»Hersteller bei Lizenzen mit ins Boot nehmen«
Günstige Lizenzen aus zweiter Hand können schnell zur Kostenfalle werden, unter Umständen Schadensersatzforderungen nach sich ziehen. <i>Computer Reseller News</i> sprach mit Heiko Elmsheuser, Pressesprecher Microsoft Deutschland, darüber, was Fachhändler beim Handel mit Gebraucht-Software zu beachten haben.
CRN: Herr Elmsheuser, IT-Remarketing/Used- IT, was hat Microsoft mit der Wiederaufbereitung von gebrauchter IT zu tun?
Elmsheuser: Microsoft investiert pro Jahr etwa 7,2 Milliarden US-Dollar in Forschung und Entwicklung. Neben den finanziellen Aufwendungen fließt geistiges Eigentum in unsere Produkte ein, weshalb diese Art der Produkte urheberrechtlich als besonders schützenswert angesehen werden. Microsoft regelt die Nutzung, Verwendung und Übertragung seiner Software- Produkte explizit in seinen Lizenzbestimmungen.
CRN: Mit Lizenzen haben Sie ein heikles Thema angesprochen. Worauf müssen Händler achten, wenn sie Gebraucht-IT von Remarketing- Firmen kaufen?
Elmsheuser: Ob gebrauchte Softwarelizenzen verkauft werden dürfen, hängt zunächst vom jeweiligen Lizenzvertrag ab. Kritisch sind vor allem weiterverkaufte Lizenzen, die Bestandteil eines Volumenlizenzpaketes sind, wie zum Beispiel bei Konzern-, Select- oder Open-Verträgen. In diesen Fällen darf die Softwarelizenz laut Vertragstext teilweise nur nach Zustimmung des Softwareherstellers – also Microsoft – weiterverkauft werden. Einige Hersteller schließen sogar eine Übertragung generell aus. Wird die Software dennoch ohne Einverständnis des Herstellers übertragen, setzt das kaufende Unternehmen Software ein, die unserer Meinung nach nicht richtig lizenziert ist. Dies begründet sich einerseits aus vertraglichen, andererseits aus urheberrechtlichen Bestimmungen.
CRN: Was zieht das für Folgen nach sich?
Elmsheuser: Die Folgen für Unternehmen, die nicht ordentlich übertragene Software kaufen beziehungsweise einsetzen sind fatal: Sie dürfen die Software zukünftig nicht weiter nutzen und müssen für die bereits erfolgte unberechtigte Nutzung Schadenersatz zahlen. Die anfangs scheinbar günstigen Lizenzen aus zweiter Hand erweisen sich so später möglicherweise als Kostenfalle. Aufgrund der Komplexität dieses Themas empfehlen wir grundsätzlich, den Hersteller bei der Übertragung von gebrauchten Lizenzen mit ins Boot zu nehmen.
CRN: Aber es gibt auch Ausnahmen.
Elmsheuser: Das ist bei gebrauchten Einzelversionen von Software – so genannte Full Package Products – der Fall, wie sie beispielsweise im Fachhandel erhältlich sind. Da gibt es keine Einwände gegen einen Weiterverkauf, sofern das komplette Packet – die Original-CD, das Echtheitszertifikat sowie das Handbuch – übergeben und die Software auf dem eigenen PC gelöscht wird. Hier muss der Hersteller der Software nicht mit einbezogen werden.
CRN: Worauf müssen Fachhändler, die mit Gebraucht- IT handeln, bei der Software besonders achten?
Elmsheuser: Grundsätzlich sollte beim Kauf oder Verkauf von gebrauchter Software immer der Hersteller der Software miteinbezogen werden – unabhängig davon, ob Datenträger oder Lizenzrechte erworben werden.
CRN: Aber es gibt doch auch seriöse Software- Anbieter.
Elmsheuser: Zweifelsohne gibt es seriöse Anbieter von gebrauchter Software. Aber leider entpuppen sich gerade angeblich gebrauchte Original-Datenträger immer wieder als Fälschungen. Rechtssicherheit erhalten Käufer und Verkäufer nur durch Abstimmung mit Microsoft.Wird der Hersteller nicht einbezogen und kommen in der Folge Zweifel an der Wirksamkeit der Lizenzübertragung auf, muss der Käufer der gebrauchten Software, der diese auf seinen Rechnern nutzt, beweisen, dass er entsprechende Originallizenzen erworben hat. Außerdem erwarten Kunden natürlich auch weiterführende Leistungen, die beim Kauf von Originallizenzen enthalten sind. Ohne Update-Berechtigungen oder Service-Ansprüche gehen dem Kunden wichtige Leistungen verloren, die das Verhältnis zwischen Händler und Kunden schnell trüben können.
CRN: Also besser einmal zu viel als einmal zu wenig das Softwareunternehmen mit einbeziehen?
Elmsheuser: Ich kann jedem Händler daher nur raten, mit dem Hersteller der Software Kontakt aufzunehmen und sich so abzusichern, bevor ein scheinbar gutes Geschäft ungeahnte Folgen hat. Für unsere Microsoft-Partner haben wir zu diesem Zweck eine spezielle Informationsplattform zu gebrauchter Software eingerichtet. Unter www.microsoft.de/gebrauchtesoftware werden Antworten auf kritische Fragen gegeben.