Gestrichelt

22. Juli 2004, 0:00 Uhr |

Gestrichelt. Kein billiges Plastikarmband, das mehr verloren gehen könnte, keine lästige Platin-Amex-Karte, die geklaut wird. Ein Pieks und alle Annehmlichkeiten des VIP-Daseins gehören Ihnen. Sie sind einem kleinen 1,2 mm breiten und 12 mm langen Mini-Chip, dem »Veri-Chip«, zu verdanken, der unter die Haut injiziert wird. Auf ihm sind alle Daten, die eine Very Important Person ausmachen, gespeichert ? vornehmlich das Kreditlimit.

Gestrichelt

Was sich nach Science-Fiction anhört, ist im innovativen spanischen Ferienclub »Baja Beach« bereits Realität. Dank der Innovationskraft der US-Firma Applied Digital Solutions haben die spanischen Touristen-VIPs jetzt ihren VIP-Status quasi »on Board« und können ausweislos und souverän den Türsteher der Edeldisko passieren oder im 911-Cabrio ohne Kreditkartenlegitimation Gas geben.

Die einzige Achillesferse dieser bahnbrechenden Technologie: Was hat man vom VIP-Dasein, wenn keiner der anderen Urlaubsgäste bemerkt, dass man VIP ist? Nicht jeder zieht schließlich wie einst Prinzessin Di das eigene Paparazzi-Rudel hinter sich her. Da hatte das bisher verwendete, billige, rosa Plastikarmband den nicht zu unterschätzenden Vorteil, dass jeder an der Costa del Sol sofort sehen konnte, dass Ihr Urlaubsdomizil der Drei-Sterne-All-Inklusive-Club »Al Hambra Palace« ist. Auch das Zücken der Gold-Card hatte etwas Majestätisches, Exklusives: Wie die sich in ihr spiegelnden Sonnenstrahlen das Gesicht des Verkäufers allmählich erhellten, das satte Klacken beim Ablegen neben der Kasse, das elegante Klicken beim Einschieben in den Kartenleser, die neidischen Blicke der umstehenden Barzahler. All dies kleine Glücksmomente für jeden VIP.

Da sollte sich ADS doch vielleicht über die Visualisierung noch ein paar Gedanken machen. Mit einem kleidsamen Strichcode beispielsweise in Hennarot oder Ethnoblau als hübsches Tattoo bei Eintreffen im Urlaubsort auf die Stirn tätowiert, ließen sich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Der Urlaubs-VIP wäre auf einen Blick von jedem als solcher zu erkennen und zu bewundern. Und alle nötigen Daten, wie Kreditlimit, wichtige Bekanntschaften zu Gunther Sachs und Uschi Glas, wären in einem schicken EAN-Code ebenso komfortabel unterzubringen wie im herkömmlichen RFID-Chip.

Eine Methode übrigens, die sich seit über 100.000 Jahren bewährt: Schon in Urzeiten schmückten sich die Stammes-VIPs wie Medizinmänner und Stammesälteste mit kleidsamen Gesichtstätowierungen, die eindeutig Auskunft über Status und Beziehungen der Träger gaben. Und es liegt nahe, dass auch der Zugang der Neandertaler-Partyluder zur einschlägigen Stammesfete durch die Urzeit-Stricheleien im Gesicht legitimiert wurde.


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