Stirbt der Handel aus?
- Geld nur gegen Zukunftstauglichkeit
- Stirbt der Handel aus?
- Distributoren als Banken
- Transparenz ist Voraussetzung

Doch trüben auch düstere Prognosen die Einschätzung der Solidität des Handelssegments: Spektakuläre Pleitefälle in der jüngeren Vergangenheit sowie der erhöhte Evolutionsdruck in einer sich schnell verändernden Marktumgebung tragen dazu bei. So sorgte erst kürzlich eine Prognose des ECC Köln und der Managementberatung Mücke, Sturm & Company für Aufsehen: Angesichts der Digitalisierung im Handel stehe sowohl den stationären wie auch den Online-Händlern eine massive Konsolidierung bevor. Laut der Prognose sollen 70 Prozent der stationären Outlets und sogar 90 Prozent der reinen Online-Händler bis zum Jahr 2020 aus dem Markt verschwinden. »Nur Händler, die ihr Kerngeschäft um flexible Konzepte erweitern, haben zukünftig eine Chance«, erklärt Dr. Kai Hudetz, Geschäftsführer des IFH Köln. Prof. Dr. Nikolaus Mohr, Managing Partner bei Mücke Sturm & Company, ergänzt: »Es besteht die Gefahr einer Erosion im Handel. Die Handelswelt von heute wird es in sechs Jahren nicht mehr geben«.
Die Distributoren fühlen sich von der düsteren Prognose einerseits zum Widerspruch provoziert, wie Tech Datas Mark-Björn König. »Diese Analyse bezieht sich in erster Linie auf die gesamte Handelslandschaft in Deutschland. Im reinen IT-Handel hingegen sollte es aufgrund der bereits sehr hohen Spezialisierung und guten Positionierung unserer Fachhandelspartner eine weit geringere Konsolidierung geben«, glaubt der Director Credit Services des Münchner Broadliners. Andererseits räumen die Finanzexperten der Distributoren ein, dass sich die Lage auch für die ITK-Fachhändler zu verschlechtern droht: »Die Konsolidierung nehmen wir wahr«, erklärt beispielsweise Stephan Klusmann, Director Financial Service beim Broadliner Also. »Der Preisdruck steigt stetig an und Fachhändler müssen sich überlegen, mit welchen Produkten und welchen Services die Marge zukünftig erhalten bleiben kann. Einige Fachhändler tun sich damit sehr schwer und die unterstützenden Finanzierungsmöglichkeiten über die Haubank sind aufgrund Basel III nicht besser geworden. Auch Thomas Spacek, Director Credit & Collections bei Ingram Micro, halt fest: »Es gibt vermehrt Kunden, deren Geschäftsmodell nicht mehr im ausreichenden Maße den sich ändernden Marktbedingungen gerecht wird. Die Folgen für diese Kunden sind eine rückläufige Margen- und Ertragsentwicklung, oftmals gefolgt von einer Verschlechterung der Eigenkapital- und Liquiditätssituation.«
Die Distributoren gehen deshalb davon aus, dass Fachhändler fortan vermehrt die Zukunftstauglichkeit ihres Geschäftsmodells belegen müssen, um an entsprechende Finanzmittel zu gelangen. »Wenn es spätestens dann dem Fachhändler nicht gelingt, ein überzeugendes, auf die Zukunft ausgerichtetes Konzept umzusetzen, erschweren sich für ihn tatsächlich die Bedingungen bei der Kreditaufnahme bzw. macht es dann ab einem bestimmten Zeitpunkt sogar unmöglich«, meint Ingram Micro-Manager Spacek. Tech Datas Mark-Björn König ist sich ebenfalls sicher: »Vor diesem Hintergrund zählt die klare Aussagefähigkeit über die aktuelle Finanzkraft des eigenen Unternehmens und das Aufzeigen einer richtungsweisenden Strategie mit klarem Focus auf Diversifikation.«