Funkwerk sammelt IT-Perlen. Hinter dem noch relativ unbekannten Namen Funkwerk verbirgt sich ein wachstumsstarker deutscher IT-Anbieter. Dazu haben auch Aufkäufe renommierter Firmen beigetragen, die während der Wirtschaftskrise unter die Räder kamen, aber überzeugende Produkte im Programm hatten.
Bintecs neue VPN-Router-Serie VPN Access verwendet mit AES aktuelle Verschlüsse-lungsmechanismen.
Foto: Bintec
Tenova, Bintec, Artem und jetzt Elmeg - diese Firmen haben viele Gemeinsamkeiten: sie gehörten sämtlich zum deutschen Mittelstand. Sie hatten solide, bewährte Produkte und im Prinzip einen guten Namen. Sie machten Management-Fehler, aufgrund derer sie während der Wirtschaftskrise der letzten Jahre unter die Räder gerieten. Und sie gehören inzwischen zum Bereich Enterprise Networking der Funkwerk AG, einer rührigen, börsennotierten Unternehmensgruppe, die zur Zeit stark wächst. Der Enterprise-Bereich, zu dem auch noch der DECT-Spezialist Funktel beiträgt, ist einer von drei Geschäftsbereichen. 2002 setzte Enterprise Networking 89,9 Millionen Euro von insgesamt 220 Millionen Euro um. Der Gewinn der Sparte lag bei 4,5 Millionen Euro, soll aber beträchtlich zunehmen. Die beiden anderen Sektoren sind Traffic and Control Communication (Betriebsfunk für Bahnbetreiber) und Automotive Communication (Kommunikationslösungen für den Einsatz in Fahrzeugen).
Hans-Ekkehard Domröse, Vorstand des Enterprise-Network-Bereich, hat große Pläne: "Wir vereinigen nun alles bis auf Backbone-Technologie, was man für moderne IP-Netze braucht: DECT kommt von Funktel, Artem steuert WLANs bei, Elmeg und die ehemalige Tenova die Telefonie und Bintec alles, was mit IP-Netzen zu tun hat." Ob Funkwerk demnächst auch Backbone-Systeme entwickeln wird, lässt Domröse offen. Sicher ist nur, dass der Mittelstand weiter die bevorzugte Zielgruppe bleibt.
Domröse setzt auf erhebliche Synergieeffekte: "Weil wir hervorragendes IP- und Sprach-know-How im Haus haben, können wir Sprache richtig integrieren", sagt er. Eine Vorreiterrolle spielt dabei Bintec. Das ehemalige Vorzeigeunternehmen aus Nürnberg konnte die meisten Entwickler trotz seiner Pleite halten. Zur Cebit stellte Bintec bereits eine neue Reihe von VPN-Routern vor. Die Serie VPN Access umfasst Geräte für fünf, 25, 100, 250 und 1000 VPN-Kanäle, die auch ohne feste IP-Adressen aufgebaut werden können. Die Systeme verschlüsseln nach dem neuen AES (Advanced Encryption Scheme)-Verfahren mit bis zu 256 Bit Schlüssellänge, unterstützen Zertifikate und verteilen den Datenverkehr nach Last und Datenart auf die vorhandenen Leitungen. Diverse Backup-Mechanismen verhindern, dass Verbindungen zusammenbrechen. Die Router kosten zwischen 399 und 7499 Euro und sind größtenteils im April verfügbar. Zudem bringen die Nürnberger in das neue Unternehmen erfolgreiche Vertriebskanäle in Frankreich und südeuropäischen Ländern ein.
Bei Elmeg, immerhin langjähriger Lieferant der Deutschen Telekom, übernahm Funkwerk am 1. Januar 2004 vom Insolvenzverwalter die werthaltigen Unternehmensteile Entwicklung, Vertrieb und Support. Die Fertigung in Peine wurde geschlossen, die dort beschäftigten Mitarbeiter entlassen. Der Fertigungsvorgang wird nun ausgelagert - nicht nach Fernost, sondern zu einem sächsischen Dienstleister. Die Arbeitsplätze bleiben also wenigstens im Land. "Hätten wir die Fertigung mit übernommen, dann wäre wegen der hohen Kosten absehbar auch Funkwerk in Gefahr geraten", beteuert Vorstand Domröse. Etwa 70 von über 300 Mitarbeitern sind geblieben. Besonders wertvoll für die Funkwerk-Gruppe: die guten Kontakte Elmegs zum Telekom-Handel und zu DeTeWe. "Das ist ein neuer Vertriebsweg für die Produkte der anderen Firmen aus der Enterprise-Networking-Gruppe", freut sich Domröse.
Auch bei den Produkten tut sich schon wieder etwas, denn Elmeg hat während der Insolvenz weiterentwickelt. Um größere Unternehmen erreichen zu können, haben die Elmeg-Telefonanlagen der Serie ICT jetzt ein S2M-Schnittstellenmodul und lassen sich damit bis auf 118 Kanäle ausbauen. Ein Modul Kontakte ermöglicht innovative Anwendungen, etwa die Weiterleitung von sensorgesteuerten Alarmen. Die Anschlussmöglichkeiten für Headsets an Elmegs Systemtelefonen wurden verbessert. Das multizelluläre DECT-System DECT 400 gibt es nun in einer kleineren Variante für maximal zwei DECT-Zellen. Zudem stellte Elmeg zwei neue Handsets für dieses System vor.
Bereichsvorstand Domröse will zwar jetzt Unternehmen mit kompletten IP-Lösungen versorgen, bleibt aber trotzdem seiner Strategie treu, auch auf Nischenmärkte zu setzen. "Wir wollen nicht das machen, was alle können, sondern suchen uns Spezialitäten, mit denen man Geld verdienen kann", sagt er. So brachte der WLAN-Spezialist Artem zur Cebit eine industrietaugliche WLAN-Produktfamilie auf den Markt.