iSCSI kommt ins Rollen. Von iSCSI wird schon seit zwei Jahren gesprochen. Doch bisher fehlte es an iSCSI-fähigen Geräten und schnellen Adaptern. Nun sind diese Voraussetzungen vorhanden. Der Markt dürfte in diesem Jahr zum ersten Mal signifikante Stückzahlen erreichen. Zielgruppe für die neue Technologie sind alle, denen Fibre Channel zu teuer ist.
Die ADIC-Library Scalar 24 gibt es jetzt auch mit integriertem iSCSI-Adapter.
Foto: ADIC
Vielen Unternehmen ist Fibre Channel (FC) trotz bemerkenswert gesunkener Preise in den letzten Jahren noch immer zu teuer. Zudem müssen sie Mitarbeiter in FC-Technologie ausbilden lassen. Das bedeutet hohen Aufwand. FC-Spezialisten sind gesucht - die Gefahr ist also groß, dass frisch ausgebildete SAN-Kenner von anderen Unternehmen weggekauft werden.
Gerade Firmen, die noch nicht in SAN-Technologie investiert haben, beobachten daher mit Interesse den iSCSI-Markt. Die Technologie gestattet es, über IP-Netzwerke auf Blockdaten, wie sie SCSI-Devices speichern, zuzugreifen. Das geschieht, indem die SCSI-Datenpakete in IP-Pakete eingepackt werden, wenn sie durchs IP-Netz wandern. Am anderen Ende werden sie dann wieder entpackt. Das klingt sympathisch, denn mit IP kann jeder Administrator umgehen.
Die Sache hat allerdings einen Haken: Den durch Ver- und Entpacken verursachten Rechenaufwand muss entweder der Prozessor des Rechners abwickeln - wenn iSCSI in Software implementiert ist. Oder er wird auf einen separaten Prozessor, eine sogenannte TOE (TCP/IP-Offload-Engine) ausgelagert und belastet dann den eigentlichen Prozessor nicht. Die TOE kann sich entweder auf dem HBA befinden oder separat realisiert sein. HBAs (Host Bus Adapter) mit integrierter TOE waren aber bis vor kurzem kaum verfügbar - genau so wenig wie iSCSI-geeignete Speichersysteme, im iSCSI-Jargon Targets. iSCSI-Karten im Server, die Speicherzugriffe initiieren, heißen dagegen Initiatoren.
Zwar unterstützt Microsoft Windows mittlerweile iSCSI, was der Technologie zweifellos beträchtlichen Schub verleiht. Auch Software von Veritas- und CA kann mit der neuen Technik umgehen. Doch lässt die Leistung Software-basierender Implementierungen ohne Hardware-TOE zu wünschen übrig. So meint Robert Helbig, Field Application Engineer bei Adaptec: "Empfehlen kann man Software-basierende Lösungen nur für reine Connectivity-Aufgaben, bei denen es auf Geschwindigkeit nicht ankommt. Zum Beispiel dafür, eine Speichereinheit direkt an einen Rechner anzubinden. Schlimm wird es, wenn man aus iSCSI heraus booten oder verschlüsseln muss - das geht einfach zu langsam." Auch für Applikationsserver sei iSCSI kaum die richtige Wahl. Andererseits sind die nötigen iSCSI-Treiber für alle Betriebssysteme außer Solaris kostenlos verfügbar, so dass man bei wenig zeitsensitiven Anwendungen durchaus einen Versuch mit der Technik manchen könne.
Allmählich kommt die Industrie bezüglich iSCSI in die Gänge. Auf der Cebit wurden eine ganze Reihe iSCSI-fähiger Systeme gezeigt. Spezielle Karten für iSCSI gibt es zum Beispiel von Intel (Pro 1000 IP Storage Adapter), Adaptec (7211C/F für Kupfer beziehungsweise Glasfaser), Alacritech (SES 1001) und Qlogic (QLA4010/4010C für Glasfaser bzw. Kupfer). Die Adaptec-Karte wird zum Beispiel auch von Dell vertrieben.
Unter den Herstellern von Storage-Networking-Komponenten hat sich vor allem Cisco mit seinen multiprotokollfähigen Storage-Routern der 5460er Serie frühzeitig zu iSCSI bekannt. Hier ist die IP-Fähigkeit möglichst überall naturgemäß Strategie. Der Cisco-Switch wird auch von OEMs wie zum Beispiel HP vertrieben. Aber auch McDatas Eclipse-Systeme können inzwischen mit iSCSI umgehen.
An iSCSI-fähigen Festplatten-Arrays und anderen Speichersystemen herrscht kein Mangel mehr: EMCs Symmetrix-DMX-Systeme arbeiten genau so mit iSCSI wie Hitachi Data Systems Lightning 9570V. Netapp hat sich früh und intensiv um iSCSI gekümmert. Schon 2002 verkündete der Hersteller seine Strategie, zukünftig für alle Protokollwelten offen zu sein. Ab Februar 2003 waren die Filer der Serien FAS800 und FAS900 iSCSI-fähig. Inzwischen gilt das auch für die Nearstore-Lösungen. Zudem gibt es ein Zertifizierungsprogramm für die HBA-Hersteller, an dem Intel und Adptec bereits erfolgreich teilgenommen haben. Zur Cebit gibt es nun mit iSA1500 iSCSI-Produktnachwuchs. Das externe iSCSI-to-SATA-RAID-Subsystem hat 1 TByte Kapazität. Overland bringt mit der Reo-Serie iSCSI-basierte Backup-Restore-Appliances auf Festplattenbasis für Disk-to-Disk-to-Tape-Backup-Architekturen auf den Markt. R2000 (Preis: rund 20600 Euro) bietet 2 Tbyte Kapazität und soll vor allem den Backup von Application-Servern beschleunigen, während RA2000 (Preis: etwa 14700 Euro) für andere Backup-Aufgaben gedacht ist. Dazu gibt es mit RX2000 ein ebenfalls 2 TByte großes Kapazitätsmodul.
Nun springen die Library-Spezialisten auf den iSCSI-Zug auf. Die Libraries Scalar 24 und Scalar 100 von Adic sollen demnächst mit einer iSCSI-Option erhältlich sein. Dabei wird der Adapter in die Scalar 24 eingebaut, während er für die Scalar 100 als externe Box erhältlich ist. Beide Systeme sind auch mit SCSI und FC erhältlich. Der Anwender kann den gewünschten Adapter auswählen und später auch austauschen. Quantum allerdings will sich erst später um iSCSI kümmern. Produkt-Releases seien frühestens in sechs bis zwölf Monaten zu erwarten, so das amerikanische Management des Herstellers.
Das gleiche gilt für die Virtualisierungsspezialisten: Falconstor hat mit Ipstor eine iSCSI-fähige Appliance im Programm. Konkurrent Datacore zieht mit dem iSCSI-basierenden Diskserver-Software Sanmelody nach. Mit ihr lassen sich zentral Speicherressourcen bis 17 TByte in Ethernet-LANs über iSCSI verwalten. Und Sanrad hat mit dem V-Switch 3000 eine Multiport-iSCSI-Gateway im Portfolio.
"Das Kostenbewusstsein der Anwender spricht dafür, dass die Technologie nicht nur in kleinen und mittleren, sondern auch in großen Unternehmen Fuß fasst."
Ulrich Franke, Geschäftsführer ADIC
Thomas Störr, Overland Storage: "iSCSI eignet sich auf für Storage-Vernetzung in Niederlassungen".
Foto: Overland
Trotz vieler Vorschusslorbeeren sind sich die meisten Spezialisten einig: iSCSI wird Fibre Channel vorläufig nicht ersetzen, sondern vielmehr neue Anwendungsbereiche und Nutzergruppen für die vernetzte Storage erschließen - zumindest vorläufig. Das meint etwa Steve Duplessie, Gründer und Analyst des auf Speichertechnik spezialisierten Marktforschungsunternehmens Enterprise Storage Group: "iSCSI wird die Nachfrage nach Fibre Channel im Datenzentrum nicht senken." Immerhin funktioniere Fibre Channel, was den leidgeplagten Anwendern wichtiger sei als der Wechsel auf eine neue Technologie. Allerdings könne sich die Haltung der Anwender in anderthalb bis zwei Jahren durchaus ändern. "Vielleicht heißt es dann: Was wollen wir noch mit Fibre Channel?", mutmaßt der Analyst.
Wichtig für den Erfolg von iSCSI ist der Preisvorteil. So sollen die iSCSI-Varianten der Libraries von Adic billiger sein als die mit FC-Connectivity. Aber das ist nicht alles: Die Ethernet-Infrastruktur liegt bereits, und sollte sich ein Anwender aus leistungs- und Sicherheitsgründen für ein separates Segment mit iSCSI-Devices entscheiden, ist die Verkabelung dafür allemal billiger als ein SAN. Ulrich Franke, bei ADIC als Geschäftsführer für den deutschsprachigen Raum verantwortlich, meint: "Das Kostenbewusstsein der Anwender spricht dafür, dass die Technologie nicht nur in kleinen und mittleren, sondern auch in großen Unternehmen Fuß fasst." Thomas Störr, Overland, bestätigt: "iSCSI wird bei Kunden ankommen, denen FC zu teuer ist." Derzeit gebe es in Deutschland zehn bis 15 iSCSI-Implementierungen von Overland, zum Beispiel in Krankenhäusern, einem Bereich, in dem das Geld eher knapp ist. Auch für Firmen, die bereits FC implementiert hätten, sei iSCSI interessant, etwa um kostengünstig die Storage in Niederlassungen zu vernetzen. Robert Helbig, Adaptec, registriert denn auch viel Nachfrage nach iSCSI von Resellern, die bereits Erfahrung mit Fibre-Channel-Produkten gesammelt haben.
Zudem sinken die Preise wie in der IT-Branche üblich. Preisverfallsraten von etwa 40 Prozent pro Jahr sind normal. Höhere Integration dürfte dazu beitragen, dass dieser Trend sich bei iSCSI-Produkten fortsetzt. So soll der nächste iSCSI-HBA-Generation von Adaptec nicht mehr vier, sondern nur noch einen ASIC plus Speicher enthalten, was bedeutet, dass Kosten und Platzbedarf drastisch abnehmen. Zunehmen sollen dagegen die Stückzahlen. Adaptec-Mann Helbig schätzt, dass sein Unternehmen 2004 statt rund 100 zwischen 1000 und 2000 iSCSI-HBAs an den Mann bringen wird - konservativ geschätzt, wie er betont. Das klingt nach dem Anfang einer Erfolgsgeschichte.