IT-Beratungs- und Systemintegratoren: Branche kämpft erneut mit Umsatzrückgang. Zum zweiten Mal in Folge sind die Jahresumsätze der größten IT-Berater und Systemintegratoren in Deutschland im vergangenen Jahr gesunken. Zudem haben die von Marktforscher Lünendonk ermittelten 25 Top-Unternehmen Marktanteile verloren. Einige Firmen stemmten sich aber erfolgreich gegen den Trend.
Sinkende Umsätze, Restrukturierungen und Entlassungen prägten im vergangenen Jahr das Gesamtbild der IT-Beratungs- und Systemintegratoren. Damit setzte sich 2003 der negative Trend des Vorjahres zum zweiten Mal in Folge fort. Die Nachfrage nach IT-Beratung und -Integration ging in Deutschland insgesamt um sieben Prozent auf ein geschätztes Volumen von 11,9 Milliarden Euro zurück, wie das IT-Beratungsunternehmen Detecon ermittelte. Infolge der schwachen Konjunktur haben Kunden IT-Projekte hinausgezögert oder ganz gestrichen.
Nimmt man diese Zahl als Benchmark, so sind es die führenden IT-Firmen im deutschen Markt, die vor allem von der negativen Entwicklung betroffen waren. Die Marktforscher von Lünendonk gehen davon aus, dass die von ihnen genannten 25 Top IT-Beratungs- und Systemintegratoren in 2003 Inlandsumsätze von knapp fünf Milliarden Euro erzielten ? rund acht Prozent weniger als 2002. Ihr Marktanteil wäre somit von 48 Prozent auf 42 Prozent zurückgefallen.
Vier von fünf Anbietern mussten 2003 zum Teil drastische Rückgänge bei den Erlösen hinnehmen, wobei die letzten elf von Lünendonk gelisteten Unternehmen allesamt ein Minus aufweisen. Nahezu alle betroffenen Firmen klagten über das verhaltene Investitionsklima der Kunden, die Reaktionen darauf fielen aber sehr unterschiedlich aus.
Vor allem das Geschäft mit der mittelständischen Klientel war im abgelaufenen Jahr sehr schwierig. Während die auf Großkunden spezialisierten IT-Firmen moderate Rückgänge und teilweise sogar gegen den Trend Zuwächse verzeichneten, brach das Geschäft mit dem Mittelstand ein. So musste die IBM-Tochter Sercon, im Gegensatz zu IBM Global Services auf den Mittelstand ausgerichtet, ein Viertel weniger Erlöse verbuchen. »Schwieriges Umfeld und Wettbewerbsdruck im SAP-Umfeld«, war aus der Konzernzentrale in Böblingen zu erfahren. Um fast 17 Prozent reduzierte Sercon sein Personal.
Der Umkehrschluss, dass Großkunden relativ sichere Garanten in schlechten Zeiten sind, lässt sich aber so generell nicht ziehen, wie die GFT AG belegt. Infolge Auftragsstornierungen seitens des Hauptkunden Deutsche Bank fiel der bereits einkalkulierte Umsatz der bösennotierten Schwarzwälder aus, Personal musste hierzulande abgebaut, beziehungsweise in Länder mit niedrigerem Lohnniveau verlagert werden. Neben dem Standort Spanien versucht GFT, mit einer indischen Tochter die hierzulande hohen Kosten für Softwareentwicklung abzufedern.
Zu radikaleren Maßnahmen musste hingegen die Beratungsgruppe Plaut greifen. Die horrenden Verluste zwangen die Firma zu weitreichenden Restrukturierungen, die sich in den Umsatz- und Mitarbeiterzahlen widerspiegeln. Der österreichische Konzern musste Landesgesellschaften verkaufen ? zum großen Teil an den Wettbewerber IDS-Scheer ? und Management-Buy-outs auf den Weg bringen. Die Folge: Fast jeder zweite Mitarbeiter schied aus dem Konzernverbund aus. Die Branchenkrise hatte aber auch ihr Gutes: Die überfällige Sanierung führte zu einer schlankeren Organisation und im ersten Quartal 2004 endlich wieder zu schwarzen Zahlen.
Gelassener konnten hingegen die nicht börsengetriebenen IT-Firmen wie die auf Customer-Relationship- und Supply-Chain-Management spezialisierte Softlab GmbH auf das schlechte Marktumfeld reagieren, die zudem mit der BMW-Group eine starke Muttergesellschaft im Rücken hat. Trotz eines Umsatzrückgangs von über 15 Prozent hat das Unternehmen keine Mitarbeiter entlassen. Ein Umstand, der sich im Beratergeschäft positiv auswirken könnte, wenn die Auftragslage wieder anzieht. Einen nur marginalen Stellenabbau verzeichnet auch die VW-Tochter Gedas sowie Cap Gemini, obwohl auch diese Firmen in 2003 weniger umgesetzt haben als im Vorjahr.
Dass einige Firmen in dieser Lünendonk-Liste nicht mehr zu finden sind oder deutlich an Umsatz zugelegt haben, liegt an der jeweiligen Firmenstrategie. Lünendonk schränkt denn auch die Vergleichbarkeit ein: »Die Abgrenzung zwischen IT-Dienstleistungs-, Software- und Unternehmensberatungs-Märkten wird immer schwieriger.« Managementberater profilieren sich in der IT-Beratung und umgekehrt, Anbieter von Standard-Software weiten ihr Feld auf Beratung und Integration aus.
So fiel die PSI AG aus der diesjährigen Liste der Integratoren heraus, da die Berliner die von Lünendonk gesetzte Marke von 60 Prozent unterschritten haben. »Die Firma weist Merkmale eines Standard-Softwareunternehmens aus«, begründet Lünendonk.
Zudem muss beachtet werden, dass ein auffällig hohes Wachstum nicht zwangsläufig die Entwicklung einer Firma im deutschen Markt widerspiegelt, sondern auf Übernahmen im Ausland zurückzuführen sein könnte. So führt msg Systems den Umsatzanstieg zwar auch auf das bessere Investitionsverhalten von Kunden aus der Versicherungsbranche zurück, aber auch auf Erlöse, die aus der aufgestockten Beteiligung an dem Produkthaus Gillardon stammen, bei dem msg im vergangenen Jahr die Mehrheit übernommen hatte. Ähnlich verhält es sich bei IDS-Scheer. Während das Geschäft in Deutschland um über vier Prozent zurückging, was vor allem auf die Erlöse in der IT-Beratung zurückzuführen ist, machten die Saarbrücker mit der internationalen Expansion ernst und kauften überwiegend in Osteuropa und Österreich kräftig zu.
(Siehe auch die umfangreiche Tabelle in der Printausgabe!)
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