Fachhandelsmarken der Distributoren: Unverwüstliche Eigenmarkenfertigung. Das Angebot wird breiter ? die Konkurrenz nimmt ab. Die Distributoren setzen bei ihren Eigenmarken auf bessere Preise und besseren Service für Handelspartner.
Ob Ingrams Hausmarke »Videoseven« oder Wippermanns Brand »Diano« ? das klassische Eigenmarkenprodukt vieler Grossisten bleibt der PC. Dabei verlieren Serienrechner von der Stange jedoch zunehmend an Bedeutung, denn die Firmen setzen mit ihren B-Brands in erster Linie auf Systemhauskunden im Projektgeschäft. Gerade dort kommen die eigentlichen Stärken der Eigenmarkenfertigung zum Tragen: »Eigenmarken ermöglichen sowohl bei den Komponenten wie auch bei der Preisgestaltung ein hohes Maß an Flexibilität, die A-Brands so nicht bieten können«, meint Christian Burlein, Senior Manager V7 PC-Systeme von Ingram Micro, und ergänzt: »Auch beim Service bieten wir dem Händler mehr Möglichkeiten als die zentral regulierte Service-Abwicklung von A-Brand-Fertigern.« Zusätzlich könne im Projektgeschäft die Kundenbindung erhöht werden, denn in der Regel werden Folgeprojekte wieder an den eingesetzten B-Brand vergeben. »Bei den Business-Kunden ist vor allem die Nachfrage nach individuell konfigurierten Systemen groß«, weiß Christian Josephi, Marketingleiter von Krystaltech Lynx. Die Serienrechner gehen hingegen eher an Retailer und Flächenmärkte. Ein Absatzsegment, das für die Distributoren in punkto Eigenmarken nicht sehr interessant ist, denn die Grossisten sind vor allem um Handelspartner mit SMB-Klientel bemüht. Selbst COS, die einen Teil des Geschäfts mit der Eigenmarke »Topedo« im Retail-Segment generiert, setzt den Fokus der Eigenmarkenfertigung auf den SMB-Markt: »Im Retail-Bereich beschränkt sich unser Engagement auf vereinzelte Aktionen«, erklärt Rüdiger Lochmüller, Geschäftsführer der COS-Eigenmarkenorganisation Topedo GmbH. Gerade im Consumer-Geschäft, das von engen Margen geprägt ist, macht die Eigenmarke wenig Sinn, denn ihr größter Vorteil für Fachhandelspartner ist immer noch, dass die Preise nicht so leicht zu vergleichen sind wie bei den A-Brands und sich deshalb höhere Margen für die Reseller ergeben.
Bei COS und Ingram Micro liegt der Geschäftsfokus klar auf der Distribution. Eigenmarkenfertigung bedeutet für die Großhändler vor allem eine Sortimentsergänzung und ein zusätzlicher Mehrwert. Mit den Nischenmarken können die Anbieter vor allem per BTO-Verfahren flexibler auf Markterfordernisse und Kundenbedürfnisse reagieren. »BTO-Systeme können wir innerhalb von 48 Stunden realisieren«, verspricht etwa Lochmüller, »außerdem bieten wir individuelle Fertigung schon bei sehr kleinen Stückzahlen an.«
Andere Anbieter, wie beispielsweise KLE, Tarox oder Wortmann, sehen sich eher in der Rolle des Herstellers mit zusätzlichem Distributionsgeschäft. »Wir wollen unseren Partnern Lösungen anbieten, deshalb betreiben wir neben unseren Eigenmarken auch ein Distributionssortiment«, erklärt Ralph Koch, Geschäftsführer von Hersteller und Distributor Rombus. Mit den Eigenmarken »Push«, »Secunda«, »Quadra«, »Octavia« und »Tertia« erzielt Rombus gut 60 Prozent seines Umsatzes. In dieser Höhe bewegt sich auch der Eigenmarken-Umsatz von Tarox. »Die Eigenmarkenfertigung ist der Hauptfokus unseres Geschäfts«, sagt dazu Uwe Hüfner, Leiter Produktmanagement Tarox Eigenmarken, »das drückt sich auch darin aus, dass der Umsatzanteil stetig steigt.«
Bei den Distributoren, die das Eigenmarkenangebot als zusätzlichen Service zum Distributionssortiment betreiben, ist Umsatzanteil der Fertigung zwar deutlich niedriger anzusiedeln als bei den Anbietern mit Fokus auf der Produktion, doch beteuern die Grossisten auch hier die Wirtschaftlichkeit ihrer Hausmarken: »Der Umsatz mit unserer Eigenmarke kann sich mit den Top Ten unserer Hersteller messen«, verrät Lochmüller.
Doch auch wenn der Schwerpunkt des Eigenmarkenangebots noch immer auf den PCs ? vom Standardrechner bis hin zum Industrie-PC ? liegt, die Grossisten haben ihr Hausmarken-Angebot in den vergangenen Jahren deutlich ausgebaut: Inzwischen gehören Notebooks zum Standard fast aller Eigenmarken-Anbieter. Die Notebooks können Reseller bei den meisten Distributoren wie auch PCs oder Server als individuell konfigurierte Systeme bestellen. Manche Anbieter, wie etwa Ingram Micro und Tarox, bieten darüber hinaus ein sehr breites Hausmarkensortiment, das auch Monitore, LCDs oder Projektoren umfasst.
Neue Wege beschreitet Krystaltech Lynx: Das Unternehmen bietet unter dem Label »Lync IQ Storage« nun auch nach Kundenwunsch konfigurierte Storage-Systeme an. Unter dem Markendach »Cebop« vereint das Reutlinger Unternehmen außerdem Produkte aus dem Audio-Bereich, vom MP3-Player bis hin zu aufblasbaren Lautsprechern und Consumer-Notebooks.
Der Unternehmensbereich für Eigenmarken »Lynx« soll in diesem Geschäftsjahr gut 30 Prozent zulegen. Dagegen steht ein erwartetes Wachstum von nur sechs Prozent für das gesamte Geschäft. »Das Wachstum von Lynx wird vor allem aus unserem Server-Bereich kommen«, erwartet Josephi. Dort verkaufe man derzeit über 100 auftragsgefertigte Systeme im Monat. Allerdings ist der Server-Bereich nach wie vor der anspruchsvollste Produktbereich im Eigenmarkenportfolio, denn der Aufbau dieses Angebots erfordert Know-how und Investitionen, so dass kein kurzfristiger ROI zu erwarten ist.
Grundsätzlich ist Eigenfertigung kostenaufwändig. Die Produktion erfordert einen höheren Kapitaleinsatz und mehr Kosten durch Support, Service und Garantieabwicklung. Deshalb haben sich einige Distributoren immer wieder die Frage gestellt, ob das Eigenmarkenangebot tatsächlich eine sinnvolle Sortimentsergänzung sei. Broadliner wie Tech Data oder Actebis haben sich in den letzten Jahren von der Eigenfertigung getrennt. Schließlich können die Broadline-Distributoren heute HP- oder FSC-Systeme im BTO-Verfahren und mit kostenoptimierter Prozessabwicklung anbieten. Doch die Eigenmarkenanbieter sehen vor allem auch die Vorteile, die sich aus den Synergien mit dem Distributionsportfolio und der erworbenen Service-Kompetenz ergeben. Gerade bei den Eigenmarkenprodukten kann der Anbieter frei von Herstellerbestimmungen und -vorgaben seine Service-Qualität voll ausspielen. Das zeigt sich beispielsweise in verlängerten Zahlungszielen von bis zu 30 Tagen, schnellem Komponenten-Vorabaustausch oder White Labelling. Systemhauspartner im Projektgeschäft werden durch umfangreiche Finanzierungsservices und auf Wunsch mit technischem Support vor Ort unterstützt und erhalten bei manchen Distributoren, beispielsweise bei Krystaltech Lynx, Sonderleistungen wie exklusiven Projektschutz und verlängerte Angebotsgültigkeit. So kann der Partner sichergehen, dass kein anderer Reseller sich mit einem vergleichbaren Angebot um dasselbe Projekt bewirbt und ist zugleich vor Preisschwankungen abgesichert.
Ein Vorteil für den Fachhandel ist auch, dass die RMA-Abwicklung, da sie in der Eigenverantwortung des Distributors liegt, schneller und besser funktioniert. Dem Reseller soll der Ärger über schleppende Abwicklung und mühsames Procedere rund um Retourenfälle erspart werden: »Wir bieten über unser Diano-Service-Center eine Garantiereparatur innerhalb von drei Werktagen«, meint dazu Werner Wippermann, Geschäftsführer von Wippermann, »und das gilt in mindestens 95 Prozent aller Service-Fälle«.
Das Geschäft mit den Eigenmarken könnte in Zukunft auch davon profitieren, dass die Konkurrenz durch assemblierende Händler zurückgehen wird. Das hoffen zumindest die Distributoren: »Assemblierende Händler können den Endkunden oft nicht die notwendigen Serviceleistungen und CE-Zertifizierungen bieten«, glaubt Wippermann, und Uwe Hüfner von Tarox ergänzt: »Unser Ziel ist es, die Händler davon zu überzeugen, dass sie mit White-Label-Systemen kostengünstiger arbeiten können«.
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Astra Datentechnik GmbH
www.astra-gmbh.de
COS Distribution AG
www.cosag.de
Ingram Micro Distribution GmbH
www.ingrammicro.de
Krystaltech Lynx Europe GmbH
www.kle.net
Lintec AG
www.lintec.de
Rombus Group
www.rombus.de
Siewert & Kau Computertechnik GmbH
www.siewert-kau.de
Sirius Computervertriebs GmbH
www.canisline.de
Tarox Systems & Services GmbH
www.tarox.de
Wippermann Computer Vertriebs GmbH
www.wippermann.de
Wortmann AG
www.wortmann.de