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Große Erwartungen

Migrationsschübe – Die jüngsten Switches großer Infrastrukturhersteller sollen die Rahmenbedingungen für 10 GBit/s im Backbone schaffen. Dazu vereinen sie eine bis dato nie dagewesene GBit/s-Port-Dichte in der Etage und im Datencenter.

Autor:Redaktion connect-professional • 27.9.2007 • ca. 3:05 Min

Es herrscht verdächtig viel Harmonie unter den Anbietern von Netzinfrastruktur, zumindest, was ihre Erwartungen und die meisten ihrer Produktentwicklungen betrifft. Die Hersteller sind überzeugt, dass Unternehmen Wireless und Voice-over-IP installieren. Und wie bei Dominosteinen setzt diese Entscheidungen eine Kettenreaktion in Gang, die schließlich gewisse Funktionen und Bandbreiten unabdingbar macht – so deren Kalkül.

Zuerst sind sie fest davon überzeugt, dass Firmen Power-over-Ethernet (PoE) brauchen werden, und sei es, um ihre Access-Points oder VoIPPhones mit Strom zu versorgen. Konsequenterweise haben viele ihrer Produktankündigungen dies zum Thema. Die Wege hin zu einem PoEfähigen Port dagegen unterscheiden sich stark voneinander. Die einen Anbieter sehen die verlockende Gelegenheit, mit der Technik ihren Umsatz zu steigern. Ihre Switches können PoE, sagen sie. Aber nur, wenn das Unternehmen in entsprechende Switch-Module investiert, bestehende Ports mit Simcard-ähnlichen Add-ons umrüstet. Und manchmal gar die Stromversorgung austauschen, am besten in eine redundante Variante. Eine clevere Methode, um bei schon installierten Switches Zusatzgeschäft zu generieren. Andere, darunter Hewlett-Packard, haben zumindest in ihren jüngsten Produkten diese Funktion in jeden Port bereits eingebaut.

Keine Zusatzkosten, keine separate Lizenzierung. Ob die Mitanbieter diesem kundenfreundlichen Konzept folgen werden? Die Hersteller sind genauso einmütig davon überzeugt, dass Unternehmen, ob nun mittelständisch oder größer, auf Dauer an 10 GBit/s nicht vorbei kommen. Langsam werde die Migration geschehen, das ja. Aber die Rahmenbedingungen sind gesteckt. Zuerst auf Desktopseite. Schon einmal versucht, einen modernen Clientrechner zu kaufen, dessen Netzadapter nicht von 10 bis auf 1000 MBit/s rauf und runterschalten kann? So wird die Workgroup schleichend auf »Gig to the Desktop« umgerüstet. Sofern die Längenrestriktionen den Wünschen der Hersteller keinen Strich durch die Rechnung machen. Denn die Ports sollen ja auf Kupfer basierend bleiben, und mehr als 100 Meter überbrückt solch ein Port bei 1 GBit/s nicht. Am Ende wächst das Datenvolumen, so die Erwartung der Anbieter.

Daten, die über den Etagen-Switch und das Backbone in die Serverfarmen fließen. Es ist eine simple mathematische Gleichung, dass ab einem bestimmten Punkt X aggregierte GBit/s-Ports nicht mehr genügen, um die Pakete wachsender Gig-Clients zu verdauen. Es muss also 10 GBit/s in das Backbone, vielleicht schon als Uplink in den Etagen- Switch. Denn VoIP braucht ja auch Übertragungsgarantien, die eine überlastete Verbindung oder ein überladener Switch nicht mehr halten kann. Kein Wunder, dass die Cebit-Stände diesmal beladen sind mit reinen GBit/s-Switches, die entweder modular oder fix konfiguriert Dutzende von schnellen Ports besitzen. Auch die Lösungen für das Datencenter, meist als Chassis konzipiert, bringen noch nie da gewesene GBit/s-Portdichten zusammen. Ein oder mehrere optionale 10-Gig- Module inklusive. Alles in allem reine GBit/s-Ethernet-Kraft, die den Weg zu dem schnellsten Ethernet bereitet.

Manchem mag diese Art der Geschwindigkeitsevolution recht bekannt vorkommen, ist sie doch beim Ethernet schon mehrmals durchexerziert worden. Eine Rahmenbedingung hat sich jedoch grundsätzlich verändert, wie die Cebit beweisen wird. Die Hersteller sprechen ungern nur noch von reinen Durchsatzzahlen,Verzögerungsfristen oder Priorisierungsverfahren. Sind sie bei diesen Zahlenspielen doch eins zu eins vergleichbar mit den günstigen Anbietern aus Asien. Und die können einen unschlagbaren Pro-Port-Preis anbieten. Kein Hersteller lässt sich freiwillig auf diesen Preiskampf ein, würde er ihn doch kaum gewinnen können. Um dem aus dem Weg zu gehen, heißt das Schlagwort Software.

Ob Alcatel, Cisco, 3Com, HP, Enterasys, Extreme oder Foundry, alle folgen einer eigenen Netzvision, die sie mit Hilfe von Zusatzfunktionen ihrer Switches untermauern. Wichtigste Marketing-Stütze dabei ist das Thema Sicherheit, das in mehreren Formen in die Switches hineinwächst. Sei es durch Access- Control-Lists, 802.1X oder Layer-3 und -4 schon ab dem Workgroup- Switch. Zweifellos ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, da im LAN noch viel zu wenige Mechanismen existieren, einmal authentifizierte User und deren Daten zu untersuchen.Wie bei allen Visionen fehlen die Standards. Und wo keine Standards existieren, dort stehen einander unterschiedliche, in der Regel unvereinbare Konzepte gegenüber.

Gleiches gilt für die Security-Konzepte auf Basis von Switches. Die Cebit dokumentiert, wie die Infrastruktur-Hersteller deswegen mit klassischen Security-Anbietern kooperieren, um ihrem eigenen Konzept Gewicht zu verleihen. Sicher ist auch, dass Cisco diesmal weniger Chancen hat, für ihre Vision zu trommeln. Hat der Hersteller doch darauf verzichtet, Zeit in Hannover zu investieren.

Michael Piontek
pm@networkcomputing.de