distributor Fähigkeiten und Optik der Suite. Zalik entschloss sich zu einem Testeinsatz.
Im Oktober 2003 startete der erste Test mit dem Windows Terminalserver 2003 und der Softwaresuite. Zalik richtete eine doppelte Evaluationsinfrastruktur ein: Der Systembetreuer implementierte ein reines Testfeld sowie eine virtuelle Produktionsumgebung mit fünf Servern für 200 Benutzer. Neue Funktionen und Updates konnten zunächst geprüft werden, bevor sie an die Nutzer übergeben wurden. Als Anwendungen wurden 15 Programme zur Verfügung gestellt, darunter der Internet Explorer, MS-Office XP, SAP-GUI 6.20 und verschiedene Fachverfahren wie Netgris, Baumkataster, Gumax, Survnet und Hamlet. Für die Umsetzungsphase blieben wegen der Personalknappheit nur acht Wochen.
So viel Verständnis bei den Testnutzern auch geweckt wurde, die Kollegen hatten sich auf Probleme eingestellt. Doch die Bedienbarkeit der gewohnten Programme lief trotz neuer grafischer Basisoberfläche reibungslos. Ein Sachbearbeiter des Einwohnermeldeamts äußerte: »Ich hatte befürchtet, dass alles langsamer und umständlicher würde, aber nun arbeite ich mit den aktuellen Versionen und alles erscheint flotter als zuvor«. »Am wichtigsten war den Kollegen die uneingeschränkte Funktionsfülle und die Leistung ihrer Fachanwendungen«, urteilt Zalik rückblickend.
Verschrottung aufgeschoben
Nach acht Wochen Testzeit wurde die neue Lösung flächendeckend in den produktiven Betrieb übernommen. Zalik schnürte für den Terminalserver ein Paket, das unter anderem aus Internet Explorer, Word, Excel, Powerpoint, Winzip und Acrobat Reader bestand und verteilte es an alle vorhandenen Server. Von dort aus wurden alle Clients automatisch beliefert. Allein die gleichen Versionsstände bei Betriebssystemen und Applikationen erhöhen die Sicherheit und vereinfachen die Verwaltung und Fehlersuche auf den Rechnern. Das steigert die Zufriedenheit der Endanwender und gleichzeitig hat der Hamburger Senat Geld gespart. Letzteres gilt auch für die Hardware: »Bei dem neuen Terminalserver-System können wir selbst Rechner wieder einsetzen, die längst abgeschrieben sind und bisher auf ihre Verschrottung gewartet hatten«, kommentiert Abteilungsleiter Liedtke. Sogar aktuelle Grafikprogramme laufen teilweise auf eigentlich ausgemusterten Computern. Die Verwendung längst abgeschriebener Rechner ist als Zwischenerfolg zu betrachten. Der Traum, alle Fachanwendungen zentral bereitzustellen, ist beinahe Realität geworden. Nur Anwendungen wie Activesync, Mewes und Autovad müssen weiter auf Desktops laufen.
Effizienzgewinn
Für rund 800 Anwender verwendet das Bezirksamt Hamburg-Mitte nun 20 Server mit mbit Dual-Prozessoren der Intel-Xeon-Baureihe mit vier oder sechs Gigabyte Arbeitsspeicher. Die 20 Standorte sind mit 10-mbit-Standleitungen angebunden. Durch das Terminalserver-Konzept hat die Administration an Qualität und Effizienz gewonnen. Zalik oder einer seiner drei Servicemitarbeiter müssen nur noch ausrücken, wenn ein Hardwareproblem auftritt. Sonst hält der IT-Service-Verantwortliche seine Stellung am Schreibtisch. Allein im Bezirksamt Hamburg-Mitte wurden durch den Einsatz von Terminal-Server-Technologie Einsparungen bei den Personal- und Sachkosten in Millionenhöhe erzielt. Und in Spezialfällen, wie bei der Umsetzung von 16-bit-Applikationen, bietet dem Bezirksamt der IT-Dienstleister Dataport Unterstützung.
Jan Eppers ist freier Autor in Dresden