IT-Architekturmanagement der West LB

20. Januar 2007, 9:28 Uhr | Markus Bereszewski
Auch komplexe Architekturzusammenhänge hat die Bank heute dank der grafischen Modellierung im Griff.

IT-Architekturmanagement der West LB Die Einführung einer IT-Planungslösung verringert Kosten und Redundanzen durch Transparenz und Vergleichbarkeit der Daten. Revisionssichere Angaben erhält die Bank heute auf Knopfdruck.

»Wer IT kostenorientiert planen will, muss den Status kennen und die Daten aktuell halten.« Dieter Fehser, Projektmanager und IT-Architekt im Bereich IT-Strategie & Architektur der WestLB
»Wer IT kostenorientiert planen will, muss den Status kennen und die Daten aktuell halten.« Dieter Fehser, Projektmanager und IT-Architekt im Bereich IT-Strategie & Architektur der WestLB

Wie in vielen anderen Unternehmen sind bei der WestLB IT-Strukturen und Applikationen historisch über viele Jahre gewachsen. Bereits Mitte der 90er Jahre wurde deutlich, wie schwierig es allein schon ist, Applikationen und deren Schnittstellen unternehmensweit zu dokumentieren. Insbesondere bei größeren Projekten war die zeit- und kostenintensive Verifizierung relevanter Applikationszusammenhänge notwendig. Anfang 2000 führte man dann SPICE (Systeme & Projekte Integriertes Controlling Environment) ein, ein auf Java basierendes Informations- und Controllingsystem für Anwendungen, Projekte und begleitender Governance-Prozesse in der IT. Finanztechnische Planungs- und Controllingaspekte und die Projektsteuerung bilden den Schwerpunkt dieser Anwendung. Dem System fehlte jedoch die Möglichkeit einer grafischen Modellierung auch komplexer Architekturzusammenhänge. Diese und andere Anforderungen deckt die Bank heute mit »planningIT« des Berliner Anbieters Alfabet ab. Dieter Fehser, Projektmanager und IT-Architekt im Bereich IT-Strategie & Architektur der WestLB: »Während auch andere Lösungen die Ist-Situation abbilden können, geht planningIT einen entscheidenden Schritt weiter. Die Software bietet nicht nur einen Überblick über vorhandene Anwendungen, Abhängigkeiten, Schnittstellen und Verantwortlichkeiten innerhalb der IT-Landschaft. Durch rollenspezifische Unterstützung und die enge Integration in unsere Governance-Prozesse (von der Planung über die Budgetierung, die Projektgenehmigung bis zum Projektende) bleiben diese Informationen auch konsistent und aktuell im unternehmensweiten Inventory.« Um mehr Transparenz in die rund 650 genutzten Applikationen zu bringen, wurden in einem Pilotprojekt Möglichkeiten und Grenzen der Lösung für den Einsatz bei der WestLB getestet. Nach ersten positiven Ergebnissen entschied sich die Bank, das Tool auf Basis bereits existierender Prozesse zu implementieren. Dabei war das zentrale Team für IT-Strategie- & Architektur als Teil des CIO-Office für die Governance verantwortlich. Zur Erfassung des Ist-Zustandes der IT-Landschaft wurden aus SPICE und anderen Systemen Daten nach Excel exportiert und den Applikationsverantwortlichen zur Verfügung gestellt. Nach eingehender Datenqualitätssicherung und mit Unterstützung des zentralen IT-Strategie- & Architekturteams war die Datenqualität so gut, dass die vorliegenden Daten aus Excel nach planningIT importiert werden konnten. Noch fehlende Informationen konnten anschließend manuell in der Planungssoftware ergänzt werden. Schon kurze Zeit später zeigte sich der Nutzen der Lösung im Praxiseinsatz. Als die WestLB 2005 die IT-Strategie diskutierte, stand die Frage im Mittelpunkt, welche Anwendungen welche Bankprozesse und Produkte unterstützen. Außerdem sollten die hundert teuersten Applikationen der Bank ermittelt werden. Die eingesetzte Standardsoftware stellte hierfür bereits kurz nach dem Live-Gehen hilfreiche Informationen zur Verfügung. »Die Auskunftsfähigkeit in Echtzeit ist einer der größten Pluspunkte. Zu diesem Zeitpunkt konnten wir zwar noch nicht alle Fragen auf Knopfdruck beantworten. Jedoch sind wir heute schon sehr viel weiter und haben für viele Fragen bereits »Knöpfe« definiert«, bestätigt Fehser. Nach der Datenerfassung und dem Live-Gang erfolgte sehr schnell die Integration in bestehende Governanceprozesse. »Wir hatten bereits seit Jahren ein gut funktionierendes Projektgenehmigungsverfahren (PGV) in dem vom CIO-Office die Sinnhaftigkeit eingehender Projektanträge in Bezug auf Projektabhängigkeiten, Redundanzen, Kosten, ROI et cetera aus Gesamtbanksicht geprüft wird. Lange Zeit brachte jedes Projekt eigene Powerpoint- oder Visio-Darstellungen der Architekturzusammenhänge mit«, so Fehser weiter. Die WestLB hat daher die nun in der Planungssoftware zur Verfügung stehenden Anwendungsinformationen genutzt. Ab sofort waren Architekturdarstellungen (as-is und to-be) aus der Software heraus maßgebend für das PGV. Somit konnten gleich mehrere Vorteile für die Bank genutzt werden. Anwendungsnamen sind jetzt eindeutig und die Anwendungen und deren Informationsflüsse selber stets aktualisiert. Jeder Segmentarchitekt, Projektleiter und das CIO-Office haben nun ein Bild darüber, wer an welchen Anwendungen welche Veränderungen bis zu welchem Zeitpunkt durchführen möchte. »Nicht alle Kollegen waren zunächst davon begeistert. Kommen doch mit neuen Tools auch neue Erwartungen auf die Mitarbeiter zu. Doch nun hören wir sogar von ehemaligen Skeptikern äußerst positive Aussagen zum Tool und der Prozessintegration«, erklärt Dieter Fehser.

Von der Datenerfassung zum Bebauungsplan
Ein weiterer wesentlicher Entwicklungsschritt war die Abbildung eines Bebauungsplans. Dieser soll allen für die IT-Planung zuständigen Mitarbeitern einen detaillierten Überblick über die logischen Bestandteile und die geplante mittelfristige Entwicklung der IT-Landschaft in den kommenden drei Jahren vermitteln. Das Thema Bebauungsplanung war nicht ganz neu für die Bank. Ein solcher Plan soll zeigen, ob Applikationen auch sinnvoll eingesetzt werden, die Schnittstellen optimal gesetzt sind und wo Redundanzen bestehen. Bisher nutze man bei der WestLB auch dafür Powerpoint, Word oder Visio. Doch mit den bereits in planningIT vorhandenen Informationen lag es nahe, auch dafür das vorhandene Inventory zu nutzen. »Gleichzeitig wollten wir eine stringentere Arbeitsweise etablieren und dafür die Prozessvorgaben des Tools nutzen. Und auch hier gab es zunächst Bedenken, da nicht-datenbankbasierte Systeme natürlich mehr Freiheiten und gewisse Unschärfen zulassen«, erklärt Fehser. Um die Fähigkeiten der Standardsoftwarelösung dafür zu testen, stellten die Berliner für einen Teilbereich der Bank einen Bebauungsplan auf. Der Bereich IT-Strategie & Architektur der WestLB war von den Ergebnissen überzeugt, sodass sich die IT der Bank entschied, 2006 erstmalig einen Bebauungsplan mit Hilfe der Planungssoftware mit den Fachbereichen und den IT-Segmenten zu realisieren. Die Spezialisten aus dem CIO-Office standen dabei stets beratend zur Verfügung. Im Bebauungsplan selber konzentrierte man sich darauf, Prozesse und Produkte der Bank als Matrix aufzuspannen und diese mit den unterstützenden Applikationen zu vervollständigen. Auch hier wird aus der heutigen Darstellung der Ziel-Bebauungsplan für die nächsten drei Jahre anhand der Kundenanforderungen entwickelt. Die WestLB entwickelt die Bebauungspläne gemeinsam mit den Fachbereichen der Bank vor der eigentlichen finanztechnischen Planung und Budgetierung. So können gemeinsam die groben Zielrichtungen zwischen Fachbereich und IT besprochen werden. Auf Unternehmensebene erkennt man somit leichter Zusammenhänge und Abhängigkeiten der Projekte. Das hilft den IT-Segmenten bei der groben Planung für die Folgejahre. Bei der konkreten Ausgestaltung der sich aus den Bebauungsplanungen ergebenden Projekte kann sich das CIO-Office leichter orientieren und zielgerichteter anstehende Projekte zusammenbringen. »Die in der Software enthaltenen Informationen geben sogar deutliche Impulse, sich gezielt IT-intern auszutauschen und schnell erste Informationen über andere Bereiche und Projekte zu beschaffen. Hierzu ist das Tool mittlerweile eine wertvolle Hilfe«, so Fehser. Mit der Lösung der Berliner wurde ein einheitlicher Ansatz für Dokumentation und Bebauungsplanung entwickelt. Durch eine umfassende IT-Planung lassen sich Prozesse effizienter gestalten und Kosten dadurch deutlich reduzieren. »Wer IT kostenorientiert planen will, muss den Status kennen und die Daten aktuell halten«, ergänzt Fehser. Die IT-Abteilung will allerdings über ein reines Kostenmanagement hinausgehen. So gewährleistet die nachvollziehbare Datenqualität, dass auch nach dem Ausscheiden eines Mitarbeiters das Wissen um die Anwendungen länger erhalten bleibt. »Wir haben mit planningIT bereits die dritte Stufe erklommen, um einen umfassenden Überblick über unsere Applikationslandschaft zu gewinnen«, erklärt Fehser. »Jetzt können wir über eine grafische Nutzeroberfläche einfach und übersichtlich den Status dokumentieren und auswerten. Wir erhalten per Mausklick die Anzahl und Art der eingesetzten Anwendungen, den Zusammenhang zwischen ihnen und den zuständigen Ansprechpartnern. Nicht zu unterschätzen ist auch die Möglichkeit, jede Anwendung eindeutig einer Kostenstelle zuzuordnen.« Nebenbei wird damit auch die Namensgebung für Hardware und Software abteilungsübergreifend vereinheitlicht. Bei internen Präsentationen verwendete bisher nämlich jeder Vortragende seine eigenen Bezeichnungen. Nun werden die Auswertungen in dem Planungstool durchgeführt und daraus generierte Übersichten für Visio-, PowerPoint- oder Excel-Dateien verwendet.

Revisionssicher und transparent
Neben den technischen und finanziellen Aspekten bringt der Einsatz der Planungssoftware noch einen weiteren Vorteil, nämlich Revisionssicherheit. Schließlich muss eine Bank regelmäßig ihre Aktiva und Passiva sowie den Unternehmenswert nachweisen, zu dem auch die IT-Systeme gehören. Der von der Revision geforderte Überblick über die eingesetzten Anwendungen lässt sich nun auf Knopfdruck liefern. »Selbst wenn nicht sofort ein hoher Return on Investment sichtbar wird, sollten Strategie und IT-Architektur besser miteinander verzahnt werden«, erläutert Fehser. Schließlich sorge eine umfassende IT-Planung von vornherein für effiziente Prozesse.

Günter Unterholzner ist freier Journalist aus München


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