IT/UE-Konvergenzprodukte in der Distribution : Zukunftsmarkt mit Anlaufschwierigkeiten

16. September 2004, 0:00 Uhr |

IT/UE-Konvergenzprodukte in der Distribution : Zukunftsmarkt mit Anlaufschwierigkeiten. Die IT/UE-Konvergenzprodukte wecken Begehrlichkeiten. Hersteller und Distributoren hoffen auf neue Geschäfts- und damit Umsatzchancen. Doch viele Reseller fürchten, dass die Preise für die Trendprodukte fallen, noch ehe der erwartete Boom einsetzt.

IT/UE-Konvergenzprodukte in der Distribution : Zukunftsmarkt mit Anlaufschwierigkeiten

Co-Autor: Samba Schulte
Die Hersteller und ihre großen Distributionspartner schwören den Channel auf den Konvergenzboom ein. Spätestens 2005 sollen alle Reseller, die sich frühzeitig auf diese Entwicklung eingestellt haben, von dem Zusammenwachsen der Bereiche IT und UE profitieren. Als Beleg für die goldene Zukunft des Konvergenzmarktes führen die Broadline-Distributoren an, dass sich bereits jetzt bei einigen Produkten ein starkes Wachstum abzeichne: »TFTs mit TV-Tuner laufen schon jetzt ausgezeichnet«, freut sich beispielsweise Peter Silberhorn, Leiter des Geschäftsbereichs Consumer Channels bei Ingram Micro. Und Max Bertl, der das Konvergenzgeschäft bei Broadliner Tech Data aufbauen soll, ergänzt: »Auch DVD-Recorder sind schon ein Renner.« Freilich räumt der für den Tech-Data-Bereich Home Media Entertainment verantwortliche Manager ein, dass vieles im Segment Konvergenzprodukte noch eher unausgegoren sei: »Eine Standardisierung der Komponenten steht beispielsweise noch aus.« Für Distributoren wie Tech Data, die nicht nur auf den Vertrieb von MP3-Playern an Flächenmärkte, sondern auf komplexe Lösungen für die Heimvernetzung setzen, ist dies allerdings mehr als nur ein Stein im Schuh. Immerhin bei den A-Brands, wie beispielsweise Sony, Acer, FSC, HP oder LG, sei die Kompatibilität gewährleistet.

UE-Handel unter Margendruck

Ganz so einfach gestaltet sich der Sprung in die neue Produkt-Welt also nicht. Gerade der UE-Handel zeigt sich gegenüber den digitalen Produkten aus der IT-Umgebung skeptisch. »Wir brauchen hochmargige Handelsmarken«, sagt ein Geschäftsführungsmitglied aus einem UE-Großflächenmarkt. Anders könne er den gewohnten Servicestandard nicht mehr gewährleisten. Und wenn er von hohen Margen spricht, denkt er an Spannen jenseits der 20-Prozent-Grenze. »Was soll ich mit 15 oder 18 Prozent bei einem LCD-TV? Da komme ich nicht über die Runden«, fügt er noch hinzu. Auch Willi Klöcker, Vorsitzender des Bundesverbands Technik im Einzelhandel (BVT) kann nur lapidar feststellen: »Die Anwendungen rund um TV, Video und Audio dominieren die neuen Technologien, die sich in immer kürzeren Abständen erneuern. Damit wachsen die Anforderungen an uns als Fachhändler, in Schulung, Ladenbau, Ware und Kompetenz zu investieren«. Allerdings bezweifelt auch Klöcker, dass das erforderliche Investment mit den erzielbaren Erträgen zu decken sei. »Überspitzt formuliert steht mancher Kollege vor der Wahl, ob er an Pest oder Cholera sterben will: entweder, weil keine Röhrenfernseher mehr nachgefragt werden oder weil er mit Flat-TV nichts verdienen kann.« Vor dem gleichen Dilemma sieht Klöcker die Industrie, »die das allerdings noch nicht erkannt hat«. Schließlich müsse es das Ziel eines Unternehmens sein, Geld zu verdienen oder zumindest Kostendeckung zu erreichen.

Neue Sau durchs Dorf getrieben

Doch nicht nur im UE-Umfeld finden sich Skeptiker, die an den Boom mit den IT/UE-Konvergenzprodukten nicht so recht glauben wollen. »Jetzt wird eine neue Sau durchs Dorf getrieben und wir alle rennen hinterher, ohne nach rechts oder links zu blicken «, orakelt ein IT-Distributor sarkastisch. Auch er hoffte für sich und seine Handelspartner auf bessere Gewinnspannen. »Aber die Hoffnung ist uns schnell wieder vergangen.« Der Grund: Kaum auf dem Markt, rutschen bei diesen neuen Geräten »nahezu täglich die Preise nach unten«. Volker Schwellenberg, Bereichsleiter Produktmanagement bei Actebis Peacock und damit unter anderem fürs Consumer Electronic Business des Broadliners verantwortlich, sieht ebenfalls die Gefahr, dass die Preise für die neuen Geräte fallen werden. »Dem gegenzusteuern wird schwer, doch vor allem mit komplexen Lösungen hat der Fachhandel vernünftige Voraussetzungen, um sich gegenüber den Flächenmärkten differenzieren zu können«, glaubt Schwellenberg. Ähnliche Erwartungen hegt auch Ina Scherbaum, Key Account Manager Entertainment Electronics bei COS: »Jeder Fachhändler, der seine Kompetenzen und sein Produktportfolio überprüft und auf die neuen Kundenbedürfnisse abstimmt, hat gute Chancen, an diesem Wachstumsmarkt zu partizipieren.«

Chancen vor allem für den Retail

Doch Andreas Herrmann, Mitglied der Geschäftsführung bei Distributor und Hersteller Krystaltech Lynx bleibt eher skeptisch: »Wir müssen einfach feststellen, dass zwischen Wunsch und Wirklichkeit noch große Gräben bestehen.« Für Herrmann reduziert sich das Konvergenzthema auf sehr wenige Produkte. »Mit unseren MP3-Playern sind wir sehr zufrieden«, fügt er hinzu. Allerdings würden diese überwiegend über die Großflächenmärkte abgesetzt. Der Fachhandel habe laut Herrmann kein Interesse an diesen Produkten. »Wo gehen denn die Endkunden hin, wenn sie einen MP3-Player kaufen möchten?«, fragt der KLE-Manager und schiebt auch gleich die Antwort hinterher: »Zu den Retailern, denn die Endkunden erwarten gar nicht, dass beim Fachhandel die Geräte zur Verfügung stehen.« Auch bei den immer wieder als Umsatzchance angepriesenen LCD-Fernsehern befürchtet Herrmann mangelndes Interesse des Fachhandels: »Die IT-Händler müssen sich zunehmenden Preiskämpfen aussetzen, und dem UE-Handel sind die Gewinnspannen ohnehin zu niedrig.« Da die meisten Produkte in diesem Trendbereich Consumer- und Retaillastig sind, erwartet auch Silberhorn vor allem einen Wachstumsschub bei Flächenmärkten und UE-Kooperationen. »Wir rechnen mit einer Ausweitung unserer Kundenbasis.« Vor allem UE-Reseller der Kooperationen RIC/Euronics oder Electronic Partner, aber auch Einkäufer bei Flächenmärkten, die sich ausschließlich um UE-Produkte kümmern, will er hinzugewinnen.

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Kommentar

Zweifellos sind die IT/UE-Konvergenzprodukte ein interessantes Geschäftsfeld. Doch noch beschränkt sich dies in der IT-Distribution auf die beiden Produktbereiche Ton und Bild. Damit wird aber ein wichtiges Segment übersehen: Neben der Hardware für Consumer Electronic wird die Heimvernetzung immer wichtiger. Erst damit wachsen IT-, UE- und Elektrofachhandel wirklich zusammen. Die Händler werden gefragt sein, wenn Multimedianetze, netzwerkfähige CE-Geräte und moderne Gebäudetechnik zur Disposition stehen. Diese komplexen Lösungen erfordern Reseller, die zur Zusammenarbeit bereit sind.

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INFO

www.actebispeacock.de
www.bvt-ev.de
www.cos.de
www.ingrammicro.de
www.kle.net
www.techdata.de


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